Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Reihe B: Brücken- und Ingenieurbau
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B 160
Die intelligenten Kalottenlager sind durch Messdatenanalyse, Entwicklung geeigneter Algorithmen und Implementierung einer automatisierten Auswertung ein effektiver Baustein einer „Intelligenten Brücke“. Sie liefern kontinuierlich relevante Informationen sowohl zu Eigenüberwachung, Bauwerksüberwachung als auch Einwirkungserfassung. Somit können die Ergebnisse eingebunden werden in Prognose- und Strukturmodelle und schaffen damit eine Grundlage für ein zuverlässigkeitsorientiertes und präventives Erhaltungsmanagement. Zur Selbstüberwachung der Lagerfunktionalität und des Lagerzustands werden Tagesextremwerte der Verschiebung in der ebenen Gleitfläche, der Verdrehung und des Drucks sowie akkumulierte Gleitwege und der Gleitspalt kontinuierlich ausgegeben. Zur Überwachung der Brückeneigenschaften dienen die ersten beiden Eigenfrequenzen sowie die Lagerkraft infolge ständiger Einwirkungen. Die Verkehrseinwirkung wird überwacht anhand der verkehrsinduzierten Lagerkräfte, die in einem täglichen Peak-Histogramm dem Betreiber der Intelligenten Brücke zur Verfügung gestellt werden. Die Auswahl der Sensoren, das Messwerterfassungssystem kombiniert mit den Auswertealgorithmen sind robust und liefern qualitativ hochwertige Messdaten. Z. B. werden verkehrsinduzierten Lagerkräfte mit einer Genauigkeit von ± 7 % des Fahrzeuggesamtgewichts erfasst. Im Jahresrhythmus werden die bemessungsrelevanten Quantilwerte der Lagerreaktionen ermittelt, die Aussagen zur Genauigkeit der normgemäßen Bemessung geben.
161
Lagerwege von Brücken
(2021)
Der ständige Wechsel der klimatischen Einflüsse verursacht in Brücken instationäre Temperaturverteilungen. Dadurch entstehen Dehnungen im Bauwerk, die Verformungen und ggfs. Zwangsbeanspruchungen hervorrufen. Durch die Anwendung von Berechnungsmethoden und Eingangsparameter nach aktuellen Normen sollen die berechneten Lagerwege ausreichende Reserven gegenüber den tatsächlichen aufweisen. Um diese Reserven zu quantifizieren, werden Messungen an verschiedenen Brücken mit unterschiedlichen Bauweisen und Längen durchgeführt.
Die an vier Brücken über 19 Monate gemessenen Temperaturen und Lagerwege sind deutlich geringer als die Kapazität der Lager sowie der nach aktuellen Normen berechneten temperaturinduzierten Verschiebungen.
Umwelt- und Standorteinflüsse, wie einseitige Sonneneinstrahlung oder querende Gewässer unterhalb des Bauwerks, beeinflussen die oberflächliche Bauwerkstemperatur und somit die Lagerverdrehung, haben jedoch keinen nennenswerten Einfluss auf die Lagerverschiebung.
Die ermittelten Wärmeausdehnungskoeffizienten weichen zwischen -6 % und +17 % von den normativen Werten ab.
Eine Berechnung der Lagerwege mit dem Berechnungsmodell nach DIN EN 1991-1-5 und gemessenen Bauwerkstemperaturen bestätigt eine gute Übereinstimmung.
Mithilfe der Lufttemperaturen naheliegender Wetterstationen des Deutschen Wetterdiensts wurden standortbezogene Bemessungswerte der Luftschattentemperatur ermittelt. Diese Maximaltemperaturen sind um ca. 2 °C größer, während die Minimaltemperaturen um ca. -4,5 °C kleiner sind. Eine Berechnung nach DIN EN 1991-1-5 mit diesen Bemessungstemperaturen führt zu ca. 8 % größeren Lagerwegen.
Es wird empfohlen, die Bemessungswerte der Außenlufttemperatur für Deutschland kleinskaliger und mit den Klimadaten der letzten drei Jahrzehnte auszuwerten, um Abweichungen zu den gültigen Werten zu identifizieren. Auch sollten die Wärmeausdehnungskoeffizienten von weiteren Brücken anhand von Messdaten ermittelt werden, um die normativen Werte zu prüfen.
188
Für das Pilotprojekt „Intelligente Brücke im Digitalen Testfeld Autobahn“ wurde das Bauwerk BW 402e im Bereich des AK Nürnberg mit vier einzelnen, voneinander unabhängigen MonitoringSystemen, einem Server und einer InternetVerbindung ausgestattet. Die MonitoringSysteme bestehen aus zwei intelligenten Kalottenlagern, einer intelligenten SchwenktraversenDehnfuge, dem System RTMS zur Erfassung relevanter Brückenkennwerte und Verkehrsbelastungen und einem drahtlosem Sensornetz zur Erfassung von Bauwerkseigenschaften und Wetter. Während der fünfjährigen Projektlaufzeit wurde der Betrieb und die Funktionsfähigkeit der Anlage sichergestellt, sodass die Systeme Datenerfassungsquoten zwischen 70 % und 97 % erreichten. Alle Systeme verarbeiten die Sensordaten automatisiert auf der lokal installierten Hardware zu relevanten Kenngrößen, die den Zustand des Bauwerks, einzelner Bauteile sowie Verkehrseinwirkungen und klimatische Einwirkungen erfassen. Diese aggregierten Daten sowie die Messdaten werden auf dem Server gespeichert bzw. in einer Datenbank abgelegt. Basierend auf dieser Datenbank werden die Ergebnisse kontinuierlich und mit einem möglichst geringen Zeitversatz tabellarisch und grafisch auf einer Webpage den Betreibern zur Verfügung gestellt. Zu den Ergebnissen, die auf der Webpage dargestellt werden, gehören Status der Messsysteme und Einzahlwerte zum Bauwerksstatus und Verkehr, Wetterdaten, Verkehrsdaten und Oberflächentemperaturen, Bauwerkssteifigkeit und externe Vorspannung, statistisch ausgewertete Messdaten und Auslastungsgrade, Daten der intelligenten Fahrbahnübergangskonstruktion und der intelligenten Lager, Messdaten aus dem drahtlosen Sensornetz, Störungen bzw. Ausfall der Internetanbindung und Informationen zum Bauwerk.
73
Das Gesamtziel des Forschungsprojektes zum "Brand- und Abplatzverhalten von Faserbeton in Straßentunneln" war die Verifizierung und Validierung des Einflusses von Kunststofffasern auf das Brand- und Abplatzverhalten von Tunnelbetonen unter der besonderen Berücksichtigung der spezifischen Randbedingungen in Straßentunneln. Dabei sollte im Rahmen der Forschungsarbeit eruiert werden, inwieweit sich mit Kunststofffasern modifizierte Tunnelbetone, die entsprechend ihrer Betonzusammensetzung den gültigen Vorgaben der ZTV-ING zusammengesetzt werden sollten, für den Straßentunnelbau als bauliche Brandschutzmaßnahme eignen. Es wurde untersucht, welche Fasergehalte und Fasergeometrien in den Tunnelbetonen einzusetzen sind, damit ein explosionsartiges Abplatzen des Betons infolge der Brandbeanspruchungen mit dem schnellen Temperaturanstieg und den hohen Maximaltemperaturen verhindert werden kann. Des Weiteren wurden experimentell verifiziert, ob bei den festgelegten Betonen ohne Faserzugabe und fasermodifizierten Tunnelbetonen, die zulässige Maximaltemperatur von 300-°C in Höhe der tragenden Bewehrung (vergleiche ZTV-ING, Teil 5 (Tunnelbau), Abschnitt 1, 10.3.2) nicht überschritten wird. Ein weiteres Ziel der Arbeit war es, herauszufinden, ob die in der ZTV-ING, Teil 5, Abschnitt 2, 10.3.2 (2), geforderte verzinkte Mattenbewehrung (N94) für die offene Bauweise als wirksamer Schutz gegen auftretende Abplatzungen infolge einer einseitigen Temperaturbeanspruchung durch die ZTV-ING-Kurve angesetzt werden kann. Diese zuvor beschriebenen grundlegenden Zielstellungen wurden vor allem an großmaßstäblichen Bauteilversuchen experimentell untersucht. Dabei wurden entsprechend der Trennung in ZTV-ING für Tunnelbauwerke in die geschlossene Bauweise (ZTV-ING, Teil 5, Tunnelbau, Abschnitt 1 und in die offene Bauweise (ZTV-ING, Teil 5, Tunnelbau, Abschnitt 2) angepasste Tunnelbetonrezepturen und verschiedene Probekörpergeometrien untersucht. Mit der Durchführung des Forschungsprojektes sollte insgesamt der Nachweis des positiv wirksamen Einflusses von PP-Fasern auf das Brand- und Abplatzverhalten von ZTV-ING-konformen Tunnelbetonen für die Anwendung in Straßentunneln erbracht und zudem im Großversuch gezeigt werden, dass es möglich ist, fasermodifizierte Tunnelbetone mit Praxis üblichen Einbaukonsistenzen zielsicher herzustellen.
B 165
Reaktions- und Wiederherstellungsprozess für die Straßeninfrastruktur nach disruptiven Ereignissen
(2021)
Um die Funktionsfähigkeit sowie den Betrieb einer Straßeninfrastruktur nach disruptiven Ereignissen aufrechtzuerhalten bzw. möglichst schnell wiederherzustellen, bedarf es geeigneter Methoden und Konzepte, welche eine ganzheitliche, konzeptionelle und systematische Beurteilung der Systemresilienz ermöglichen.
Auf Grundlage des aktuellen nationalen und internationalen Stands der Forschung wurde ein anwendungsorientierter Ansatz für ein Resilienzmanagementkonzept entwickelt, welches mit den Bedürfnissen der potenziellen Nutzer sowie den in Deutschland vorhandenen Ansätzen und Managementsystemen im Straßeninfrastrukturmanagement abgestimmt wurde. Durch die methodischen Elemente des Resilienzscreenings, der Maßnahmen¬beurteilung sowie der Resilienzoptimierung werden geeignete Maßnahmen für eine möglichst effiziente Erhöhung der Systemresilienz identifiziert und priorisiert. Der verwendete pragmatische Ansatz zur Abschätzung des Einflusses einer Maßnahme zur Erhöhung der Resilienz wird für den Anwender nachvollziehbar auf Objektebene durchgeführt und anschließend für Aussagen der Maßnahmenwirkung auf die Resilienz des Gesamtsystems aggregiert.
Unter Berücksichtigung der jährlichen Maßnahmenkosten liefert die entwickelte Methodik für den Entscheidungsträger letztendlich pro Maßnahme vier verschiedene Kennwerte: Die Resilienzwirkung, das Kosten-Wirksamkeits-Verhältnis, den potenziellen Umsetzungszeitraum und die Umsetzungswahrscheinlichkeit (Machbarkeit). Auf dieser Grundlage obliegt es dem Entscheidungsträger, eine Rangliste der umzusetzenden Maßnahmen zu erstellen, die je nach strategischen oder politischen Zielvorgaben für seine Situation und sein System am geeignetsten sind.
Die Anwendung der Methodik des Resilienzmanagements erlaubt es erstmals, sehr unterschiedliche Arten von Maßnahmen miteinander zu vergleichen und ihre Wirkungen und Kosten hinsichtlich Resilienz einander vergleichend gegenüberzustellen.
121
Verkehrsbauwerke im Zuge von Bundesfernstraßen werden gemäß Stand der Technik nach DIN 1076 untersucht. Sofern bei der handnahen Prüfung Schäden festgestellt werden, deren Ursache und Umfang unklar sind, erfolgt die Durchführung einer objektbezogenen Schadensanalyse (OSA) nach dem Leitfaden der BASt. Zerstörungsfreie Prüfverfahren im Bauwesen (ZfPBau-Verfahren) werden bislang nur in geringem Umfang eingesetzt. Detaillierte Untersuchungen mit Bauwerkscannern werden im Rahmen der OSA bislang gar nicht eingesetzt. Die Aufgabenstellung dieses Forschungsvorhabens ist die Integration von ZfPBau-Verfahren in Form von Handmessungen und automatisierter Datenaufnahme mit Baustellenscannern in den Untersuchungsprozess nach DIN 1076 bzw. der nachfolgenden OSA. Das Gesamtziel bestand darin, die Leistungsfähigkeit von Bauwerkscannern für Prüfaufgaben im Rahmen der OSA zu verbessern und ihre Einsetzbarkeit praxisorientiert zu gestalten. Dies wurde an geeigneten Fragestellungen und Bauwerken gezeigt. Die Vorgehensweise, um den bestmöglichen Nutzen aus dem Einsatz des OSSCAR-Scanners zu erreichen, konzentriert sich auf die automatisierte Datenaufnahme und kombinierte Datenauswertung durch Vergleich von Radar, Ultraschall und Wirbelstrom. Um die automatisierte Datenaufnahme zu verbessern, wurden Geräteparameter wie Messpunktabstand, Messzeit an einem Punkt und Verfahrensgeschwindigkeit der Achsen den Bauteilbedingungen bestmöglich angepasst. Darüber hinaus wurde eine Strategie erarbeitet, die es erlaubt, Rüstzeit und Messzeit des Scanners zu verkürzen. Durch den Vergleich der Ergebnisse der Verfahren Radar, Ultraschall und Wirbelstrom, die auf der Basis von kongruenten Messflächen gewonnen wurden, ist der Mehrwert an Information hinsichtlich der inneren Konstruktion festgestellt worden.
174
Die im Straßenbau verwendeten Ausgangsstoffe unterliegen hohen Standards, welche in den europäischen Normen bzw. den nationalen Umsetzungen z.B. in der TL Bitumen-StB oder der TL Gestein-StB festgehalten sind. Die Anforderungen der HANV-Schicht an das verwendete Gestein, die das Traggerüst beeinflussen, sind mit den halbstarren Deckschichten bereits hinreichend im M HD optimiert worden. Ebenso wurden die Bindemittel größtenteils aus der Bauweise übernommen. Für Reaktionsharze gibt es kein Regelwerk auf diesem Rechtsniveau, welches die Eigenschaften genau spezifiziert. Dabei steht bei der HANV-Bauweise ausgehend von der volumetrischen Betrachtung dem konventionell verwendeten bitumenhaltigen Bindemittel bzw. Bitumen nur eine sekundäre Aufgabe im viskoelastischen Verhalten zu. Primär wird die Schicht von den Eigenschaften des Verfüllbaustoffes geprägt, eine Vermutung, die bisher nur auf Erfahrungen und nicht auf quantitativen Nachweisen beruht.
Durch Untersuchungen an unterschiedlichen Reaktionsharzen und resultierenden HANV-Systemen konnte der Einfluss der Verfüllbaustoffe im ausgehärteten als auch im aushärtenden Zustand auf die Performanceeigenschaften der Abdichtungsschicht bzw. das Zusammenspiel mit dem Asphalttraggerüst quantifiziert werden.
Dementsprechend können je nach zu erwartender Beanspruchungsart (hohe Verformungen oder mittragender Wirkung) die Verfüllbaustoffe optimiert werden. Dies erlaubt eine nachhaltige Qualität der Abdichtungsschicht auf Stahlbeton und Stahlbrücken.
153
Bei Fahrbahnoberflächen von Brücken kommt es schneller zur Bildung von Glätte als auf Straßenabschnitten mit direktem Kontakt zum Erdboden. Insbesondere bei Brücken an ungünstigen Standorten wie in der Nähe von Gewässern oder in Einschnitten besteht vor allem im Spätherbst und im zeitigen Frühjahr eine besondere Gefahr für die Verkehrsteilnehmer.
Dem erhöhten Sicherheitsrisiko wird in der Regel mit einem intensivierten Winterdienst begegnet, was allerdings einen überdurchschnittlich hohen Zeitaufwand und Personaleinsatz bedeutet. Taumittelsprühanlagen können zu einer Entlastung führen, sind jedoch aufgrund ökologischer und ökonomischer Bedenken umstritten. Eine Alternative stellt die Temperierung der Fahrbahn dar, die im BAStBericht B 87 „Vermeidung von Glättebildung auf Brücken durch die Nutzung von Geothermie“ ausführlich erläutert ist.
Beim Ersatzneubau der Brücke über den Elbe-Lübeck-Kanal in der Ortslage Berkenthin kam erstmals in Deutschland eine mittels Geothermie temperierte Fahrbahnplatte zum Einsatz. Im Rahmen der fachtechnischen Begleitung dieser Pilotanwendung erfolgten umfangreiche Temperaturmessungen an der alten Brücke, und es wurden Einbau sowie Inbetriebnahme der Temperierungseinrichtung bei der neuen Brücke dokumentiert.
Zwei Aspekte stellen dabei eine grundlegende Innovation bei der Temperierung von Fahrbahnbelägen dar. Zum einen wurden die Rohrregister erfolgreich „schwimmend“ inmitten des Asphaltkörpers platziert, und zum anderen wird die Anlage über ein Mess, Steuer- und Regelungssystem betrieben, sodass eine Temperierung nur im Bedarfsfall erfolgt.
Die ursprünglich vorgesehene vergleichende Betrachtung des Temperaturverhaltens konnte in Ermangelung geeigneter Messdaten der neuen Brücke nicht erfolgen. Somit war eine quantitative Bewertung der temperierten Fahrbahn nicht möglich. Ungeachtet dessen werden aus den gewonnenen Erkenntnissen bautechnische Empfehlungen abgeleitet, die sich für ähnliche Maßnahmen als hilfreich erweisen dürften.
Der Originalbericht enthält als Anhang einige ausgewählte Temperaturverläufe und eine gutachterliche Stellungnahme zum thermischen Verhalten von beheizten Fahrbahnplatten und deren Temperierungssystem auf Brücken.
122
Bei Fahrbahnoberflächen von Brücken und insbesondere von Stahlbrücken besteht gegenüber dem Straßenverlauf vor und hinter der Brücke die Gefahr einer vorzeitigen Glättebildung, da die relativ dünnen Fahrbahntafeln schnell auskühlen, während der dickere Belagsaufbau und der Untergrund auf der freien Strecke wie ein Wärmespeicher wirken. Insbesondere bei Brücken an ungünstigen Standorten, wie in der Nähe von Gewässern oder in Einschnitten, besteht vor allem im Spätherbst und am Beginn des Frühjahrs eine besondere Gefahr für die Verkehrsteilnehmer. Dieser besonderen Gefährdung des Verkehrs wird derzeit entweder durch Frühwarnsysteme mit vorsorglichem Streudienst oder durch Taumittelsprühanlagen begegnet. Eine weitere Möglichkeit die besondere Gefährdung aus dem Vereisungsverhalten der Brückenfahrbahn zu beseitigen, ist die, den Fahrbahnbelag der gefährdeten Brücken in den kritischen Zeiträumen zu beheizen. Dadurch wird die Salzbelastung für die Umwelt und auch für das Bauwerk reduziert. Im BASt"Bericht B87 "Vermeidung von Glättebildung auf Brücken durch die Nutzung von Geothermie" [2] wird diese umweltfreundliche Alternative ausführlich erläutert. Im Rahmen des hier beschriebenen Projekts wurden ergänzende Untersuchungen durchgeführt, um weiterführende Erkenntnisse über das Verbundverhalten und die Dauerhaftigkeit von Gussasphalt mit integrierten Rohrregistern zu gewinnen und daraus Empfehlungen für die Praxis abzuleiten. Zum einen handelt es sich um Abreissversuche an zwei D-Brückenmodulen mit Fahrbahntemperierung, zum anderen um Langzeitmessungen auf einer Straßenbrücke, bei der im Rahmen einer Erneuerung des Fahrbahnbelags probeweise Rohrregister eingebaut wurden. Es wurden verschiedene Systeme untersucht, die eine sichere Befestigung der Rohrregister auf der Unterlage gewährleisten und gleichzeitig den Einbau der Deckschicht möglichst wenig behindern. Desweiteren wurde die Ausrichtung der Rohre untersucht und die Dauerhaftigkeit überprüft. Großflächige Befestigungsgitter haben sich zur Fixierung von Rohrregistern für die in Deutschland üblichen Fahrbahnbeläge als ungeeignet erwiesen, da sie einen ausreichenden Schichtenverbund behindern. Für die Befestigung der Rohrregister sind daher wenig störende Befestigungsmittel wie z.B. halbseitige Rohrschellen zu empfehlen. Für quer zur Fahrtrichtung ausgeführte Rohrregistern konnte die grundsätzliche Praxistauglichkeit hinsichtlich des Einbaus und der Dauerhaftigkeit unter Verkehrsbelastung nachgewiesen werden. Als entsprechender Nachweis für längs zur Fahrtrichtung ausgeführte Rohrregister dient die erfolgreiche Pilotanwendung bei der Kanalbrücke Berkenthin. Im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit konnten im Untersuchungszeitraum von 5 Jahren keine Einschränkungen festgestellt werden. Es wurden weder Risse noch Verformungen im Fahrbahnbelag indiziert. Für eine weitere Beurteilung des Langzeitverhaltens sollten auch zukünftig regelmäßige Begehungen und Messungen erfolgen.
41
Temperaturen an der Unterseite orthotroper Fahrbahntafeln beim Einbau der Gussasphalt-Schutzschicht
(2003)
Zum Schutz gegen Korrosion und auch zur optischen Gestaltung erhalten Brückenteile aus Stahl Korrosionsschutzbeschichtungen. Bei dem im Regelfall erfolgenden Einbau einer Schutzschicht aus Gussasphalt auf den Deckblechoberseiten werden die Korrosionsschutzbeschichtungen der Deckblechunterseiten thermisch belastet. Eine Temperatur-Zeit-Kurve dieser thermischen Belastung wurde vor 25 Jahren an Brücken gemessen und ist in den Technischen Prüfvorschriften für die Prüfung der Dichtungsschichten und der Abdichtungs-Systeme für Brückenbeläge auf Stahl (TP-BEL-ST) dargestellt. Korrosionsschutzbeschichtungssysteme, die gemäß Anhang A zur ZTV-KOR-Stahlbauten für Deckblechunterseiten vorgesehen sind, müssen im Rahmen dieses Temperatur-Zeit-Regimes wärmebeständig sein. Der Nachweis der Wärmebeständigkeit muss durch eine Prüfung unter Zugrundelegung des aktuellen Temperatur-Zeit-Regimes erfolgen. Seit der erstmaligen Messung der Temperatur-Zeit-Kurve sind die Dichtungssysteme für Stahlbrücken weiterentwickelt worden und haben jetzt vermutlich auch wegen der größeren Dicken einen anderen Wärmedurchgang. Vor weiteren Bestimmungen der Wärmebeständigkeit der Korrosionsschutzbeschichtungssysteme muss daher das Temperatur-Zeit-Regime für die drei Dichtungsschichtregelsysteme gemäß TP-BEL-ST an geeigneten Brücken gemessen und eine neue Temperatur-Zeit-Kurve formuliert werden. Die Kurve wird weiterhin zur Abschätzung der zu erwartenden Wärmebelastung der Korrosionsschutzbeschichtungen für die Planung benötigt. Die Messung der Temperaturen erfolgte an der Unterseite der orthotropen Fahrbahntafeln von neun Bauwerken. Fünf der untersuchten Bauwerke hatten eine Reaktionsharz-Dichtungsschicht, drei Bauwerke eine Bitumen-Dichtungsschicht und ein Bauwerk eine Reaktionharz/Bitumen-Dichtungsschicht aus Bitumen-Schweissbahn. Für die Temperaturmessungen wurden selbstklebende NiCr-Folienthermoelemente verwendet, die auf die vorhandene Korrosionsschutzbeschichtung an der Unterseite der Fahrbahntafeln aufgeklebt wurden. Die gemessenen Maximaltemperaturen lagen zwischen 90,6-° Celsius und 110,0-° Celsius, bei Ausgangstemperaturen des jeweiligen Deckbleches von 3,5-° Celsius bis 26,9-° Celsius. Diese Maximaltemperaturen wurden 20 bis 30 Minuten nach der Beaufschlagung des jeweiligen Flächenelementes mit heißem Gussasphalt erreicht. Es wurde festgestellt, dass die erreichten Maximaltemperaturen und die Wärmeeinwirkungsdauer nicht nur von der Einbautemperatur des Gussasphaltes und der Umgebungstemperatur abhängen, sondern auch bauwerksspezifisch sind. Auf der Grundlage der hier erhaltenen sowie früherer Messergebnisse und deren Auswertungen wurde der Versuch unternommen, eine Berechnung der zu erwartenden Maximaltemperatur an der Unterseite der orthotropen Fahrbahntafel beim Schutzschicht-Einbau vorzunehmen. Es wurde eine Gleichung für die näherungsweise Berechnung der zu erwartenden Maximaltemperatur aufgestellt. Im Ergebnis der Temperaturmessungen an den Brücken wird für künftige Prüfungen der Wärmebeständigkeit von Korrosionsschutzsystemen eine modifizierte Temperatur-Zeit-Kurve empfohlen. Es wird vorgeschlagen, die Dauer der Wärmebeanspruchung auf 6 Stunden zu verlängern und die Temperatur-Zeit-Kurve anzupassen. Abschließend werden Vorschläge zum Verringern der Wärmebelastung von wärmeempfindlichen Korrosionsschutzbeschichtungen während des Einbaus von Gussasphalt-Schutzschichten genannt.