Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Reihe B: Brücken- und Ingenieurbau
61
Fußplatten sind Konstruktionsteile aus Stahl, die der Verankerung von Stahlschutzplanken auf Brücken dienen. Zum Schutz vor Korrosion werden sie feuerverzinkt. Seit Anfang 2000 gehen bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) vereinzelt Meldungen über vorzeitige Kantenkorrosion solcher Fußplatten ein. Im Rahmen dieses Projektes wurden Dokumentationen über die Bauwerke erstellt, an denen Kantenkorrosion an Fußplatten der BASt gemeldet wurden. Einige Fußplatten wurden Untersuchungen im Labor unterzogen. Korrosion von Fußplatten breitet sich in der Regel von den Kanten aus, wobei meistens die verkehrzugewandten Kanten betroffen sind. Die Ursachen hierfür sind komplex. Zweifelsohne spielen korrosive Belastung durch Chloride aus den tauenden Streustoffen und Ansammlungen von Straßensedimenten eine wesentliche Rolle. Trotz dieser starken Korrosionsbelastung bleiben Fußplatten an den Bundesautobahnen in der Regel jahrzehntelang rostfrei. In seltenen Fällen tritt eine vorzeitige Korrosion an Fußplatten auf. Als Auslöser dafür werden Unregelmäßigkeiten im Aufbau des Zinküberzuges vermutet. Die Ursache dafür konnte nicht ermittelt werden. Beim Auftreten von Kantenkorrosion an Fußplatten wird empfohlen, die betroffenen Flächen mechanisch von Rost zu befreien und mit einem zinkstaubhaltigen Reparaturbeschichtungsstoff nach DIN EN ISO 1461 zu beschichten. In gravierenden Fällen ist der Austausch der Fußplatten in Betracht zu ziehen.
64
Tiefenabhängige Feuchte- und Temperaturmessungen an einer Brückenkappe der Expositionsklasse XF4
(2008)
Das Forschungsvorhaben hatte zum Ziel, Erkenntnisse zur zeitlichen Entwicklung des Wassergehalts sowie der Temperaturbeanspruchung im Kappenbeton von Brücken zu erhalten. Bei den Untersuchungen wurde der Wassergehalt im Luftporenbeton der Kappe indirekt über die Messung des tiefenabhängigen Elektrolytwiderstands des Betons bestimmt. Dabei wurde gleichzeitig die tiefenabhängige Temperatur aufgezeichnet. Für die Versuche wurde die Brückenkappe einer bestehenden Brücke über eine Autobahn im Sauerland nachträglich mit Multiring-Elektroden und Temperatursensoren ausgerüstet. Die Messungen erfolgten als Dauermessungen über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren in Tiefen zwischen 7 mm und 87 mm unter der Oberkante der Kappe und begannen etwa fünf Jahre nach Fertigstellung des Bauwerks. Im Beobachtungszeitraum lag die Wassersättigung zwischen der im Labor ermittelten Wassersättigung unter atmosphärischem Druck und der hygroskopischen Sättigung, die sich nach Lagerung bei 95 Prozent relativer Luftfeuchte einstellt. Zusammenhänge zwischen dem Sättigungsgrad im Kappenbeton und den Witterungsbedingungen konnten im untersuchten Tiefenbereich (7 mm bis 87 mm) nicht festgestellt werden. Allerdings war in der obersten Messtiefe von 7 mm ein leichter Anstieg des Elektrolytwiderstands feststellbar. Im Beobachtungszeitraum wurden in der Kappe Minimaltemperaturen von bis zu -10 Grad Celsius bei Auftreten von Frost-Tau-Wechseln gemessen, während an Eistagen mit Temperaturen dauerhaft unter 0 Grad Celsius vereinzelt Temperaturen bis zu -15 Grad Celsius festgestellt wurden. Bei den bei Brückenkappen gegebenen Randbedingungen, insbesondere der Verwendung von Luftporenbeton, und den Messergebnissen kann von eher unkritischen Bedingungen für eine Frostschädigung ausgegangen werden. Bei dieser Aussage ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Messdaten erst ab einem Abstand von circa 7 mm unter der Kappenoberfläche erfasst werden konnten.
70
Der Frost- und Tausalzwiderstand ist für die Dauerhaftigkeit von Betonbauwerken an Bundesfernstraßen von hoher Bedeutung. Die neuen Normen, zusammengefasst im DIN-Fachbericht 100, unterscheiden zwei Beanspruchungskollektive: Frost- und Tausalzeinwirkung bei hoher Wassersättigung, bezeichnet als Expositionsklasse XF4, und Frost- und Tausalzeinwirkung bei mäßiger Wassersättigung, bezeichnet als Expositionsklasse XF2. Unbekannt war bisher, welche Wassersättigung mäßige von hoher unterscheidet und welche Auswirkungen eine Frost-Tausalz-Beanspruchung im Beton des Bauwerks hat. Auch fehlte ein Prüfverfahren für die Expositionsklasse XF2. Das Prüfverfahren sollte dem Performance Concept gerecht werden, also die Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Betons ohne genaue Kenntnis seiner Zusammensetzung ermöglichen. Die in ZTV-ING 3-1 getroffene Zuordnung der Bauteile zu den Expositionsklassen XF2 beziehungsweise XF4 ist durch die Messungen im Bauwerksbeton bestätigt worden. Im Beton der Bauteile mit nicht vorwiegend horizontaler Oberfläche (XF2), wie zum Beispiel Widerlager, Pfeiler und Tunnelwänden, werden im Vergleich zur Wassersättigung unter Atmosphärendruck eindeutig niedrigere Sättigungsgrade beobachtet als im Luftporenbeton der Brückenkappe (XF4), obwohl kein wirksames Luftporensystem eingeführt wurden. Nur in seltenen Fällen und nur in der äußersten Randzone des Bauwerkbetons mit nicht vorwiegend horizontaler Oberfläche (XF2) wird eine Sättigung beobachtet, die der Sättigung unter Atmosphärendruck entspricht oder diese überschreitet. Die Eignung von Beton ohne Luftporen in der Expositionsklasse XF2 für Verkehrsbauwerke wird bestätigt. Betone ohne Luftporen sind unter Beachtung von ZTV-ING 3-1 in XF2 die wirtschaftlichere Lösung. In Tunnelbauwerken können noch über 100 m hinter dem Tunnelportal Frost-Tauwechsel im Beton mit derselben Häufigkeit auftreten, wie im Portalbereich selbst. Die Forderung der Expositionsklasse XF2 nach ZTV-ING 3-1 für Beton im Portalbereichen von Tunneln wie auch in dem Bereich dazwischen erscheint angemessen. Das neue entwickelte Prüfverfahren für Beton in der Expositionsklasse XF2, das modifizierte CDF-Verfahren XF2, ist ein Prüfverfahren nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit. Es erfasst den physikalischen Versagensmechanismus unter Frost-Tausalz-Beanspruchung im Beton und es bildet die reale Beanspruchung von Beton im Bauwerk ab. Die Prüfung wird im Labor durchgeführt, weshalb das modifizierte CDF-Verfahren XF2 als Prüfverfahren nach dem Lab-Performance-Concept bezeichnet wird. Ob und in wie weit der mögliche chemische Schädigungsmechanismus einer Frost-Tausalz-Beanspruchung mit diesem Verfahren erfasst werden kann, ist noch nicht geklärt. Sobald die Reproduzierbarkeit der Versuche durch das neue externe Projekt (15.460/2008/DRB) bestätigt wird und die Abnahmekriterien angemessen festgelegt werden können, erscheint es möglich die Prüfung von Beton für XF2 mit dem modifizierten CDF-Verfahren XF2 in den ZTV-ING 3-1 zur Überprüfung von solchen Betonzusammensetzungen einzuführen, die mit noch nicht in der Praxis bewährten Ausgangstoffen hergestellt werden. Der Nachweis der Grundanforderungen von ZTV-ING 3-1und DIN-Fachbericht 100 an die Betonausgangsstoffe wird jedoch weiterhin erforderlich bleiben. Über das ursprüngliche Ziel hinaus konnte gezeigt werden, dass Frost-Tausalzschäden auch im Beton der Expositionsklasse XF2 auftreten können, wenn die Porosität der Betonzusammensetzung, hier abgebildet durch den w/z-Wert, nicht ZTV-ING 3-1 entspricht. In solchen Fällen bildet sich in der obersten Randzone des Betons ein starker Feuchtegradient aus und nur dort tritt eine Schädigung auf. Auch wurde gezeigt, dass Überschreitungen des kritischen Sättigungsgrades im Bauwerksbeton in der Expositionsklasse XF2 wesentlich seltener auftreten als in der Expositionsklasse XF4, wenn ein vergleichbarer Beton ohne Luftporen betrachtet wird. Man muss davon ausgehen, dass bei mäßiger Wassersättigung XF2 die Austrocknungsphasen ausgeprägter sind als bei hoher Wassersättigung XF4 und dass daher die Schädigungsphase, also der Zeitraum in dem gleichzeitig eine hohe Wassersättigung vorliegt und Frost-Tau-Wechsel auftreten, seltener ist. Dieser Zeitfaktor bewirkt, dass ein Beton, der unter XF4-Beanspruchung nach kurzer Dauer erheblich geschädigt würde unter XF2-Beanspruchung eine erheblich verlängerte Lebensdauer hat.
68
Die im Verkehrsbericht 2000 ausgewiesene Entwicklung des Straßengüterverkehrs wurde bereits nach weniger als der Hälfte des Prognosezeitraums erreicht. Neuere Untersuchungen sagen Steigerungen in der Transportleistung auf den Straßen von 84 Prozent bis 2025 und mehr als eine Verdoppelung bis 2050 voraus. Des Weiteren ist eine überproportionale Zunahme von Anträgen des genehmigungspflichtigen Schwerverkehrs zu beobachten. Angesichts dieses ungebremsten Wachstums insbesondere auf den Bundesfernstraßen haben das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und die Bundesanstalt für Straßenwesen veranlasst, mehrere Forschungsprojekte zu Auswirkungen der Schwerverkehrsentwicklung in Auftrag zu geben und wissenschaftlich zu begleiten, um gestützt auf eigene Untersuchungen und die Ergebnisse der Forschungsprojekte erforderliche Maßnahmen zur systematischen und nachhaltigen Ertüchtigung und Erhaltung des Brückenbestandes abzuleiten sowie gesicherte Erkenntnisse zur Fortschreibung der Last- und Bemessungsvorschriften zu erlangen. Über diese Forschungsaktivitäten wird im vorliegenden Band zusammenfassend berichtet.
65
Die Überwachung und Prüfung von Brücken im Zuge von Bundesfernstraßen erfolgt in Deutschland nach der DIN 1076 in festgelegten Zeitintervallen. Im Zuge der "Objektbezogenen Schadensanalyse" (OSA) hat sich der Einsatz kombinierter zerstörungsfreier Prüfverfahren wie Ultraschallecho, Impakt-Echo und Radar an mehreren Spannbetonbrücken als geeignet erwiesen, Umfang und Ursache ungeklärter Schäden zuverlässig zu ermitteln. Diese Verfahrenskombination wurde auch für die Untersuchungen an der Spannbetonbrücke im Zuge der Autobahn A1 bei Hagen verwendet. Dazu wurden von der BAM scannende Messwerterfassungssysteme entwickelt, mit denen die Prüfverfahren automatisiert für großflächige Untersuchungen angewendet werden können. Erstmals wurde ein Saugscanner verwendet, der zerstörungsfrei am Bauwerk befestigt werden kann. Der Bericht zeigt, wie die großflächigen Ergebnisse der Untersuchung bildgebend dargestellt werden können. Dem Ingenieur ist es damit möglich, einen Bezug zu Bestandsplanunterlagen herzustellen. Sofern keine Bestandsplanunterlagen existieren, können diese unter bestimmten Randbedingungen aus den Messergebnissen rekonstruiert werden. Bei der Längsspannung der Brücke handelt es sich um das System Baur-Leonhardt, das aus steifen Blechkästen besteht, in die Litzen eingelegt und zementös verpresst wurden. Über diese Konstruktion lagen noch keine Erfahrungen mit zerstörungsfreien Prüfverfahren vor. Deshalb wurden Modellrechnungen für verschiedene Verpresszustände durchgeführt, um die zu erwartenden Ergebnisse vorab zu ermitteln. Die Messergebnisse machen deutlich, dass mit den verwendeten Verfahren der Verlauf der Spannglieder sehr präzise dargestellt werden kann und dass die Lage der Umlenkstellen, die dickeres Blech in zwei Lagen aufweisen, zuverlässig bestimmt werden kann. An der Brücke wurde erstmals großflächig die Phasenauswertung von Ultraschallsignalen zur Ortung von Verpressfehlern durchgeführt. Die Messungen ergaben keine Hinweise auf Verpressfehler. Die Richtigkeit dieser Aussage wurde durch das Öffnen der Spannglieder im Zuge des Abrisses bestätigt.
75
Vor dem Hintergrund des stetig anwachsenden Güterverkehrs und der bestehenden Altersstruktur der Brückenbauwerke ist die Verstärkung von Stahlbeton- und Spannbetonbrücken von zunehmender Bedeutung für die Straßenbauverwaltungen. In dem vorliegenden Sachstandsbericht werden zunächst Ursachen aufgezeigt, die eine Verstärkungsmaßnahme erforderlich machen können. Die praxisrelevanten Verstärkungsmethoden werden dargestellt und in Bezug auf ihre Anwendbarkeit differenziert. Auf mögliche Einschränkungen bei der Anwendbarkeit der Verfahren wird eingegangen. Im Weiteren wird der Erfahrungsstand ausgewählter Straßenbauverwaltungen der Länder bezüglich durchgeführter Verstärkungsmaßnahmen betrachtet. Es wird untersucht, welche Schadensfälle hauptsächlich eine Verstärkungsmaßnahme erforderlich machen und welche Verstärkungsmethoden vorzugsweise eingesetzt werden. Eine differenzierte Betrachtung zeigt, dass sich einzelne Verstärkungsmethoden für bestimmte Anwendungsfälle bewährt haben. Anhand analysierter Spannbetonbrücken werden Klassifizierungs- und Beurteilungskriterien aufgestellt und auf ihre Anwendbarkeit geprüft. Ziel ist die Zuordnung der Schadensfälle zu bestimmten Bauwerkseigenschaften. Abschließend werden Verfahrensmuster für mögliche Verstärkungsverfahren dargestellt. Anhand schematischer Abbildungen können dem Bauwerk in Abhängigkeit des Baujahrs mögliche bzw. wahrscheinliche Schadensfälle zugeordnet werden. Die Wahl eines geeigneten Verstärkungsverfahrens kann in Abhängigkeit des Schadensfalls anhand weiterer Diagramme erfolgen.
81
Volkswirtschaftliche Gesichtspunkte beim Bau und der Unterhaltung von Brückenbauwerken erfordern ein effektives Lebenszyklusmanagement. Ein wesentliches Ziel besteht dabei in der zuverlässigen Prognose der Schadensentwicklung. Die Kenntnis über Mechanismen und Auswirkungen einzelner dauerhaftigkeitsrelevanter Beanspruchungen bzw. Schädigungsarten ist relativ weit fortgeschritten. Demgegenüber ist das Wissen über die Wirkungsweise kombiniert auftretender Beanspruchungen an Betonbauwerken bislang unzureichend. Dies gilt auch für den Fall, dass gleichzeitig singuläre Risiken, wie beispielsweise Ausführungsmängel oder Lagerschäden vorliegen. Gerade aber kombinierte Einwirkungen und bereits vorhandene Mängel sind für massive Schäden an Brücken maßgeblich verantwortlich. Diese Problematik wurde im Rahmen der vorliegenden Machbarkeitsstudie eingehend beleuchtet. Zunächst wurden im Rahmen einer umfangreichen Literatursichtung die vorhandenen dauerhaftigkeitsrelevanten Einwirkungen auf Brücken identifiziert sowie deren mögliche Modellierung in Form von Schädigungs-Zeit-Gesetzen aufgezeigt und eingehend diskutiert. In einem nächsten Schritt konnten die bei Brückenbauwerken vorzufindenden Interaktionen zwischen den kombiniert auftretenden dauerhaftigkeitsrelevanten Einwirkungen und singulären Risiken auf der Basis einer Literatursichtung erfasst und in Form einer Interaktionsmatrix anschaulich dargestellt werden. Die verschiedenen Methoden zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit von Betonkonstruktionen wurden aufgezeigt sowie die Grundzüge einer System- und Risikoanalyse vorgestellt. Anhand ausgewählter Bespiele aus der Fachliteratur wurde die prinzipielle Vorgehensweise bei unterschiedlichen Methoden zur Dauerhaftigkeitsbeurteilung dargestellt. Besondere Beachtung galt dabei dem aktuellen Stand der Forschung im Umgang mit kombiniert auftretenden Einwirkungen. Im Ergebnis der umfangreichen Literaturstudie konnte festgestellt werden, dass kombinierte Einwirkungen als Problem im Bereich des Betonbrückenbaus bekannt sind, ihre Erfassung und Modellierung jedoch weder zeitvariante Schädigungs-Zeit-Gesetze noch baustofftechnologische Interaktionen berücksichtigen. Auf der Grundlage der in der Literatur gewonnenen Erkenntnisse wurde ein Ansatz für eine um diese beiden entscheidenden Punkte erweiterte System- und Risikoanalyse erarbeitet. Dieser Ansatz besteht darin, über die Verwendung geeigneter Schädigungs-Zeit-Gesetze und grenzzustandsbezogener Betrachtungen Lebensdauerprognosen durchzuführen. Hierdurch wird eine wirklichkeitsnahe Beurteilung der Dauerhaftigkeit möglich. Die Interaktion der Schädigungsmechanismen wird über einen Faktor η, der die baustofftechnologischen Veränderungen des Betons infolge einer anderen Einwirkung berücksichtigt, in das Modell aufgenommen. Das erarbeitete Konzept wurde durch exemplarische, computergestuetzte Beispielrechnungen hinsichtlich seiner Anwendbarkeit bestätigt. Bis zur Praxiseinführung dieser Methode bedarf es jedoch noch umfangreicher Ausarbeitungen und gezielter weiterführender Forschung.
83
Die für die Bemessung von Neubauten maßgebenden DIN-Fachberichte mit dem darin enthaltenen Sicherheitskonzept sind nicht geeignet, die tatsächliche Tragsicherheit bestehender älterer Spannbetonbrücken zu beurteilen. Die seinerzeit für die Bemessung und Konstruktion gültigen Normen wurden sowohl was die Einwirkungsseite als auch was die Widerstandsseite betrifft ständig weiterentwickelt und an neue hinzugewonnene Erkenntnisse angepasst. Dies hat zwangsläufig zur Folge, dass sich bei der Nachrechnung älterer Bestandsbrücken auf der Grundlage neuerer Normen die höhere Anforderungen beinhalten, häufig keine Nachweise mit normgemäßen Sicherheitsfaktoren führen lassen. Im Rahmen des FE-Vorhabens wurde objektbezogen an zwei Brücken untersucht, welche möglichen Tragreserven sich unter Einbeziehung des Entwurfs der Nachrechnungsrichtlinie identifizieren lassen. Die betrachteten Talbrücken Lützelbach (Hohlkasten) und Volkersbach (Plattenbalken) waren zuvor bereits normgemäßen Nachrechnungen unterzogen worden, bei denen sowohl im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit, wie auch im Grenzzustand der Tragfähigkeit Defizite festgestellt wurden. Unter anderem wurden gegenüber dem für Neubauten konzipierten Sicherheitskonzept modifizierte Teilsicherheitsbeiwerte für die Besonderheiten bei der Nachrechnung des Bestands in Ansatz gebracht. Für die realitätsnahe Ermittlung der jeweiligen Tragwiderstände wurden alternative und genauere Verfahren auf ihre Eignung hin untersucht und in Ansatz gebracht. Die Tragwerke wurden in größerem Umfang als allgemein üblich auf Umlagerungsmöglichkeiten und Systemredundanzen hin untersucht. Insgesamt kann festgestellt werden, dass bei Anwendung eines für die Nachrechnung bestehender Bauwerke angepassten Sicherheitskonzepts und geeigneter alternativer Nachweisverfahren, Tragreserven bei den beiden betrachteten Brückenbauwerken identifiziert und genutzt werden können. Die bei normgemäßen Nachrechnungen festgestellten Defizite konnten in weiten Bereichen reduziert oder sogar ganz aufgehoben werden. Ein hoher Aufwand bei der Nachrechnung bestehender Brückenbauwerke scheint zielführend und gerechtfertigt, vor allem wenn sich dadurch der noch höhere Aufwand für Planung und Ausführung von Verstärkungsmaßnahmen vermeiden lässt.
85
Aktuell werden Brücken intensiv in festgelegten Zyklen untersucht, wodurch hohe Kosten entstehen, jedoch das Zusammenwirken der Konstruktionsteile und Systemabhängigkeiten nur unzureichend berücksichtigt werden. Durch eine risikobasierte Bauwerksprüfung ist es möglich, den Prüfumfang jeder Bauwerksprüfung auf Basis wissenschaftlich basierter Risikobetrachtungen auf Schadensebene festzulegen und nur bei Vorliegen einer entsprechenden Schädigungswahrscheinlichkeit zu prüfen. Hierzu wird das betrachtete Bauwerk mithilfe mehrerer Untergliederungsebenen bis zu den möglichen Schäden aufgegliedert. Für sämtliche Schäden werden auf Grundlage mechanischer oder physikalischer/chemischer Überlegungen Schädigungsmodelle definiert und für alle Schäden verschiedene Schädigungsniveaus, bezogen auf die Auswirkungen auf die Standsicherheit, Verkehrssicherheit und Dauerhaftigkeit, festgelegt. Durch eine Darstellung der Schäden mittels probabilistischer Modelle, lässt sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schaden ein bestimmtes Schädigungsniveau erreicht, errechnen. Wenn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schaden ein bestimmtes Schädigungsniveau erreicht hat, eine zugehörige Grenzwahrscheinlichkeit erreicht, ist eine Bauwerksprüfung zur Bestätigung dieses Schadensniveaus durchzuführen. Es wird eine Systematik vorgeschlagen, die für jedes Schädigungsniveau, die Ermittlung der Grenzwahrscheinlichkeit ermöglicht. Durch die Bauwerksprüfung kann der tatsächliche Bauwerkszustand festgestellt und die Schädigungsprognose durch Einbezug dieser Erkenntnisse in die Schädigungsmodelle, angepasst werden. Durch das vorgeschlagene Modell ist es möglich, beim Umfang der Bauwerksprüfung den tatsächlichen und den prognostizierten Bauwerkszustand zu berücksichtigen. Die für die Bauwerksprüfung bereitstehenden Mittel lassen sich effizienter einsetzen und "Schwachpunkte" eines Bauwerks werden gemäß ihrer Schädigungswahrscheinlichkeit häufiger geprüft.
86
Ziel des bearbeiteten Forschungsvorhabens war die Untersuchung des Verhaltens von Brücken aus hochfestem Beton. Im Rahmen des vorliegenden Vorhabens wurden drei bestehende Brücken aus hochfestem Beton hinsichtlich der visuell zu bewertenden Oberflächenbeschaffenheit und der mit Hilfe von Messungen ermittelten Karbonatisierungstiefe und Chlorideindringung bewertet: eine Brücke im Zuge der Straße nach Wölkau über die BAB A 17, BW-Nr. 5048569; die Überführung des Eigentümerweges "Freihamer Allee" über die BAB A 96/99, BW-Nr. 7834699; sowie Bauwerk 27-1 Überführung eines Wirtschaftsweges, Buchloe, BW-Nr. 7930585. Dabei konnte festgestellt werden, dass sich der hochfeste Beton hinsichtlich der Karbonatisierungstiefen wie erwartet als sehr dauerhaft erweist. Durch seine dichte Struktur ist nahezu keine Karbonatisierung an den Bauteilen aus hochfestem Beton zu verzeichnen. Lediglich die aus hochfestem Beton hergestellten Pfeiler der Brücken Buchloe und Freihamer Allee zeigen Netzrisse, die auf ungenügende Nachbehandlung der Bauteile zurückgeführt werden könnte. Weiterhin wurde an der Muldebruecke Glauchau der bereits vor Verkehrsfreigabe durchgeführte Belastungstest wiederholt, bei der die damaligen Lastpositionen erneut aufgebracht wurden. Auch hier konnte gezeigt werden, dass sich das hervorragende Tragverhalten auch nach acht Jahren der Nutzung unverändert zeigt. Die große Steifigkeit des Überbaus ist unverändert. Insgesamt konnte festgestellt werden, dass die untersuchten Brücken aus hochfestem Beton die an sie gestellten Anforderungen hinsichtlich Dauerhaftigkeit und Tragverhalten erfüllen. Eventuell wäre zu überprüfen, inwieweit andere Bauteile (insbesondere Pfeiler) aus hochfestem Beton eine ähnliche Netzrissbildung aufweisen. Bei einem Vergleich der Bautagebücher ließen sich möglicherweise Rückschlüsse auf die Einflussfaktoren auf die Rissbildung ziehen.