Insbesondere auf Landstraßen, das heißt außerorts ohne Bundesautobahnen, hat sich in den letzten Jahren ein deutlicher Rückgang bei den Unfällen mit Pkw gezeigt. Von 2001 bis 2005 ist die Zahl der bei Landstraßenunfällen Getöteten von 4.481 auf cirka 3.230 zurückgegangen. Als eine wesentliche Ursache für diese positive Entwicklung wird die stetige Verbesserung der aktiven und passiven Sicherheit von Fahrzeugen angesehen. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, inwieweit sich in der amtlichen Unfallstatistik Belege für diese Vermutung finden lassen. Ob die Wirkung straßeninfrastrukturseitiger Maßnahmen auf Landstraßenunfälle mit dem gewählten Ansatz analog nachweisbar ist, wurde ebenfalls betrachtet. Der Einfluss fahrzeugseitiger Maßnahmen auf das Unfallgeschehen wurde zum einen für drei Systeme der aktiven Fahrzeugsicherheit Fahrdynamikregelungen (ESP), Bremsassistenten (BAS) und Gasentladungsscheinwerfer (XENON) Ń ermittelt. Zum anderen wurden Verbesserungen der passiven Fahrzeugsicherheit, wie Airbags oder auch die Einführung von Vorschriften zum Beispiel für Frontal- und Seitenaufprall, als Gesamtpaket betrachtet. Darüber hinaus wurden Einflussmöglichkeiten verbesserter Straßeninfrastruktur beziehungsweise -ausstattung erörtert. Für die ausgewählten Sicherheitseinrichtungen wurden geeignete Teilmengen aus dem Unfallgeschehen ausgewählt, bei denen sich der Einfluss der Fahrzeugtechnik erwarten lässt. Diese wurden dann mit Unfallsituationen verglichen, in denen die Maßnahmen keine Wirkung zeigen sollten. Im Einzelnen konnten folgende Ergebnisse aus den Auswertungen des Unfallgeschehens abgeleitet werden: Die Zahl der Unfälle in ESP-relevanten Situationen ist bei neuen Fahrzeugen, in denen ESP zu einem hohen Anteil verbaut ist, deutlich und überproportional zurückgegangen. Hier ist zwischen den Jahren 2000 und 2005 ein Rückgang der Landstraßenunfälle mit Personenschaden und der schwerwiegenden Unfälle mit Sachschaden in Höhe von 28 % eingetreten. Der positive Effekt des ESP zeigt sich auch an der Zahl der schweren Personenschäden (Getötete und Schwerverletzte). Insgesamt ergibt sich für den Rückgang der schweren Personenschäden in ESP-relevanten Situationen auf Landstraßen unter Berücksichtigung der Unfälle älterer Pkw sowie der Unfälle in Vergleichssituationen ein Wert von 13 %. Das Unfallgeschehen in BAS-relevanten Situationen hat sich sowohl für Neufahrzeuge als auch für ältere Fahrzeuge gleichermaßen, aber überproportional verbessert (-31 % Unfälle für BAS-relevante Situationen gegenüber -20 % für nicht BAS-relevante). Ein Sicherheitsvorteil allein durch BAS lässt sich mit den vorliegenden Zahlen somit nicht eindeutig nachweisen. Dass auch ältere Fahrzeuge in der BAS-Situation einen starken Rückgang aufweisen, deutet darauf hin, dass es neben dem BAS weitere Faktoren gibt, die diese Situation positiv beeinflussen, die aber nicht identifiziert sind. Hier könnte ABS, das in der gleichen Situation wirkt wie BAS und auch noch bei älteren Fahrzeugen wachsende Ausstattungsquoten zeigt, eine Rolle spielen. Rückgänge in den Unfallzahlen fallen für Neufahrzeuge in den XENON-relevanten Situationen etwas stärker aus als bei älteren Pkw (-34 % gegenüber -28 %). Daraus lassen sich, vermutlich bedingt durch die geringen Änderungen der Ausstattungsquote, jedoch in dieser Untersuchung keine Sicherheitsvorteile durch Gasentladungslicht ableiten, da der Rückgang gleichermaßen auch in der Vergleichssituation auftritt. Gleichzeitig deutet die Unfallentwicklung in Abhängigkeit vom Fahrzeugalter jedoch darauf hin, dass auch in der XENON-Situation andere Maßnahmen, die zum Beispiel der passiven Fahrzeugsicherheit zuzuordnen sind, wirksam sein müssen. Die Rückgänge der Unfallschwere (Anzahl der Getöteten und Schwerverletzten je 100 Pkw-Fahrer bei Unfällen mit Personenschaden) in Unfällen mit entgegenkommenden Fahrzeugen (relevante Situation für die passive Sicherheit) sind bei Fahrern von Neufahrzeugen am größten (-42 % gegenüber -14 % bei älteren Fahrzeugen). Dies zeigt eindeutig die Wirkung verbesserter Systeme der passiven Fahrzeugsicherheit wie Airbags, Gurtstraffer und -kraftbegrenzer sowie optimierte Fahrzeugstruktur beziehungsweise Fahrgastzelle. Deutliche Rückgänge in der Unfallschwere bei den sonstigen Unfällen von Neufahrzeugen zeigen, dass sich die ständig weiterentwickelte passive Sicherheit auch in anderen Unfallkonstellationen, wie zum Beispiel seitlichen Kollisionen, bewährt. Im Straßeninfrastrukturbereich besteht das Problem, dass die wesentlichen Informationen für den hier gewählten Ansatz zur Ermittlung des Einflusses von Maßnahmen auf das Unfallgeschehen nicht verfügbar sind. Dafür müssten zum einen Daten über die Menge der umgesetzten Maßnahmen im Zeitverlauf vorliegen; zum anderen müsste es eine Vergleichsgruppe geben (Unfälle, die durch die Maßnahme nicht beeinflusst wurden). Maßnahmen und Nicht-Maßnahmen müssten dabei räumlich und/oder zeitlich abgrenzbar sein. Es zeigt sich, dass diese Daten für die meisten Maßnahmen im Infrastrukturbereich nicht vorliegen, sodass mit Hilfe der amtlichen Unfallstatistik keine Untersuchungen zur Wirksamkeit durchgeführt werden können. Hier sind demnach andere Untersuchungsansätze anzuwenden.
Die Verkehrssicherheit in Deutschland konnte in den letzten Jahrzehnten durch zahlreiche Verbesserungen sowohl im Bereich der Fahrzeugtechnik, der Fahrausbildung als auch der Straßeninfrastruktur deutlich verbessert werden. Wurden im Jahr 1970 noch über 21.000 Menschen im Straßenverkehr getötet, so waren es im Jahr 2008 weniger als 4.500, und dies, obwohl in diesem Zeitraum eine Verdreifachung der Verkehrsleistung festzustellen ist. Um diese positive Entwicklung auch zukünftig durch Straßeninfrastrukturmaßnahmen zu unterstützen, wurden und werden Verfahren zur Berücksichtigung von Aspekten der Verkehrssicherheit im Zuge der Planung, des Entwurfs und des Betriebs von Straßen entwickelt bzw. weiterentwickelt. Zu nennen ist hier z.B. die Fortschreibung des Verfahrens zur Wirtschaftlichkeitsbewertung, die Einführung des Sicherheitsaudits, die Erarbeitung des Merkblatts für die Durchführung von Verkehrsschauen sowie die Erarbeitung des Handbuches für die Bewertung der Verkehrssicherheit. Analysen des Unfallgeschehens unter Berücksichtigung von Straßeninfrastrukturmerkmalen haben auch wichtige Grundlagen für die im Entwurf vorliegende Richtlinie für die Anlage von Landstraßen beigesteuert. Dass hier Verbesserungen besonders dringlich sind, wird anhand einer Analyse des Unfallgeschehens differenziert nach der Ortslage deutlich. Seit eineinhalb Jahrzehnten liegt der Anteil der auf Landstraßen im Straßenverkehr Getöteten bei mehr als 60%. Dabei sind Maßnahmen zur Reduzierung von Fahrunfällen, wie z.B. die Einhaltung der Radienrelation und eine ausreichende Querneigung, von besonderer Bedeutung, da dieser Unfalltyp einen Anteil von fast 40% am gesamten Unfallgeschehen auf Landstraßen ausmacht. Maßnahmen zur Reduzierung von Unfällen im Längsverkehr, wie z.B. die Wahl von Querschnitten mit verkehrstechnisch gesicherten Überholmöglichkeiten, sind ebenfalls bedeutend, da dieser Unfalltyp einen Anteil von knapp 25% ausmacht. Von Bedeutung für die Verkehrssicherheit auf Landstraßen sind zudem die Gestaltung und die Verkehrsregelung im Bereich von Kreuzungen und Einmündungen. Dort ereignen sich gut ein Viertel aller Unfälle auf Landstraßen. Die Gestaltung von Seitenräumen ist für die Verkehrssicherheit auf Landstraßen ebenfalls von erheblicher Bedeutung. Allein der Anteil der bei Baumunfällen auf Landstraßen Getöteten beträgt fast 30%. Vor diesem Hintergrund wird die Bedeutung von Schutzeinrichtungen dort, wo feste Hindernisse unvermeidbar sind, deutlich. Gerade im Kontext mit Schutzeinrichtungen ist die Verkehrssicherheit für Motorradfahrer relevant. Im Merkblatt für die Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Motorradstrecken sind diesbezüglich bewährte Infrastrukturmaßnahmen angeführt.