Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Reihe M: Mensch und Sicherheit
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Für die Kosten-Nutzen-Analyse von Investitionsprojekten bzw. Maßnahmen, die Einfluss auf die Verkehrssicherheit haben, sind wissenschaftlich valide und belastbare Werte zur Zahlungsbereitschaft der Bevölkerung für eine Erhöhung des Sicherheitsniveaus erforderlich. Zur Ermittlung dieser Werte werden sowohl im akademischen Bereich als auch in der Praxis zunehmend Stated-Choice (SC) Methoden genutzt. Dabei werden im Rahmen eines SC-Experiments den befragten Individuen verschiedene Alternativen vorgestellt, deren – für die von den Befragten zu treffende Auswahlentscheidung – relevanten Merkmale (Attribute) im Rahmen eines experimentellen Designs jeweils unterschiedliche Ausprägungsniveaus aufweisen. Ausgehend von der Annahme, dass die Befragten die Alternative mit dem für sie höheren Nutzen auswählen, offenbaren sie ihre Präferenzen und damit implizit auch ihre Zahlungsbereitschaften. Der SC-Ansatz ermöglicht durch die an das Experiment anschließende ökonometrische Modellierung eine indirekte Schätzung der Zahlungsbereitschaft für nicht vom Markt bewertete Güter (ORTÚZAR und WILLUMSEN, 2011).
Für Deutschland liegen mittlerweile die Ergebnisse zweier SC-Studien vor: So wurde von einem internationalen Konsortium für Belgien, Frankreich, die Niederlande und Deutschland ein Projekt zur Ermittlung der Zahlungsbereitschaft für Verkehrssicherheit auf der Basis von SC-Befragungen durchgeführt, an dem u. a. auch die BASt beteiligt war (Projekt VALOR–Value of Road Safety, im Folgenden zitiert als VALOR, 2021). Außerdem wurde im Auftrag der BASt eine Konzeptstudie und Piloterhebung zur Zahlungsbereitschaft für Verkehrssicher-heit in Deutschland (FE 82.0689/2017, im Folgenden zitiert als OBERMEYER et al., 2020) durchgeführt. Im vorliegenden Bericht wird das internationale Projekt VALOR einer Prüfung der verwendeten Methodik und der erhaltenen Ergebnisse eischließlich ihrer Einordnung in den internationalen Wissensstand unterzogen und die Methodik sowie die ermittelten Werte für Deutschland mit denen von OBERMEYER et al. (2020) verglichen.
Im Ergebnis dieser Analyse ist festzuhalten, dass beide Studien auf der Grundlage eines soliden wissenschaftlichen Konzeptes erarbeitet wurden, das dem internationalen State-of-the-Art sowohl des akademischen als auch des verkehrsplanerischen und verkehrspolitischen Bereichs entspricht. Aus den unterschiedlichen Zielsetzungen (einheitliche, länderübergreifende Methodik in VALOR, 2021 einerseits und Pilotstudie mit kleiner und verzerrter Stichprobe in OBERMEYER et al., 2020 anderseits) ergeben sich allerdings wesentliche Unterschiede hinsichtlich des Stichprobenumfangs und der Stichproben-Repräsentativität, des Fragebogen-Designs, insbesondere im Hinblick auf die verwendeten Werte, und daraus folgend der Ergebnisse für die Zahlungsbereitschaften. Aufgrund dieser Unterschiede entspricht keine der beiden Studien den Anforderungen einer umfassenden und repräsentativen Zahlungsbereitschafts-Studie für Deutschland.
Als Fazit ist zu konstatieren, dass beide Studien zwar wertvolle Erkenntnisse liefern, die quantitativen Ergebnisse jedoch nicht geeignet sind, in die Unfallkostenrechnung der BASt und in die deutsche Kosten-Nutzen-Analyse des BVWP übernommen zu werden. Aus wissenschaftlicher und praktischer Sicht ist deshalb zu empfehlen, die vorliegenden Erkenntnisse zu nutzen und in eine umfassende deutsche Studie zur Zahlungsbereitschaft für Verkehrssicherheit einfließen zu lassen. Die wohl wichtigste Erkenntnis, die sich hierzu aus dem Vergleich der beiden Studien ableiten lässt, ist die Bedeutung der Realitätsnähe des SC-Experiments für die ermittelten Parameterschätzer des Modells und die daraus abgeleitete Zahlungsbereitschaft. Die in VALOR (2021) präsentierte hypothetische Fahrt mit der dort vorgegebenen Streckenlänge, den gewählten Referenzwerten und Priors zur Ermittlung der Variation in den Experimenten spiegelt die deutsche Realität nicht adäquat wider. Die Referenzwerte sollten durch Angaben der Befragten zur letzten Fahrt sowie realitätsnahe Werte ersetzt werden.
Weitergehende Überlegungen sollten zur Präsentation des Unfallrisikos (absolut versus relativ), zur Wahl der Straßenart (Untersuchung für eine weniger sichere Infrastruktur wie z. B. die Landstraßen), zur erforderlichen Differenzierung der Schadensarten sowie zur Berücksichtigung einer Null-Option im Experiment angestellt werden. Beide Studien haben zudem gezeigt, dass eine sorgfältige Prüfung des Umgangs mit als nicht konsistent angesehenen und lexikografischen Antworten erforderlich ist. Keine der beiden Studien hatte die Ermittlung des VSL von Nicht-Autofahrern zum Ziel. Ebenso wurden Externalitäten wie das Leid von Angehörigen und Freunden, aber auch Unterschiede in der Risikobewertung beim Alleinfahren und dem Fahren mit Beifahrer, womöglich Kindern und Enkelkindern bislang nicht untersucht. Hier besteht generell, nicht nur in Deutschland, Forschungsbedarf.
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Der Bestand an Pkw mit alternativem Antrieb stieg von rund 704.000 Fahrzeugen im Jahr 2015 auf rund 900.000 Pkw im Jahr 2019 (ein Plus von etwa 28 %). Pkw, die mit Erdgas (CNG) oder Autogas (LPG) fahren, stellen im aktuellen Fahrzeugbestand die größte Gruppe mit alternativem Antrieb (2019 rund 476.000 Pkw). Danach folgen die Hybridfahrzeuge mit mehr als 340.000 Pkw, dessen Bestand sich seit 2015 verdreifacht hat. Die Entwicklung des Plug-In-Hybrid-Bestandes ist noch deutlicher: im Zeitraum von 2015 bis 2019 stieg der Wert auf das 13-fache. Bei reinen Elektro-Pkw stieg der Bestand auf 83.175 Fahrzeuge im Jahre 2019. Dieser Trend setzt sich bei allen alternativen Antriebsarten – außer bei den Gasfahrzeugen – fort.
Im Januar 2020 wurden bereits 136.617 Pkw mit reinem Elektroantrieb registriert; ein weiterer Zuwachs gegenüber 2019 um 64 %.
Um die zukünftige Entwicklung von Fahrzeugen mit alternativem Antrieb in Deutschland beurteilen zu können, initiierte die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) schon im Jahr 2010 die Einrichtung einer langfristigen Beobachtung des Fahrzeugmarktes und des Unfallgeschehens von Fahrzeugen mit alternativen Antriebsarten mit dem Ziel, die tatsächliche Umsetzung des technologischen Fortschritts in marktgängige Produkte zu verfolgen, frühzeitig Kenntnis über die Bestandsentwicklung zu erhalten sowie mögliche Fehlentwicklungen – insbesondere mit Blick auf die Verkehrssicherheit – zu identifizieren. Vor allem die Betrachtung des letzten Punktes soll die Möglichkeit schaffen, Vorschläge für eine sinnvolle Steuerung der Entwicklung leisten zu können.
Nachfolgend werden in Kapitel 2 die technischen Entwicklungslinien des Marktes für Fahrzeuge mit alternativem Antrieb dargestellt. In den Kapiteln 3 und 4 werden der Bestand sowie das Unfallgeschehen näher betrachtet.