Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Reihe B: Brücken- und Ingenieurbau
58
Schwere Brandunfälle in einigen Straßentunneln der Alpenländer in den Jahren 1999 und 2001 waren mit ein Auslöser für eine weitere Verbesserung der Sicherheit in Straßentunneln. Normative Ergebnisse diesbezüglich geführter Diskussionen mündeten europaweit in der "Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über Mindestanforderungen für die Sicherheit von Tunneln im transeuropäischen Straßennetz" (2004/54/EG) (EG-Tunnelrichtlinie). Vorgaben der EG-Tunnelrichtlinie wurden national in den "Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln" (RABT), Ausgabe 2006, umgesetzt. Ein möglichst einheitlicher Standard insbesondere bei den Sicherheitseinrichtungen, wird im Normalfall durch einen in den Regelwerken fest umrissenen und vorgegebenen Ausstattungsumfang erreicht. In besonderen Fällen ist jedoch die Notwendigkeit und der Umfang eines über dem Normalfall liegenden Ausstattungsniveaus mit ergänzenden Verfahren zu ermitteln. Hierfür, sowie zur Überprüfung der Wirksamkeit einzelner Sicherheitsmaßnahmen, werden Nachweise mittels Risikoanalysen gefordert. Weder die EG-Tunnelrichtlinie noch die RABT 2006 differenzieren jedoch zwischen unterschiedlichen "Arten" von Risikoanalysen, entweder zur Ermittlung der Tunnelausstattung bei "Tunneln mit besonderer Charakteristik" oder bei der Zulassung von Gefahrgut. Andererseits sehen beide Regelwerke den Einsatz von Ausstattungselementen auch für einen sicheren Transport von Gefahrgütern durch Straßentunnel vor. Auf der Basis bestehender normativer und methodischer Vorgaben aus Regelwerken und Richtlinien sowie von Methoden, Ansätzen und Modellen, wird ein mögliches Vorgehen für eine risikoanalytische Untersuchung von Straßentunneln dargestellt. Es basiert auf einem risikoorientierten Ansatz. mit den Einzelschritten Risikoanalyse, Risikobewertung und Maßnahmenplanung/-beurteilung. Bei der Risikoanalyse werden mögliche Ereignisse und deren Abläufe bestimmt. Die Risikoanalyse versucht vereinfacht die Frage zu beantworten: "Was kann wie oft passieren und was sind die Folgen?" Die Risikoanalyse gibt Auskunft über die Höhe der Risiken. In der sich anschließenden Risikobewertung wird die Entscheidung getroffen, ob und welche Risikominimierungen vorgenommen werden müssen. Hier wird die Frage versucht zu klären: "Was darf wie oft passieren?". Es wird letztlich die Akzeptanz der ermittelten Risiken bestimmt. Die Maßnahmenplanung/-beurteilung umfasst die Ermittlung und Beurteilung risikomindernder Maßnahmen auch im Zusammenhang mit den hierbei entstehenden Kosten. Beantwortet werden soll die Frage: "Welche Maßnahmen müssen für eine ausreichende Sicherheit des Systems getroffen werden?" Für die innerhalb einer risikobezogenen Untersuchung abzuarbeitenden vorgenannten Schritte Risikoanalyse, Risikobewertung und Maßnahmenplanung/-beurteilung steht eine große Bandbreite qualitativer und quantitativer Methoden bzw. Modelle zur Verfügung. Die im Bericht vorgenommene Darstellung der in einzelnen Ländern durchgeführten Praxis zeigt auf, dass eine Kombination unterschiedlicher Methoden bzw. Modelle verwendet wird. Einschränkungen bei der praktischen Anwendung ergeben sich durch die noch schmale Datenbasis bei Ereignis- und Versagenshäufigkeiten betriebstechnischer Ausstattungselemente oder verkehrlicher Störfälle. Die weitere Erhebung und Auswertung betrieblicher und verkehrlicher Störfälle in Tunneln ist daher anzustreben. Eine Häufigkeits- /Ausmaßermittlung und eine darauf fußende Risikoberechnung ist derzeit für den Bereich Straßentunnel noch mit Unsicherheiten behaftet, die bei der Interpretation der aus einer quantitativen risikobezogenen Ausarbeitung gewonnenen Ergebnisse einbezogen werden müssen. Bei der Bewertung von Maßnahmen sind neben ihrer risikomindernden Wirkung auch die mit ihrer Realisierung bzw. ihrem Betrieb verbundenen Kosten abzuschätzen. Als Realisierungskriterium gilt einerseits ein geringeres Verhältnis von Kosten und jeweiliger Risikominderung einer Alternativ-Maßnahme gegenüber der Ausgangsmaßnahme, andererseits eine Kostenobergrenze in Bezug auf eine anzustrebende Risikominderung. Hinsichtlich der Risikobewertung sind weitere Untersuchungen, Diskussionen und Erfahrungswerte erforderlich, um zukünftig eventuell Akzeptanzbereiche als Entscheidungsgrenzen festlegen zu können. Eine Verbreiterung des Untersuchungsansatzes zur Risikodarstellung sowie die Konzeption eines Verfahrens zur Risikobewertung von Straßentunneln einschließlich Empfehlungen für seine Anwendung ist anzustreben.
80
Ziel des vorliegenden Forschungsvorhabens ist die Erarbeitung weitergehender Anforderungen an elektroakustische Anlagen in Straßentunneln unter Beachtung der technischen und wirtschaftlichen Umsetzbarkeit. Hierzu sind allgemeingültige Kriterien zu definieren, anhand derer eine elektroakustische Beschallungsanlage für Tunnel ausgelegt werden kann, ohne dass aufwändige schalltechnische Einzeluntersuchungen durchgeführt werden müssen. Aus den bereits vorliegenden Projekten wurden Ergebnisse schalltechnischer Untersuchungen aus 19 Tunneln kategorisiert und vergleichend gegenübergestellt. Es wurden folgende wesentliche Erkenntnisse gewonnen: - Die Nachhallzeiten liegen im Bereich von 5 s bis 10 s, im mittleren Bereich und für tiefe Frequenzen ansteigend bis auf 27 s. Die Nachhallzeiten typischer Tunnel unterscheiden sich nur unwesentlich. - Nachhallzeitmessungen sind daher nicht notwendig. Wichtig ist die Beurteilung der Primärstruktur eines Tunnels. - Es gibt besondere Schallleitungseigenschaften von Tunnelröhren, die durch die Reflektionen entstehen. Diese Struktur zeichnet sich durch nützliche Schallreflexionen aus, die sich für eine Sprachverständlichkeit fördernde Unterstützung nutzen lassen. Daraus lassen sich folgende akustische Anforderungen an einen für Tunnelbeschallungen geeigneten Lautsprecher formulieren: - horizontale und vertikale Abstrahlwinkel von etwa jeweils 30 bis 35-°, - Rückwärtsdämpfung von ARueck ≥ 30 dB, - Schalldruckpegel Lpmax ≥ 130 dB(SPL), - Übertragungsfrequenzgang 300Hz bis 12000 Hz. Auf Grund dieser Erkenntnisse werden Versuche in einem zur Verfügung gestellten Testtunnel mit auf dem Markt befindlichen Lautsprechersystemen durchgeführt, was zu folgenden Aussagen für die Konzeption einer Beschallungsanlage führt: - Herkömmliche Lautsprecher sind für eine Beschallung mit Sammelruf ungeeignet. - Ein nach dem Prinzip des Grenzflächenhorns entwickelter Speziallautsprecher hatte geeignete akustischen Eigenschaften. - Die Lautsprecher müssen zeitlich angepasst werden. - Eine Sprachverständlichkeit von mindestens STI ≥ 0,45 ist anforderungsgerecht. Bei Messungen in Tunneln, deren Beschallungsanlagen unter Berücksichtigung der im Forschungsvorhaben gewonnenen Erkenntnisse ausgelegt wurden, werden Sprachverständlichkeitswerte mit im Mittel STI = 0,52, 0,50 und 0,49 festgestellt. Der Originalbericht enthält als Anhang "Generalisierte Muster-Ausschreibungs-Module für ein SLASS-Beschallungssystem " Erläuterungsbericht / Technische Vorbemerkungen / Leistungs-Positionstexte". Er steht ebenfalls als Download zur Verfügung.