340 Recht
Nach Anlage 5 (2) der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) verlangt der Gesetzgeber von Bewerbern um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen D, D1, DE, D1E sowie der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung die Erfüllung besonderer Anforderungen hinsichtlich Belastbarkeit, Orientierungsleistung, Konzentrationsleistung, Aufmerksamkeitsleistung sowie Reaktionsfähigkeit. Die zur Untersuchung dieser Merkmale eingesetzten testpsychologischen Verfahren müssen nach dem Stand der Wissenschaft standardisiert und unter Aspekten der Verkehrssicherheit validiert sein. Zur Klärung der Fragen, wie ausgedehnt das Spektrum eingesetzter und akzeptierter Testverfahren ist und welche Erfahrungen die Gutachter bisher gemacht haben, fand am 07.11.2000 in der Bundesanstalt für Straßenwesen ein Expertengespräch statt. Dieses Gespräch zeigte unter anderem folgende Ergebnisse: Zum Einsatz kommen insbesondere das Act-and-React-Testsystem (ART) und das Wiener Testsystem (WTS), weiterhin die Testbatterien zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP). Die als Grenzwerte festgelegten Prozentränge von 33 beziehungsweise 16 sind empirische Setzungen, als Referenz wurden bewusst altersunabhängige Normwerte gewählt. In einigen Bundesländern sind die Begutachtungsstellen für Fahreignung erste Anlaufstellen, in anderen die Betriebs- oder Arbeitsmediziner. Die Durchführung der Testverfahren kann durch einen qualifizierten Arzt, Psychologen oder eine geschulte Testassistentin erfolgen. Sobald sich die Frage einer Kompensationsprüfung stellt, ist eine differenzierte psychologische Untersuchung erforderlich. Bei unauffälligen Befunden kann das Gutachten weitgehend standardisiert sein. Abschließend sind Forderungen für die weitere Entwicklung formuliert.
Um das unverhältnismäßig hohe Unfallrisiko junger Fahranfänger zu senken, werden derzeit unterschiedliche Maßnahmen verfolgt. Zu diesen Maßnahmen gehören unter anderem die Optimierung der Fahrausbildung sowie der theoretischen und praktischen Fahrerlaubnisprüfung. Das Ziel des von der Bundesanstalt für Straßenwesen in Auftrag gegebenen Projektes "Neue Aufgabenformate in der Fahrerlaubnisprüfung" bestand in der wissenschaftlichen Fundierung möglicher Maßnahmen zur Verbesserung der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung. Große Vorteile werden dabei in der Verwendung von PCs bei der Durchführung der theoretischen Prüfung gesehen, unter anderem bei der Organisation, Flexibilisierung und Objektivierung der Prüfung. Darüber hinaus ergibt sich bei einer computerbasierten Testvorgabe aber auch die Möglichkeit, situationsnähere Präsentationsformate (z.B. dynamische Darstellungen) und handlungsnähere Antwortformate (z.B. Reaktionszeiterfassung) in die Prüfung einzubeziehen. Mit Hilfe innovativer Aufgabenformate (z.B. Hazard Perception-Tests) könnten handlungsnahe Kompetenzen (wie z.B. die Wahrnehmung bzw. Antizipation von Gefahren) schon in der theoretischen Prüfung standardisiert erfasst werden. Im vorliegenden Projekt wurden neue Aufgabenformate entwickelt, um sie auf ihre testpsychologische und lehr-lerntheoretische Eignung zu überprüfen. Insbesondere wurde dabei der Einsatz dynamischer Darstellungsformate berücksichtigt, der aufgrund der Nähe zur natürlichen Wahrnehmung im Fahrkontext als besonders vielversprechend betrachtet wird. Unter Berücksichtigung empirisch fundierter Gestaltungsprinzipien aus der Lehr-Lernforschung wurden verschiedene Aufgabenformate entwickelt, mit deren Hilfe auch die Erreichung derjenigen Lehrziele der Fahrerlaubnisprüfung erfasst werden kann, die bisher noch nicht in angemessener Form abgeprüft werden. Die im Projekt konzipierten Aufgabenformate (Wissensaufgaben, Einschätzungsaufgaben, Reaktionszeitaufgaben) wurden jeweils in zwei Präsentationsformaten (statisch vs. dynamisch) erstellt. Beide Versionen des Aufgabenmaterials wurden in zwei Vorstudien zunächst durch Experten-Novizen-Vergleiche auf ihre Kriteriumsvalidität untersucht (Experten: Personen mit einer Fahrerlaubnisbesitzdauer von über zwei Jahren; Novizen: Personen ohne Fahrerlaubnis). Dabei zeigte sich, dass ein handlungsnahes Reaktionszeitaufgabenformat (ähnlich den sogenannten Hazard Perception-Aufgaben) als besonders kriteriumsvalide zu bezeichnen ist. Experten übertrafen Novizen bei diesen Aufgaben. Es wurden zudem Vorteile für den Einsatz dynamischer Darstellungen von Verkehrsszenarien innerhalb der Testaufgaben ermittelt. Um festzustellen, inwieweit die Aufgaben mit dynamischem Material die Leistungsentwicklung von Fahrschülern während ihrer Fahrausbildung abbilden können, wurde eine Längsschnittuntersuchung mit drei Messzeitpunkten durchgeführt. Es zeigte sich, dass sich die Fahrschüler in allen eingesetzten Aufgabenarten über die Zeit verbesserten. Dabei erreichten die Fahrschüler während ihrer Ausbildung das Leistungsniveau von erfahrenen Fahrern lediglich für die Aufgaben, mit denen deklarative Wissensinhalte zur Gefahrenlehre und zu Faustregeln erfragt wurde. Bei Reaktionszeitaufgaben, die handlungsnah eher prozedurales Wissen erfassen sollten, steigerten die Novizen ihre Leistung zwar über die Zeit, waren aber nicht in der Lage, das hohe Niveau der Experten zu erreichen. Der Einsatz dynamischen Materials in der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung kann prinzipiell " bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen " empfohlen werden, da die Kriteriumsvalidität der Aufgaben mit dynamischem und statischem Material vergleichbar war. Darüber hinaus sind die dynamischen Aufgaben jedoch als ökologisch valider einzuschätzen. Eine Steigerung der Handlungsnähe und eine damit verbundene weitere Verbesserung der Aufgabenformate ist ein Ansatzpunkt weitergehender Forschung. Im Rahmen der Projektbearbeitung wurde außerdem das Manual "Prinzipien zur Erstellung von multimedialen Testaufgaben für die Fahrerlaubnispruefung erarbeitet. Das Manual ist als Anhang beigefügt.