340 Recht
Evaluation des Modellversuchs AM 15 : Teil 1 – Verkehrsbewährungsstudie, Teil 2 – Befragungsstudie
(2019)
Teil 1 – Verkehrsbewährungsstudie: Mit der dritten Verordnung über Ausnahmen von den Vorschriften der Fahrerlaubnis-Verordnung wurde mit Wirkung vom 1. Mai 2013 die Grundlage für den Modellversuch und damit den Erwerb der Fahrerlaubnisklasse (FE-Klasse) AM mit 15 Jah¬ren für die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen geschaffen. Ziel der Evaluation war es zum einen zu untersuchen, ob sich aus dem Modellversuch Auswirkungen auf die beobachtbare Verkehrsbewährung ergeben. Zum anderen wurde der Frage nachgegangen, ob das Absenken des Mindestalters Auswirkungen auf die Attraktivität der im weiteren Lebensverlauf erwerbbaren FE-Klassen hat. Es lassen sich geschlechtsspezifische Präferenzen bei dem Erwerb von FE-Klassen aufzeigen, die auch aus der amtlichen Statistik bekannt sind. Junge Männer erwerben häufiger Zweirad-Klassen, somit auch die FE-Klasse AM. Das gilt sowohl in den Modellversuchs- als auch den Vergleichslän-dern (Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern). Ebenso werden siedlungsstrukturelle Unterschiede im Fahrerlaubniserwerb (FE-Erwerb) deutlich. Auch hier lässt sich für die Modellversuchsländer und die Vergleichsländer zeigen, dass im ländlichen Raum deutlich mehr Personen die FE-Klasse AM erwerben. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Anteil verkehrsauffälliger Jugendlicher sehr gering ist. Während mehr Jugendliche aus den am Modellversuch beteiligten Bundesländern mit einem registerpflichtigen Verkehrsdelikt auffällig geworden sind, haben mehr Jugendliche aus den Bundesländern der Vergleichsgruppe das Recht des Führens fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge verloren. Da ausschließlich männlichen Jugendlichen im ersten Jahr nach dem Erwerb der FE-Klasse AM die Fahrerlaubnis (FE) entzogen wurde, könnte dies auf eine höhere Risikobereitschaft hindeuten. Es gilt zu überlegen,…Teil 2 – Befragungsstudie: Mit der Absenkung des Mindestalters für den Erwerb der AM-Fahrerlaubnis auf 15 Jahre verfolgt der Gesetzgeber das Ziel der Verbesserung der Mobilität von Jugendlichen, insbesondere im ländlichen Raum. In der Befragungsstudie zur Evaluation des AM15-Modellversuchs in den seit Beginn der Maßnahme beteiligten Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen werden dazu 15-jährige AM-Fahrerlaubniserwerber aus den Modellversuchsländern und als Vergleichsgruppen 15- und 16-jährige Erwerber der Mofa-Prüfbescheinigung bzw. der AM- oder A1-Fahrerlaubnis aus den Nicht-Modellversuchsländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen zu Aspekten ihrer Verkehrssicherheit (Stürze, Unfälle, Gefahrenbewusstsein), ihres Mobilitätsverhaltens sowie zur Absicht des Erwerbs weiterer Fahrerlaubnisse befragt. Die Erstbefragung der AM15-Teilnehmer haben 906, die Wiederholungsbefragung 360 Jugendliche vollständig beantwortet. An der einmaligen Erhebung für die Vergleichsgruppen in den untersuchten Modell- und Nicht-Modellversuchsländern haben insgesamt 2.127 Jugendliche teilgenommen. Im Durchschnitt erwirbt etwa jeder zehnte 15-jährige Jugendliche in den Modellversuchsländern die AM15-Fahrerlaubnis. Nach dem Fahrerlaubniserwerb integrieren die 15-Jährigen das motorisierte Zweirad umgehend in ihren Mobilitätsalltag. Zum zweiten Erhebungszeitpunkt fahren alle AM15-Teilnehmer im Mittel 50,0 km pro Woche (arithmetischer Mittelwert: 86,7 km), die Mobilen durchschnittlich 62,0 km pro Woche (arithmetischer Mittelwert: 103,6 km). Parallel dazu steigt die Verunfallung der 15-jährigen Kleinkraftradfahrer in den Modellversuchsländern markant an. Ein auffälliges Unfallgeschehen dokumentieren auch die Selbstauskünfte der AM15-Teilnehmer. In der weiteren Fahrkarriere…
Nach Anlage 5 (2) der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) verlangt der Gesetzgeber von Bewerbern um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen D, D1, DE, D1E sowie der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung die Erfüllung besonderer Anforderungen hinsichtlich Belastbarkeit, Orientierungsleistung, Konzentrationsleistung, Aufmerksamkeitsleistung sowie Reaktionsfähigkeit. Die zur Untersuchung dieser Merkmale eingesetzten testpsychologischen Verfahren müssen nach dem Stand der Wissenschaft standardisiert und unter Aspekten der Verkehrssicherheit validiert sein. Zur Klärung der Fragen, wie ausgedehnt das Spektrum eingesetzter und akzeptierter Testverfahren ist und welche Erfahrungen die Gutachter bisher gemacht haben, fand am 07.11.2000 in der Bundesanstalt für Straßenwesen ein Expertengespräch statt. Dieses Gespräch zeigte unter anderem folgende Ergebnisse: Zum Einsatz kommen insbesondere das Act-and-React-Testsystem (ART) und das Wiener Testsystem (WTS), weiterhin die Testbatterien zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP). Die als Grenzwerte festgelegten Prozentränge von 33 beziehungsweise 16 sind empirische Setzungen, als Referenz wurden bewusst altersunabhängige Normwerte gewählt. In einigen Bundesländern sind die Begutachtungsstellen für Fahreignung erste Anlaufstellen, in anderen die Betriebs- oder Arbeitsmediziner. Die Durchführung der Testverfahren kann durch einen qualifizierten Arzt, Psychologen oder eine geschulte Testassistentin erfolgen. Sobald sich die Frage einer Kompensationsprüfung stellt, ist eine differenzierte psychologische Untersuchung erforderlich. Bei unauffälligen Befunden kann das Gutachten weitgehend standardisiert sein. Abschließend sind Forderungen für die weitere Entwicklung formuliert.