Sonstige
Fahrerinformations- und Fahrerassistenzsysteme (FIS/FAS), die während der Fahrt zusätzliche, den Fahrer entlastende Funktionen anbieten, können durch damit verbundene Bedienvorgänge Aufmerksamkeit beanspruchen und in der Folge durch visuelle Ablenkung und mentale Beanspruchung unerwünschte sicherheitsrelevante Veränderungen des Fahrverhaltens hervorrufen. Allerdings stellt die Interaktion mit Fahrerinformationssystemen bei fortschreitender Übung zunehmend geringere Aufmerksamkeitsanforderungen. Dieser Effekt des Kompetenzerwerbs ist bei der Beurteilung der sicherheitskritischen Fahrerbeanspruchung zu beachten. In einem Fahrversuch wurde die Veränderung von Ablenkungswirkungen als Folge des Kompetenzerwerbs in der Bedienung von Fahrerinformationssystemen untersucht. Als Aufgabe wurde die Zieleingabe in ein Navigationssystem gewählt. Zwei Navigationssysteme mit unterschiedlichen Mensch-Maschine-Schnittstellen wurden dabei eingesetzt. Mit denselben Systemen wurden in weiteren Trainingsstudien Daten zum Kompetenzerwerb für drei Altersgruppen erhoben. Als Methode zur kondensierten Beschreibung der Kompetenzerwerbsverläufe wurde die Schätzung von Potenzfunktionsparametern verwendet. Aufgrund unterschiedlicher Bedienelemente und abweichend konzipierter Eingabedialoge führten die Systeme wie erwartet zu deutlichen Unterschieden in der Fahrerbeanspruchung. Auch der Lernverlauf von Fahrern mittleren Alters und von älteren Fahrern wich erheblich voneinander ab. Jüngere Fahrer erreichten deutlich kürzere Bearbeitungszeiten mit beiden Systemen. Auswertungen des Blickverhaltens im Fahrversuch ergaben umfangreiche Datensätze zur visuellen Ablenkung in verschiedenen Fahrbedingungen. Der Kompetenzerhalt nach einigen Monaten war außer in der Gruppe älterer Fahrer fast vollständig. Es war kein Transfer zwischen den deutlich verschiedenen Systemen festzustellen. Die Schätzung von Potenzfunktionsparametern hat sich insgesamt als Methode zur Beschreibung des Kompetenzerwerbs bewährt. In einer weiteren Studie wurde die erste Phase des Kompetenzerwerbs für vier unterschiedliche Navigationssysteme mit der Okklusionsmethode untersucht, die als Bewertungsverfahren der visuellen Beanspruchung durch Fahrerinformationssysteme vorgeschlagen ist. Die Projektstudien leisten damit auch einen Beitrag zur Methodenentwicklung und zur Einschätzung der sicherheitsrelevanten Auswirkungen von Fahrerinformationssystemen.
Zur Unterstützung der in "dynamischen Wegweisern mit integrierten Stauinformationen" (dWiSta) gegebenen Umleitungsempfehlungen können, ergänzend oder alternativ zur Angabe der Staulänge, Reisezeitinformationen angezeigt werden. Das Forschungsvorhaben untersucht, ob geeignete Verfahren zur Berechnung/Erhebung von Fahrtzeiten auf Autobahnen vorhanden sind, und entwickelt für den Verkehrsteilnehmer verständliche Darstellungsformen der Reisezeitinformationen in den dWiSta. Es wurden vier bereits eingesetzte Verfahren zur Berechnung bzw. Messung von Fahrtzeiten und ein eigener Ansatz untersucht. Vier Verfahren nutzen als wesentliche Eingangsgrößen die von der stationären Datenerfassung an den Autobahnen bereitgestellten Verkehrskenngrößen. Ein Verfahren erkennt die Fahrzeuge an zwei Messquerschnitten wieder und berechnet die Fahrtzeit auf dem Streckenabschnitt als Differenz der Uhrzeiten bei der Überfahrt der Messquerschnitte. Die Verfahren wurden hinsichtlich ihrer Eignung in einem zweiwöchigen Testzeitraum auf drei ausgewählten Teststrecken überprüft. Der Vergleich der per Kontrollmessung erhobenen Fahrtzeiten mit den berechneten der einzelnen Verfahren zeigt bei günstigen Randbedingungen gute Übereinstimmungen. Günstige Randbedingungen liegen im Allgemeinen dann vor, wenn die Messquerschnittsabstände etwa bis zu 2 km auseinander liegen und die Verkehrsstörung, die eine Fahrtzeitverlängerung bewirkt, sich in den Verkehrskenngrößen widerspiegelt. Bei einem freien sowie dichten Verkehrsfluss betragen dann die Unterschiede, bezogen auf eine 10 km lange Bezugsstrecke, in der Regel weniger als eine Minute. Für die Verkehrsstufen "zähfließend" und "gestaut" ist die Datengrundlage für eine Beurteilung der Berechnungsverfahren nicht ausreichend. Im wahrnehmungspsychologischen Teilprojekt werden aus zehn Vorschlägen möglicher Anzeigeformen unter anderem durch eine Befragung von Kraftfahrern drei Varianten sowie die Regellösung (ohne Reisezeitinformation) in einer experimental-psychologischen Laboruntersuchung getestet. Der Test besteht aus Entscheidungsaufgaben unter vorgegebenen Kriterien, der vollständigen Informationsaufnahme aller Schildinhalte unter Zeitdruck sowie einer subjektiven Einschätzung der Varianten auf den Dimensionen Lesbarkeit, Verständlichkeit und Akzeptanz. Keine der getesteten Varianten überschreitet den verfügbaren zeitlichen Rahmen, der sich durch das zweimalige Darbieten des Schildes bei einer Fahrt mit 100 km/h auf der Autobahn ergibt. Die Zeitspanne für die Informationsaufnahme und -verarbeitung und die Entscheidung bleibt in den Laborbefunden weitestgehend innerhalb dieser Grenzen. Aus Sicht der Verkehrsteilnehmer bietet die Variante, die nur die Information über einen möglichen Reisezeitgewinn durch die Nutzung der Umfahrung explizit anzeigt, die optimale Anzeigeform. Sie vereint eine schnelle Informationsaufnahme durch möglichst wenig zusätzliche Informationen mit einer guten Verständlichkeit. Im weiteren Verlauf des Forschungsvorhabens wird auf technische und betriebliche Randbedingungen eingegangen, die bei der Berechnung und der Anzeige von Reisezeitinformationen in dWiSta zu beachten sind. Die Notwendigkeit automatisierter Steuerungsmodule zur Empfehlung/Schaltung einer Alternativroute im Störungsfall wird aufgezeigt, aber im Rahmen dieses Forschungsvorhabens nicht näher untersucht.
Das FE-Projekt verfolgt das Ziel, Erhebungsverfahren zur Bestimmung des Befolgungsgrades von Alternativroutenempfehlungen an Netzbeeinflussungsanlagen (NBA) vorzuschlagen. Dazu wurde - nach der Ermittlung relevanter Faktoren auf das individuelle Entscheidungsverhalten - das Spektrum bekannter Methoden und Verfahren systematisch analysiert, und daraus schlüssige und handhabbare Empfehlungen für eine praktische Umsetzung abgeleitet. Wesentliche Untersuchungsergebnisse sind: Neben den Anzeigen auf Schildern einer NBA haben folgende Faktoren starken Einfluss auf die Entscheidung zur Befolgung einer Empfehlung: die Struktur des zulaufenden Verkehrsstromes (z.B. Quellen und Ziele der Fahrten, Fahrtzwecke), die Informationslage (Informationen aus Verkehrsfunk, Navigationssystem, eigener Beobachtung), die Umfeldsituation (z.B. Wetter und Sicht, die Qualität des Verkehrsflusses im Vorfeld der NBA sowie am Entscheidungspunkt) sowie Merkmale der Kfz-Nutzer (z.B. Ortskenntnis, Präferenzen/Motive). Die Heterogenität der individuellen, situativen und verkehrlichen Einflüsse im Umfeld jeder einzelnen NBA sowie starke zufällige Schwankungen der Zusammensetzung des zu beeinflussenden Verkehrsstromes erschweren die Bestimmung des Befolgungsgrades mit einem allgemein gültigen und auf unterschiedliche Anlagen übertragbaren Verfahren. Die Untersuchung von Verfahren der Beobachtung und Befragung ergab hohe zu erwartende Aufwendungen für die Erhebungsdurchführung bei gleichzeitig begrenzter Verbesserung erzielbarer Ergebnisse. Eine pragmatische Möglichkeit zur Ermittlung von Befolgungsgraden ist die Auswertung von Verkehrsdaten (Fahrzeugmengen), die in einem engen Zeitraum von höchstens 15 Minuten vor und nach Einschalten einer Empfehlung an Ein- und Ausfahrten eines beeinflussten Knotenpunkts erfasst werden. Die Übertragbarkeit der auf diese Weise ermittelten Werte auf andere Anlagen ist jedoch nur unter Berücksichtigung definierter Vergleichskriterien möglich. Die tatsächliche Wirksamkeit von Beeinflussungsanlagen kann bei Anwendung statistischer Testverfahren durch kurzzeitige Versuchsschaltungen nachgewiesen werden. Zur Bestimmung der Befolgungsgrade von NBA wird empfohlen, Stated-Response-Methoden (Messung individueller Präferenzen) anzuwenden. Diese Methode bietet den zusätzlichen Nutzen der Berücksichtigung von Effekten relevanter Einflussfaktoren bei der Interpretation festgestellter Befolgungsgrade.