83 Unfall und Mensch
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Gegenstand der Untersuchung, bei dem die Blutalkoholuntersuchungsbefunde des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bonn aus den Jahren 1997, 1999 und 2003 retrospektiv ausgewertet wurden, war zum einen die Frage nach dem Frauenanteil und der Beteiligung von Alkoholikern an der Trunkenheitsdelinquenz im Straßenverkehr. Zum anderen sollte nachvollzogen werden, inwieweit die im Laborversuch ermittelten Konversionsfaktoren bei der Anwendung in der polizeilichen Praxis bestätigt werden können. In der wissenschaftlichen Diskussion der pharmakokinetischen Grundlagen wurden nach Trinkversuchen unter Laborbedingungen Zweifel an einer ausreichend gesicherten Korrelation zwischen Atem- und Blutalkoholkonzentration geäussert. Die Auswertung von 1.889 Datensätzen mit dem Ziel der Analyse der Zusammenhänge zwischen Blut- und Atemalkoholkonzentration in der Praxis ergab im Vergleich zu einer früheren Studie, dass die Resultate innerhalb enger Grenzen übereinstimmen und sie die Verhältnisse im tatsächlichen polizeilichen Einsatz abbilden. Bei der Geschlechterverteilung ergab sich ein Frauenanteil von 9 Prozent, bei mindestens 7 Prozent der Teilnehmer ist eine Alkoholproblematik zu vermuten.
Der Nachweis von Geringstmengen Benzoylecgonin (BZE) deutet bei Gelegenheitskonsumenten nicht zwingend auf eine akute Verkehrssicherheitsgefährdung hin, zumal der kokainerge Metabolismus starken interindividuellen und geschlechtsspezifischen Schwankungen unterliegt (BOWMAN et al., 1999; LUKAS et al., 1996; HAMILTON et al., 1977) und die gemessene BZE-Konzentration vom Zeitpunkt der Kokaineinnahme und der Höhe der eingenommenen Kokaindosis abhängt (ITEN, 1994; AMBRE, 1985). Eine starke interindividuelle Varianz wurde auch bei der Einlagerung von Kokain oder BZE in Haaren festgestellt (HARKEY, 1995). Im Gegensatz zu den Gelegenheitskonsumenten weisen Kokainabhängige in einem Abstinenzraum von mindestens drei Monaten neurologische, neuropsychologische und teilweise auch psychiatrische Defizite auf, die verkehrssicherheitsrelevant sind. Somit würde bei bekannter Kokainabhängigkeit der Nachweis von Geringstmengen BZE bereits ein ausreichender Indikator für eine verkehrssicherheitsrelevante Funktionsbeeinträchtigung sein.
In einer bundesweiten Umfrage bei den Fahrerlaubnisbehörden wurde versucht, einen Einblick in die Umsetzungsrealität und die Zielgenauigkeit der gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen bei drogenbeeinflussten Kraftfahrern zu erhalten. Die Behörden dokumentierten über ein halbes Jahr lang jeden Fall von Eignungszweifeln hinsichtlich Betäubungs- und Arzneimittel. Fast 90 Prozent der betroffenen Personen waren Männer, fast zwei Drittel gehörten zur Altersgruppe der 18-24-Jährigen, etwa ein Viertel war 25-35 Jahre alt. In den weitaus meisten Fällen waren die Einleitungsanlässe nach Paragraf 14 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) Einnahme oder Besitz von Betäubungsmitteln (BtM). Deutlich seltener wurde die gelegentliche Einnahme von Cannabis, verbunden mit weiteren Tatsachen, angegeben. Die Behörden erhielten ihre Informationen größtenteils von der Polizei, gefolgt von den Staatsanwaltschaften. Zur Klärung der Zweifel an der Fahreignung wurde am häufigsten ein fachärztliches Gutachten angefordert (in 44 Prozent der Fälle), in etwa 29 Prozent der Fälle ein ärztliches Screening beziehungsweise ein toxikologisches Gutachten und in rund 27 Prozent der Fälle eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU). Letztere kann laut FeV dann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen, und ist anzuordnen, wenn die Fahrerlaubnis aus einem der einschlägigen Gründe entzogen war oder zu klären ist, ob eine Abhängigkeit oder Einnahme weiterhin besteht. Ein ärztliches Gutachten kann angeordnet werden, wenn der Betroffene BtM im Sinne des BtM-Gesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat, und ist anzuordnen, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass Abhängigkeit, Einnahme von BtM oder missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen Stoffen vorliegt. Die ersten Analysen zeigen, dass sowohl zwischen den Bundesländern als auch zwischen den Behörden innerhalb der Länder beträchtliche Unterschiede in der Vorgehensweise bei Drogenfällen existieren.