71 Verkehrstheorie
Qualitätsstufenkonzepte zur anlagenübergreifenden Bewertung des Verkehrsablaufs auf Außerortsstraßen
(2015)
In den RIN (2008) wird für Netzabschnitte der Nachweis der Einhaltung von Zielvorgaben für die angestrebte mittlere Pkw-Fahrtgeschwindigkeit gefordert, ohne dass Verfahren zur Ermittlung der tatsächlichen Fahrtgeschwindigkeit auf einem Netzabschnitt angegeben sind. Deshalb sollten bei der Überarbeitung des HBS (2001) geeignete Verfahren für die Ermittlung der zu erwartenden Fahrtgeschwindigkeit auf Autobahnen, Landstraßen sowie Hauptverkehrsstraßen erarbeitet werden. Neben einer damit möglichen Überprüfung aus netzplanerischer Sicht sollte auch ein eigenes Konzept zur Bewertung des Verkehrsablaufs auf Netzabschnitten entwickelt werden. Hierfür galt es ein geeignetes Qualitätskriterium abzuleiten. Dazu wurden zunächst bisherige Ansätze zur Bewertung des Verkehrsablaufs auf Netzabschnitten auf Basis von Fahrtgeschwindigkeiten, Fahrtzeiten und/oder sich auf diese Kenngrößen beziehender Indizes analysiert und hinsichtlich ihrer Eignung vergleichend bewertet. Hierauf aufbauend erfolgte die Festlegung des Konzepts zur anlagenübergreifenden Bewertung. Neben Ansätzen auf Basis der absoluten Fahrtgeschwindigkeit wurden auch Ansätze sowohl mit Fahrtgeschwindigkeit als auch mit Fahrtzeitindizes untersucht. Es wurden für Netzabschnitte von Autobahnen und Landstraßen entsprechende Verfahren für die netzplanerische Bewertung in Form von Stufen der Angebotsqualität (SAQ) erarbeitet. Dazu wurden netzplanerische Bezugsgrößen hergeleitet, welche zur Beurteilung der Angemessenheit einer bestehenden bzw. geplanten Anlage unter Berücksichtigung der maßgebenden Verbindungsfunktionsstufe im Sinne der RIN (2008) dienen. Die Ergebnisse wurden als standardisierte Verfahren zur Integration in den Entwurf des HBS (2012) aufbereitet. Des Weiteren wurde auch der jeweilige Anwendungsbereich der Berechnungsverfahren definiert. Für Fälle außerhalb des jeweiligen Anwendungsbereichs sind ergänzende Hinweise zur Anwendung alternativer Verfahren, wie beispielsweise mikroskopische Verkehrsflusssimulationen, enthalten.
Im Rahmen der Untersuchung wurde der Einfluss von Lang-Lkw auf den Verkehrsablauf an planfreien Knotenpunkten mit Hilfe des mikroskopischen Simulationsprogramms BABSIM analysiert. Dazu wurde der Verkehrsablauf an verschiedenen Typen von Ausfahrten und Einfahrten sowie einer Verflechtungsstrecke nachgebildet. Die Simulationsmodelle der Untersuchungsstellen wurden anhand der Daten von Dauerzählstellen für Schwerverkehrsanteile zwischen 10 % und 15 % kalibriert und validiert. Für jede Untersuchungsstelle wurden Simulationen mit Lang-Lkw-Anteilen von 0 %, 1 %, 2 % und 5 % der Gesamtverkehrsstärke sowie in der Regel drei unterschiedlichen Verkehrsstärkeanteilen des ein- bzw. ausfahrenden Verkehrs durchgeführt. In einem weiteren Ansatz wurden Szenarien verglichen, bei denen die Transportleistung von drei herkömmlichen Lkw durch zwei Lang-Lkw ersetzt wurde. Für jedes Szenario wurde der Mittelwert der Verkehrsstärken vor Zusammenbrüchen des Verkehrsflusses als Schätzwert der Kapazität ermittelt. Insgesamt liefern die Ergebnisse der Verkehrsflusssimulationen einen Anhaltspunkt dafür, dass die Kapazität von planfreien Knotenpunkten bei den hier analysierten hohen Lang-Lkw-Anteilen von 1 bis 5 % der Gesamtverkehrsstärke im Allgemeinen nur gering beeinflusst wird. Die ermittelten Auswirkungen der Lang-Lkw auf die Kapazität liegen in der Größsenordnung der Bandbreite der Kapazität, die in der Realität auch im Vergleich unterschiedlicher Knotenpunkte mit ähnlichen verkehrlichen und streckengeometrischen Randbedingungen auftreten.