Die Jahresauswertung 1990 der Langzeitzählstellen in der Bundesrepublik Deutschland enthält Hinweise zur allgemeinen Verkehrsentwicklung auf Bundesfernstraßen sowie Einzelergebnisse der Langzeitzählstellen. Bei der Darstellung der allgemeinen Verkehrsentwicklung wurden 1990 auch die Ergebnisse der fünfjährigen Straßenverkehrszählung berücksichtigt. Für die neuen Bundesländer liegen keine Daten von automatischen Zählstellen vor; deshalb beziehen sich alle Angaben der Jahresauswertung 1990 auf die alten Bundesländer. Dabei wurden 777 Zählstellen ausgewertet. An 658 dieser Zählstellen war eine getrennte Erfassung der Lkw möglich. Sie verteilen sich unterschiedlich auf die einzelnen Straßenklassen. Auf Autobahnen entfallen 44,8 %, auf Bundesstraßen 40,7 %, 12,9 % auf Landes- und Staatsstraßen, sowie 1,7 % auf Kreis- oder Gemeindestraßen. Im Bericht wird die Datenaufbereitung und die Verkehrsentwicklung auf Bundesfernstraßen behandelt.
Durch die langjährige Teilung Deutschlands haben sich die Verkehrssysteme in Ost und West weitgehend unabhängig voneinander entwickelt. So sind die Ausgangsbedingungen für die Verkehrsteilnehmer - andere Fahrzeuge, Fahrerlaubnisse und Fahrerfahrungen - sehr unterschiedlich. Ein Beispiel hierfür ist die Bedeutung von Motorrädern in Ost und West: Alltägliches Transportmittel hier, Mittel zur Freizeitgestaltung dort. Unterschiede zeigen sich ebenfalls bei der durchschnittlichen Gesamtfahrleistung eines Autofahrers, die er seit Fahrerlaubniserwerb erbracht hat, sie liegt im Westen bei 194.000 km, im Osten bei etwa 127.000 km. Auch die Einstellungen und Meinungen zum Straßenverkehr und zur Straßenverkehrssicherheit weichen teilweise voneinander ab: Bezogen auf westliche Autobahnen befürworten beispielsweise 56 Prozent der Bevölkerung im Westen gegenüber 73 Prozent im Osten ein generelles Tempolimit. Die Verkehrsteilnehmer im Osten räumen der polizeilichen Überwachung einen größeren Stellenwert ein, plädieren für niedrigere Promillegrenzen und sehen weit stärker als die Verkehrsteilnehmer im Westen im intensivierten Straßenbau einen Garanten für mehr Verkehrssicherheit. Der vorliegende Bericht liefert aufgrund einer repräsentativen Befragung einen umfassenden Überblick über die Verkehrsbeteiligung, die Einstellungen und Meinungen sowie die Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer in Ost und West. Insgesamt wurden 2.000 Personen in den alten und 2.500 Personen in den neuen Bundesländern befragt. Vorhandene Informationen über die Verkehrsteilnehmer in Ost und West werden durch die Ergebnisse dieses Berichtes teils bestätigt, teils differenziert und in vielerlei Hinsicht erweitert.
Teil 1: Es erfolgt eine Strukturanalyse zum Unfallgeschehen in den "Neuen Bundesländern" (fünf neue Bundesländer und Berlin (Ost) für den Zeitraum 1988 bis 1990 und der Vergleich mit dem Unfallgeschehen der Alten Bundesländer im Jahre 1990. Untersuchungsgegenstand sind Unfälle mit Personenschaden und insbesondere die im Straßenverkehr Getöteten nach dem 30-Tage-Erfassungszeitraum. Als Datenquelle lag Tabellenmaterial der Statistischen Ämter zugrunde. In den Neuen Bundesländern ergab sich 1990 ein Anstieg der Unfälle mit Personenschaden um + 46 Prozent, dabei nahm die Anzahl der Straßenverkehrstoten gegenüber dem Vorjahr um + 76 Prozent zu. Um die ungünstige Entwicklung in den Neuen Bundesländern differenziert darzustellen, erfolgt eine Untergliederung nach wesentlichen Strukturmerkmalen des Unfallgeschehens: Ortslage, Art der Verkehrsbeteiligung, Lebensalter der Verkehrsteilnehmer, Unfallart, Straßenzustand, Lichtverhältnisse, Unfallverursacher und Unfallursachen. Dabei werden Unterschiede in der Unfallstruktur zwischen den Neuen und den Alten Bundesländern für das Jahr 1990 herausgearbeitet. Diese Tabellenanalyse dient nicht nur der Deskription, sondern ist als erster Schritt in Hinblick auf die Identifikation von Problembereichen der Verkehrssicherheit und die Einführung von Maßnahmen für die Hebung der Verkehrssicherheit in den Neuen Bundesländern gedacht. Erkennbar wird, dass sich die geänderten Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel "schnelle Pkw-Verfügbarkeit", insbesondere bei den jungen Erwachsenen auswirken; gefahrenträchtige Fehlverhaltensweisen wie "Alkohol und Fahren", "überhöhte Geschwindigkeit" und "ungenügender Sicherheitsabstand" zunehmen; infrastrukturelle Mängel zum Beispiel auf Autobahnen häufig zum "Zusammenstoß mit entgegenkommenden Fahrzeug" führen. Teil 2: Es wird ein kurzer vergleichender Überblick über Niveau und Entwicklung der Verkehrssicherheit gegeben. Dabei steht das Unfallgeschehen in den Neuen Bundesländern vor und nach der "Wende" im Vergleich zur "alten" Bundesrepublik sowie die Einordnung in den Kontext der Verkehrssicherheit in 8 europäischen Vergleichsländern und den USA im Vordergrund. Informiert wird über einige Rahmenbedingungen sowie über Getötetenzahl, Struktur- und Risikovergleiche. Von ungünstiger Ausgangslage hat sich das Risiko, im Verkehr tödlich zu verunglücken, im westlichen Deutschland - D(W) - in den zurückliegenden Jahren günstig entwickelt; D(W) liegt auf mittlerer Position mit weiterhin günstiger Tendenz. Im östlichen Deutschland - D(O) - wird ein Strukturbruch deutlich: bis 1989 lag dort das globale bevölkerungsbezogene Risiko in der Größenordnung der günstigsten hochmotorisierten europäischen Vergleichsländer Großbritannien, Niederlande und Schweden; 1990 haben sich in D(O) die Risikowerte etwa verdoppelt, dabei sind einzelne Unfallbereiche besonders betroffen; für 1991 ist eine weitere Verschlechterung absehbar, bei der D(O) beim Sicherheitsvergleich die Spanne der europäischen Vergleichsländer überschreiten dürfte.