Konzeptentwicklung und Durchführung eines Praxistests zur Qualitätsprüfung von Stauende-Daten
(2022)
Stauenden können für die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährliche Ereignisse darstellen. Insbesondere auf Autobahnen kommt es bei Auffahrunfällen zu schweren Personen- und Sachschäden. Eine rechtzeitige Information der Straßenbetreiber und eine Warnung der Verkehrsteilnehmer über Stauenden birgt ein hohes Potential zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und des Verkehrsablaufes. Voraussetzung ist, dass solche Ereignisse zuverlässig erkannt werden, was durch eine stationäre Detektion, wie sie von den Straßenbetreibern betrieben wird, nur eingeschränkt möglich ist.
Eine Alternative zur Stauwarnung über stationäre Detektion sind Services von Datenanbietern und Navigationsdienstleistern, die über fahrzeugseitig generierte Daten, wie beispielsweise Floating Car Data (FCD), Stauenden erfassen und entsprechende Warnungen an ihre Nutzer (Verkehrsteilnehmer) kommunizieren. Doch welchen Kriterien müssen diese fahrzeuggenerierten Daten zur Erfassung von Stauenden im Hinblick auf deren Beschaffenheit bzw. Qualität für Zwecke des Verkehrsmanagements und der Verkehrsinformation unterliegen? Welche Mindestanforderungen sind an die Anbieter von kommerziell erhältlicher Stauende-Daten zu richten, für den Fall, dass die öffentliche Hand entsprechende Daten im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung beschaffen möchte?
Im Rahmen dieses Projektes wurde durch einen Praxistest im Realbetrieb eine Evaluierung von kommerziell zugänglichen Stauende-Daten vorbereitet, begleitet, umgesetzt und ausgewertet. Dies erfolgte anhand einer Bewertung der Detektions-Qualität auf Grundlage verschiedener Qualitätskriterien für Stauende-Daten. Als Teststrecke wurde auf der BAB 81, zwischen der AS Ludwigsburg-Nord und AS Ludwigsburg-Süd in Fahrtrichtung Stuttgart, ein Abschnitt mit einer sich noch nicht in Betrieb befindenden temporären Seitenstreifenfreigabe (TSF) genutzt. Unter Nutzung von Videodaten der Straßenverkehrszentrale Baden-Württemberg aus drei aufeinanderfolgenden Verkehrskameras der TSF wurden Stauende-Daten erhoben und potenzielle Kandidaten für gefährliche Stauenden mittels automatischer Videoanalyse und computergestützter Videoinspektion ermittelt. Daran anschließend wurden die eigens erhobenen Stauenden mit den Stauende-Meldungen der Datenanbieter verglichen.
Die Erkenntnisse aus dem Praxistest sollten die aus der Literatur bekannten Qualitätsanforderungen an Stauende-Daten konkretisieren, um diese in künftigen Ausschreibungen der öffentlichen Hand verwenden zu können. Dazu wurden für die zu beschaffenden Stauende-Daten die Anforderungen an die Qualität und die Service Level für deren Bereitstellung beschrieben. Zudem wurde Empfehlungen hinsichtlich der vergaberechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten für ein Ausschreibungsverfahren formuliert, die im Rahmen einer Beschaffung den Qualitätsnachweis von Stauende-Daten sicherstellen können.
Infolge bestimmter Erkrankungen kann es zu motorischen, sensorischen und/oder kognitiven Leistungsbeeinträchtigungen kommen, die sich negativ auf das Führen eines Fahrzeuges auswirken können. Trotz intensiver Forschungsbemühungen sind aktuell die komplexen Zusammenhänge zwischen kognitiven Leistungsbeeinträchtigungen und der Fahrkompetenz noch nicht vollumfänglich verstanden.
Primäres Ziel dieses Berichtes war es, anhand der Darstellung und Analyse aktueller und zentraler wissenschaftlicher Erkenntnisse zu einem besseren Verständnis krankheitsbedingter Beeinträchtigungen der Fahrkompetenz beizutragen.
Dazu wurde zunächst der Einfluss von sechs neurologischen und neurodegenerativen Erkrankungen auf das Fahrverhalten der Betroffenen beschrieben und analysiert. Die Auswahl der Erkrankungen erfolgte dabei aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Prävalenzen und den typischerweise bei ihnen auftretenden neurologischen und neuropsychologischen Symptomen, welche für die Beantwortung zentraler Fragestellungen dieses Berichtes von besonderer Bedeutung sind. Aus der Kombination ausgewählter verkehrssicherheitskritischer Parameter wurde die Relevanz der einzelnen Erkrankungen für die Verkehrssicherheitsarbeit abgeleitet. Diese Erkenntnisse liefern wichtige Hinweise darauf, welche Erkrankungen zukünftig, beispielsweise im Rahmen von Informations- und Aufklärungsmaßnahmen oder Forschungsprojekten, verstärkt adressiert werden sollten. Um ein möglichst vollständiges Bild des aktuellen Forschungsstandes wiederzugeben, wurden auch Studien, die aufgrund von methodischen Schwächen (z. B. kleine Stichprobe) nur eine begrenzte Aussagekraft haben, bei der Bewertung der einzelnen Störungen berücksichtigt. Durch dieses Vorgehen sollten zudem mögliche (systematische) Schwächen in dem Forschungsgebiet identifiziert und analysiert werden können.
Anhand der zur Verfügung stehenden Daten ergibt sich für die Demenzen, Schädel-Hirn-Traumata und die hepatische Enzephalopathie eine hohe Relevanz für die Verkehrssicherheitsarbeit. Etwas geringer, aber weiterhin als hoch zu bewerten, stellt sich die Relevanz von Morbus Parkinson für die Verkehrssicherheitsarbeit dar. Die Relevanz von Schlaganfällen für die Verkehrssicherheitsarbeit ist anhand der zur Verfügung stehenden Daten am ehesten als moderat, die der leichten kognitiven Störung (LKS) am ehesten als gering zu bezeichnen. Diese Aussagen beziehen sich dabei auf ein aus den berücksichtigten Forschungsarbeiten abgeleitetes theoretisches Risiko auf Gruppenebene. Dieses eignet sich ausdrücklich nicht, um fahreignungsbezogene Rückschlüsse zu ziehen. Ableitungen auf das individuelle Risiko eines erkrankten Fahrers sind unzulässig
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Anhand der berücksichtigten Veröffentlichungen konnten zudem Zusammenhänge zwischen kognitiven Leistungen und der Fahrkompetenz beschrieben werden. Dabei scheint neben den Aufmerksamkeits- und visuell-räumlichen Leistungen insbesondere exekutiven Leistungen eine besondere Relevanz bei der Bewältigung der Fahraufgabe zuzukommen. Es ergeben sich Hinweise, dass die Durchführung individueller Trainings zur Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit, praktische Fahrtrainings sowie zielgruppenspezifische Maßnahmen zu einer nachhaltigen Verbesserung der Verkehrssicherheit beitragen können. Insgesamt gilt es, Betroffene, Behandelnde und Akteure der Verkehrssicherheit verstärkt für das Thema krankheitsbedingt beeinträchtigte Fahrkompetenz zu sensibilisieren.
Im Hinblick auf zukünftige Aktivitäten wird aufgrund der Limitation aktueller wissenschaftlicher Veröffentlichungen empfohlen, einen theoretisch und/ oder empirisch fundierten methodischen Leitfaden zur Erstellung von Fahrkompetenzstudien zu entwickeln und zu veröffentlichen. Zukünftige Forschungsschwerpunkte könnten kognitive Anforderungen spezifischer Fahraufgaben, vertiefende Analysen von Erkrankungen und ihrem Zusammenhang mit der Fahrkompetenz sowie die Entwicklung valider Mess- und Testverfahren sein.
Mittel- bis langfristig sollen sich anhand der dargestellten Maßnahmen krankheitsbedingte Risiken im Straßenverkehr reduzieren lassen und neue Wege zum Erhalt der Mobilität erkrankter Fahrer identifiziert werden können.
Fahrbahnmarkierungen dienen der Ordnung bzw. der optischen Führung des Individualverkehrs und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Verkehrssicherheit. Für die in Deutschland auf Bundesfernstraßen eingesetzten Fahrbahnmarkierungen sind hierfür definierte Anforderungen in den Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Markierungen auf Straßen (ZTV M 13) für den Neu- und Gebrauchszustand festgelegt. Die Überprüfung der Einhaltung der Mindestanforderungen eines einzelnen Markierungssystems erfolgt im Rahmen einer Eignungsprüfung auf der Rundlaufprüfanlage (RPA) der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) gemäß den EN 13197.
Zunehmend unzufriedenstellend waren in den vergangenen Jahren die Prüfergebnisse der auf der RPA getesteten thermoplastischen Markierungssysteme, die im Vergleich zu Systemen anderer Markierungsmaterialien eine auf Verschleiß ausgerichtete Charakteristik aufweisen. Während nach dem Einbau der nach EN 13197 vorgeschriebenen Reifenkühlung im Jahr 2013 noch nahezu alle geprüften Markierungssysteme die RPA-Prüfung erfolgreich absolvierten, erfüllte im Jahr 2017 ein Großteil der geprüften Markierungssysteme nicht die Mindestanforderungen an die Griffigkeit. Da die Griffigkeit laut Rückmeldungen in der Praxis eher selten ein Problem darstellt, wurde zur Ursachensachenforschung eine Praxisbewährung für thermoplastische Markierungssysteme initiiert.
Der Startschuss der Praxisbewährung erfolgte mit der Applikation 19 verschiedener Thermoplastiken im Jahr 2018 auf dem bereits angelegten Markierungsprüffeld der Bundesstraße 4 zwischen Bad Harzburg und Torfhaus (Landkreis Goslar). Zur Bewertung des Leistungsverhaltens wurden die verkehrstechnischen Eigenschaften (Tages- / Nachtsichtbarkeit und Griffigkeit) im Neu- und Gebrauchszustand anhand eines definierten Messrasters sowie Zeitintervalls gemessen. Während einer Liegedauer von zwei Jahren konnte mithilfe vorliegender DTVWerte sowie eines unterstützenden Abgleichs zwischen den auf dem Prüffeld und den auf der RPA bestimmten Messergebnissen des RPA-Referenzmusters (Markierungsfolie) die Überrollungsklasse P6 (2 Mio. Überrollungen) ermittelt werden.
Im Vergleich zu den auf der RPA erzielten Ergebnissen bildet auf dem Prüffeld im Allgemeinen nicht die Griffigkeit, sondern die Nachtsichtbarkeit die kritische Größe. Als eine der zahlreichen möglichen Ursachen kommt, u. a. neben den wählbaren, zulässigen und individuellen Parametereinstellungen für die RPA-Prüfung gemäß EN 13197, die divergierende Rautiefe zwischen den in der Laborprüfung verwendeten Probeträgern (Rauheitsklasse RG1) und der Asphaltdeckschicht des Prüffelds (Rauheitsklasse RG3) in Betracht.
In Anbetracht der Ergebnisse, der gewonnenen Erkenntnisse, der voraussichtlichen Dauer zwischen der Applikation und dem Abschluss der Prüfung sowie des mit einer ergänzenden Praxisbewährung hohen erforderlichen Personaleinsatzes sollte grundsätzlich auch weiterhin von einer Prüfung von Markierungssystemen auf dem Prüffeld abgesehen werden. Untersuchungen auf dem Prüffeld eignen sich hingegen gut, um beispielsweise einen Abgleich der Ergebnisse auf der RPA mit Ergebnissen aus der praktischen Anwendung zu vollziehen und mögliche Ursachen für Unterschiede zu identifizieren.
Zur Bewertung, inwieweit die seit Oktober 2005 bestehende Empfehlung des BMVI zum Fahren mit Licht am Tag befolgt wird, wurde 2007 erstmals die Erfassung der Lichteinschaltquoten (LEQ) am Tag in Deutschland durchgeführt. Das seinerzeit entwickelte Erhebungskonzept (SIEGENER ET AL., 2008) und die überarbeitete Auswertemethodik (KATHMANN ET AL., 2020) wurden so konzipiert, dass eine kontinuierliche und systematische Fortschreibung der Ergebnisse in regelmäßigen Abständen möglich ist.