Berichte der Bundesanstalt für Straßen- und Verkehrswesen, Reihe F: Fahrzeugtechnik
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Statischer und dynamischer Fahrsimulator im Vergleich: Wahrnehmung von Abstand und Geschwindigkeit
(2016)
Die Methodik der experimentellen Fahrsimulation gewährleistet sichere Anwendungsforschung unter hoher Kontrollierbarkeit. Obwohl gegenwärtig viele Forschungsfragen in virtuellen Umgebungen beantwortet werden, existieren weder systematische Validierungsszenarien für Fahrsimulatoren, noch wurde die Vergleichbarkeit der Aussagekraft von Befunden aus Fahrsimulatoren mit und ohne Bewegungssystem bislang angemessen hinterfragt. Daher sollen in der vorliegenden Studie ein statischer und ein dynamischer Fahrsimulator hinsichtlich ihrer Validität in verschieden Fahrsituationen verglichen werden, wobei der Schwerpunkt auf Abstands- und Geschwindigkeitswahrnehmung liegt. Es wird erwartet, dass ein zusätzliches Bewegungssystem nur bei Fahraufgaben mit dynamischer Involvierung einen Redundanzgewinn für die Wahrnehmung des Fahrers liefert. Werden hingegen konstante Abstände eingehalten, sollten entsprechend der Hypothese beide Prüfumgebungen äquivalente Resultate zeigen. Insgesamt durchfuhren 60 Probanden Fahrszenarien zur Abstandsherstellung und -einschätzung, teils mit Okklusion, sowie Folgefahrten mit Beschleunigung und Verzögerung. Die Querführung wurde mithilfe einer Gassendurchfahrt untersucht. Indem die virtuelle Umgebung nach Vorbild einer real existierenden Teststrecke konstruiert wurde, kann ebenfalls auf reale Referenzwerte Bezug genommen werden. Die Ergebnisse weisen auf eine vergleichbare relative Validität zwischen statischem und dynamischem Simulator hin, wenn keine Kinetik in der Fahraufgabe vorhanden ist. In Beschleunigungssituationen bewirkt simulierte Fahrdynamik signifikante Wahrnehmungseinbußen, wobei das Bewegungssystem in Bremssituationen die Wahrnehmung signifikant unterstützt. In dem Querführungsszenario ist die Fahrgeschwindigkeit im statischen Simulator zwar signifikant höher und damit näher an der realen Referenz, allerdings wird im statischen Simulator eine auffällig nach rechts versetzte Spur gehalten. Dennoch, so der vorrangige Befund, sollte auch ein statischer Fahrsimulator valide Evaluationen für die meisten Fahraufgaben gewährleisten.
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Kamera-Monitor-Systeme (KMS) können bei Kraftfahrzeugen dazu verwendet werden, die Sicht nach hinten für den Fahrer auf einem im Fahrzeug montierten Monitor darzustellen. Dies bietet auch die Möglichkeit, herkömmliche Außenspiegel durch geeignete KMS zu ersetzen und damit neue Designvarianten mit aerodynamischen Vorteilen umsetzen zu können. Da es sich bei den Außenspiegeln jedoch um ein sicherheitsrelevantes Fahrzeugteil zur Gewährleistung der indirekten Sicht nach hinten handelt (Anforderungen sind in der UN-Regelung Nr. 46 festgelegt), stellt sich die Frage, ob KMS einen gleichwertigen Ersatz für Spiegel bieten können. In der vorliegenden Studie wurden das KMS und der herkömmliche Außenspiegel während der Durchführung von Versuchsfahrten und statischen Tests unter verschiedenen äußeren Bedingungen verglichen und bewertet. Untersuchungsgegenstand waren zum einen technische Aspekte, zum anderen Fragestellungen zur Gestaltung der Mensch-Maschine-Interaktion. Für die Versuche mit Pkw standen zwei Fahrzeuge zur Verfügung: Ein Fahrzeug, das in Kleinserie hergestellt wird und bereits nur mit KMS als Ersatz für Außenspiegel ausgerüstet ist, sowie ein Fahrzeug der Kompaktklasse, an dem sowohl ein KMS als Nachrüstsatz verbaut war als auch die herkömmlich vorhandenen Außenspiegel. Letztere konnten für Fahrten ausschließlich mit KMS abgedeckt werden. Für die Versuche am Lkw stand eine Sattelzugmaschine mit Auflieger zur Verfügung. Die Fahrerkabine war mit einem nachgerüsteten KMS ausgestattet. Grundsätzlich hat sich gezeigt, dass es möglich ist, die indirekte Sicht nach hinten sowohl bei Pkw als auch bei Lkw durch KMS, die gewisse Qualitätskriterien erfüllen, für den Fahrer ausreichend darstellen zu können. Je nach Ausgestaltung bietet ein KMS sogar die Möglichkeit, mehr Information über den rückwärtigen Raum zu präsentieren als es mit Spiegelsystemen möglich ist. Es hat sich auch gezeigt, dass der Umstieg von Spiegeln auf KMS immer einer gewissen Gewöhnungsphase bedarf, diese jedoch verhältnismäßig kurz ist und nicht notwendigerweise zu sicherheitskritischen Situationen führt.