610 Medizin und Gesundheit
Die überarbeiteten neugefassten Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung beinhalten zum ersten Mal Leitlinien aus medizinischer und psychologischer Sicht. Sie entstanden durch die Zusammenführung der fünften Auflage der Begutachtungsleitlinien Krankheit und Kraftverkehr und des Psychologischen Gutachtens Kraftfahreignung. Die Leitlinien gründen auf den Ausführungen der Zweiten Führerscheinrichtlinie der EG und der neuen Fahrerlaubnisverordnung.
Die Aufrechterhaltung von Mobilität im Seniorenalter und die mit ihr verbundene Krankheitsprophylaxe sind gesamtgesellschaftlich und volkswirtschaftlich als hohes Gut anzusehen. Die Erhaltung der Mobilität im Alter ist jedoch gegen das Risiko einer möglichen Verkehrsgefährdung im Einzelfall sorgfältig abzuwägen. Information und Aufklärung im Sinne von Verkehrssicherheitsarbeit mit Senioren sind notwendig, um Senioren in ihren Bemühungen um die Aufrechterhaltung der für das Führen eines Kraftfahrzeuges erforderlichen körperlichen und geistigen Gesundheit zu unterstützen. Ein wesentliches Ziel jeder Maßnahme muss es sein, ältere Verkehrsteilnehmer in die Lage zu versetzen, ihre eigenen Defizite besser zu erkennen und bewusster zu kompensieren. Die Kompetenz und Bereitschaft des einzelnen Seniors, relevante Einschränkungen rechtzeitig zu erkennen und adäquate Kompensationsmaßnahmen zu ergreifen - gegebenenfalls auch eine nicht mehr vorhandene Fahreignung zu akzeptieren - trägt zur individuellen und allgemeinen Verkehrssicherheit entscheidend bei. Das Aufzeigen und gegebenenfalls die schrittweise Hinführung zur angemessenen Nutzung alternativer Mobilitätsmöglichkeiten (zum Beispiel öffentlicher Personennahverkehr, Taxi, etc.) sollten ebenfalls Teil einer jeden Maßnahme sein. Ausgehend von der Begründung des BGH-Urteils vom 20.10.1987 zur kritischen Selbstprüfung und unter Berücksichtigung der Meinungsbildung zur medizinischen Kraftfahrer-Eignungsbeurteilung in den "Begutachtungs-Leitlinien" hat der DVR für die Beratung älterer Verkehrsteilnehmer eine "Checkliste für ältere Kraftfahrer" erstellt. Anhand von 14 Fragen werden einige Hinweise zur momentanen Befindlichkeit, zu Erkrankungen, zu Arzneimitteln und zur geeigneten Planung der Fahrt gewonnen. Entscheidend für den Erfolg dieser Eigenbeurteilung ist der Hinweis, bei Zweifeln den Hausarzt aufzusuchen.
Weitgehend besteht Einigkeit darüber, dass die Einnahme von Drogen mit Fahrtüchtigkeit nicht vereinbar ist. Ob dies auch auf Personen zutrifft, die Opioide unter strenger ärztlicher Kontrolle einnehmen - wie beispielsweise Schmerzpatienten - ist umstritten. Diese Fragestellung gewinnt an Bedeutung vor dem Hintergrund der geplanten Gesetzesänderung des -§ 24 a StVG, wonach Fahren unter dem Einfluss von Morphin, Heroin, Kokain und Cannabis einen Ordnungswidrigkeitentatbestand darstellt. Um eine generelle Bußgeldbewehrung für therapeutisch genutzte Arzneimittel zu vermeiden, wurde eine Ausnahmeregelung in den Gesetzesentwurf aufgenommen. Die nachfolgende Pilotstudie unternimmt den Versuch einer differenzierten Betrachtung opioidpflichtiger Schmerzpatienten, insbesondere im Hinblick auf die Bereiche, die die Verkehrssicherheit beeinflussen können. Hierzu wurde eine Literaturstudie und eine empirische Untersuchung durchgeführt. In einem weiteren Untersuchungsteil werden die rechtlichen Vorschriften zum Fahren unter Drogen-/Medikamenteneinfluss von sieben europäischen und zwei außereuropäischen Ländern zusammengestellt. Einen Schwerpunkt bildet hierbei die Bewertung ärztlich indiziierter Drogen/Medikamente durch die nationale Gesetzgebung.
56 Patienten mit einer depressiven Erkrankung, die unmittelbar vor ihrer Entlassung aus stationärer Behandlung standen, führten verkehrsrelevante psychomotorische Tests und Persönlichkeitstests durch. Die Psychopharmakatherapie befand sich im steady state. Die Angaben und Leistungen der Patienten wurden mit denen von 56 gesunden Kontrollpersonen verglichen, die nach Alter, Geschlecht und Schulbildung parallelisiert waren und keine verkehrsmedizinisch relevanten Medikamente einnahmen. In den Persönlichkeitstests (Basler Befindlichkeitsinventar, Freiburger Persönlichkeitsinventar, Depressivitätsskala nach Zerssen) wurden Differenzen zwischen den Werten der Patienten und Kontrollpersonen gefunden, die mit Residuen einer nicht vollständig abgeklungener Depression vereinbar sind. Als psychomotorische Leistungstests kamen Einfach- und Einfachwahlreaktionen (Reaktionsgerät), optische Mehrfachwahlreaktionen (Determinationsgerät DTG), Wahlreaktionen bei geteilter Aufmerksamkeit (Aufmerksamkeitsprüfgerät APG) und tachistoskopischer Auffassungsversuche (TAVT) neben einem motorischen Test (Liniennachfahren) und Bestimmung der Flimmerverschmelzungsgrenze zur Anwendung. In fast allen psychomotorischen Tests fanden sich signifikant verminderte Leistung der Patienten im Vergleich zu der Kontrollgruppe in Form von verminderten richtigen Reaktionen, vermehrten Auslassungen und verlängerten Reaktionszeiten. Die Zahl der falschen Reaktionen (DTG, APG) oder Ergänzungsfehler (TAVT) dagegen waren vergleichbar. Die Beurteilung der Fahrtüchtigkeit durch Arzt oder Patienten und Persönlichkeitstests zeigen wenig Zusammenhänge mit objektiven Leistungen. Aus diesen Ergebnissen, die in psychometrischen Laborversuchen gewonnen wurden, muss auf zu diesem Zeitpunkt noch nicht wiederhergestellte Voraussetzungen der Fahrtüchtigkeit nach schwerer depressiver Erkrankung geschlossen werden.
Trauma management (TM) covers two types of medical treatment: the initial one provided by Emergency Medical Services (EMS) and a further one provided by permanent medical facilities. There is a consensus in the professional literature that to reduce the severity and the number of road crash victims, the TM system should provide rapid and adequate initial care of injury, combined with sufficient further treatment at a hospital or trauma centre. Recognizing the important role of TM for reducing road crash injury outcome, it was decided, within the EU funded SafetyNet project, to develop road safety performance indicators (SPIs) which would characterize the level of TM systems" performance in European countries and enable country comparisons. The concept of TM SPIs was developed based on a literature study of performance indicators in TM, a survey of available practices in Europe and data availability examinations. A set of TM SPIs was introduced including 14 indicators which characterize five issues such as: availability of EMS stations; availability and composition of EMS medical staff; availability and composition of EMS transportation units; characteristics of the EMS response time, and availability of trauma beds in permanent medical facilities. Basic information on the TM systems was collected in close cooperation with the national expert group. A dataset with TM SPIs for 21 countries was created. It was demonstrated that the countries can be compared using selected TM SPIs. Moreover, a more general comparison of the TM systems' performance in the countries is possible, using multiple ranking and statistical weighting techniques. By both methods, final estimates were received enabling the recognition of groups of countries with similar levels of the TM system's performance. The results of various trials were consistent as to the recognition of countries with high or low level of the TM systems" performance, where in grouping countries with intermediate levels of the TM system's performance some differences were observed. The SafetyNet project's practice demonstrated that data collection for estimating TM SPIs is not an easy task but is realizable for the majority of countries. The TM SPIs" message is currently limited to the availability of trauma care services. Further development of the TM SPIs should focus on characteristics of actual treatment supplied, based on combined police and medical road crash related databases.
Ruptures and dissections of the thoracic and abdominal aortic vessel caused by traffic accidents are rare but potentially life-threatening injuries. They can occur by blunt trauma via seat belt or dashboard injury. The study aimed at evaluating the overall mortality, morbidity, neurological disorders, and differences in operative procedures of open repair and stenting. It shows that, with a change and improvement in diagnostic tools and surgical approach, mortality and morbidity of blunt aortic injuries were significantly reduced. Still an immediate life-threatening injury early diagnosis via multiple-slice and scans and surgical repair with minimally invasive stents showed excellent short-time results for selected patients.
Aufgabe des Projektes war eine auf deutsch- und englischsprachige Autoren beschränkte Literaturrecherche mit dem Ziel, ein geeignetes Prüfverfahren aufzuzeigen, dass im Rahmen gesetzlicher Maßnahmen zum Nachweis der Fahrtüchtigkeit nach Medikamentenwirkungen als verbindlich vorgeschrieben werden kann. Der Bearbeitung lag ein theoretisches Modell zugrunde, bei dem die Fahrtüchtigkeit als ein Konstrukt aufgefasst wird, das keiner unmittelbaren Messung zugänglich ist. Es wurden deshalb in einem ersten Operationalisierungsschritt Funktionsbereiche (Prädikatoren) etabliert, die die Fahrtüchtigkeit optimal definieren. In einem zweiten Operationalisierungschritt wurden solche Prädikatoren auf Tests zurückgeführt. Es wird eine Auswahl von Tests zusammengestellt, die aufgrund bestimmter Gütekriterien für den Nachweis der Fahrtüchtigkeit nach Arzneimitteleinnahme als valide anzusehen sind. Die Tests werden nur als ein Element des gesamten Prüfverfahrens angesehen, zu dem u.a. auch der Testverlauf, die Auswahl der Stichproben sowie die Registrierung pharmakogenetischer Kenngrößen gehören. Die erste Bearbeitungsphase des Projektes führte zu dem Vorschlag eines vorläufigen Testpolls und zu Vorschlägen über die Ausgestaltung des gesamten Testverlaufs einschließlich der zu erhebenden physiologischen Parameter und pharmakologischen Kenngrößen.
Ziel der Gesamtstudie ist die Zusammenstellung pharmakologisch geeigneter, praktikabler Versuchsplanungen sowie Untersuchungs- und Auswerteverfahren, die zur Feststellung der Wirkung von Medikamenten auf die Fahrtüchtigkeit empfohlen werden können. Im ersten Projektabschnitt der Studie erfolgt eine Literatursichtung, die sich auf deutsch- und englischsprachige Arbeiten stützt. Es werden alle unmittelbar verfügbaren Arbeiten ab dem Veröffentlichungsjahr 1970 berücksichtigt, wobei in diesen Arbeiten der Einfluss von Medikamenten auf verkehrsrelevante Leistungs- und Persönlichkeitsbereiche mit vorwiegend psychologischen Testverfahren überprüft wird. Ein Teil der Untersuchungen weist gravierende methodische Mängel auf, die sich auf Stichprobengröße, Stichprobenauswahl, Kontrollgruppendesign, fehlende Aussagen über den Versuchsablauf sowie auf Mängel in der statistischen Auswertung beziehen. Solche methodischen Mängel machen die Entwicklung eines Untersuchungsdesigns notwendig, in das verwertbare Ergebnisse der Literaturrecherche eingehen können und mit dessen Hilfe in einem zweiten Projektabschnitt eine endgültige standardisierte Testbatterie ermittelt werden kann. Wegen der methodischen Einschränkungen wird nur eine vorläufige Testauswahl vorgeschlagen.
Die flächendeckende Einrichtung von Notarztsystemen ist eine zentrale Aufgabe der jüngsten Ausbaustufe des Rettungswesens. Es ist das Ziel des Forschungsprojekts, die möglichen Organisationsformen von Notarztsystemen aufzuzeigen und die für die Auswahl einer Variante bedeutsamen Planungs- und Entscheidungsfaktoren zu ermitteln und zu systematisieren. Der Gang der Untersuchung gliedert sich in zwei Teile. Aufgabe des ersten Arbeitsschrittes ist es, eine wissenschaftlich abgesicherte Basis zum Planungsproblem der Organisation von Notarztsystemen zu entwickeln. Im Mittelpunkt dieses Untersuchungsabschnitts steht eine sowohl rettungstaktische als auch Kostengesichtspunkte beachtende Analyse der strategischen Organisationsmöglichkeiten von Notarztsystemen. Der zweite Untersuchungsteil ist empirisch ausgelegt. Er hat zur Aufgabe, einen Überblick über die bereits bestehenden Notarztsysteme zu vermitteln und die mit den verschiedenen Ausgestaltungsformen in der Praxis gemachten Erfahrungen aufzuzeigen. Zu diesem Zweck wurden verschiedene Informationsquellen herangezogen. Einerseits wurden die in der Literatur relativ zahlreich vorzufindenden Beschreibungen bereits eingerichteter Notarztsysteme systematisch ausgewertet. Darüber hinaus wurden durch eine Umfrage die in den Bundesländern Saarland und Niedersachsen bestehenden Notarztsysteme flächendeckend erfasst. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Eignung einer Organisationsform zur Versorgung eines bestimmten Gebietes von einer Vielzahl ortsspezifischer Rahmenbedingungen abhängt und daher keine allgemeingültigen Empfehlungen zur Ausgestaltung von Notarztsystemen ausgesprochen werden können. Allerdings gibt die Untersuchung zu erkennen, dass bei vielen typischen Ausgangslagern ein an ein Krankenhaus angegliedertes, im Rendezvous-Verfahren betriebenes Notarztsystem die günstigste Organisationsvariante darstellt. Zum Abschluss der Untersuchung sind die wichtigsten Planungsempfehlungen zusammengefasst dargelegt. Als gundlegender Punkt wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, Notarztsystemen als Teilbereichen des Rettungsdienstes einen rechtlichen und organisatorischen Rahmen zu geben. Wichtig ist dabei zum Beispiel, dass eindeutige Regelungen für die Zuständigkeiten bei der Planung und Durchführung der Dienste getroffen werden.
Ziel des Projekts war eine umfassende, systematische Aufarbeitung des Kenntnisstandes zu Fragen des Mobilitätsverhaltens und -risikos von Personen mit einer Demenzerkrankung. Dabei sollten entsprechende diagnostische Verfahren empfohlen und im Rahmen eines Pre-Tests angewendet werden. Es wurde ein Testprotokoll bestehend aus computergestuetzten Verfahren und Papier- und Bleistifttests zur Messung geteilter, visuell-räumlicher und fokussierter Aufmerksamkeit, allgemeinem Aktivierungsniveau, der Verarbeitung komplexer visueller Reizsituationen, Sensomotorik und Labyrinthlernen erstellt. 46 MCI und 7 Alzheimer-Patienten sowie 11 gesunde Personen wurden untersucht und unterzogen sich einer Fahrverhaltensbeobachtung. Zwischen den drei Untersuchungsgruppen ergaben sich signifikante Leistungsunterschiede bei visueller Informationsverarbeitung, der Geteilten Aufmerksamkeit sowie schwächere Unterschiede bei visuell-räumlicher Aufmerksamkeit. Es wurde ein lineares Strukturgleichungsmodell entwickelt, das die wichtigsten Prädiktoren zur Vorhersage des Fahrverhaltens und ihre Kovarianzen darstellt und durch die erhobenen Daten sehr gut erklärt wird. Demnach tragen die visuell-räumliche Aufmerksamkeit sowie die Geteilte Aufmerksamkeit am meisten zur Vorhersage der Fahreignung bei. Veränderungen im Fahrverhalten, die Vermeidung von Verkehrssituationen und kompensatorisches Verhalten wiederum werden durch den Gesundheitsstatus (Krankheiten, erlebte körperliche und kognitive Beeinträchtigung), die visuelle Informationsverarbeitung (Aktives visuelles Feld) und die visuell-räumliche Aufmerksamkeitsleistung bedingt. Ein Extremgruppenvergleich von 16 Probanden mit sehr guter und 16 Probanden mit eher auffälliger Fahrleistung bestätigt im Wesentlichen das Modell und zeigt zusätzliche Unterschiede beim schnellen visuellen Verarbeiten von Verkehrssituationen und bei der Sensomotorik.