Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Reihe M: Mensch und Sicherheit
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Bewertungen zum Nutzen von Verkehrssicherheitskampagnen wie z.B. "Runter vom Gas!" basieren zumeist auf Medienresonanzanalysen und Befragungsstudien. Dabei werden in aller Regel Aspekte wie Bekanntheit und Akzeptanz erfasst. Die Wahrnehmung der vermittelten Botschaften in konkreten Fahrsituationen und daraus resultierende Verhaltenseffekte wurden bislang hingegen kaum untersucht. Ausgehend von einer umfassenden Literaturanalyse wurde eine Methodik zur Erfassung der Wahrnehmung und kurzfristiger Verhaltenseffekte von Verkehrssicherheitsbotschaften entwickelt und in einer Pilotstudie (N = 27) im Fahrsimulator erprobt. Hierbei wurden die beiden Kampagnenthemen "Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit" und "Ablenkung beim Fahren" untersucht. Im Laufe einer Autobahnfahrt im Fahrsimulator fuhren die Probanden an entsprechenden Plakaten vorbei. Während einer Gruppe von Fahrern (Experimentalgruppe) das Kampagnenplakat mit der entsprechenden Botschaft präsentiert wurde, wurde der anderen (Kontrollgruppe) ein Plakat mit neutralem Inhalt, aber ähnlicher Gestaltung präsentiert. Als Leistungsmaße wurden u.a. Blickbewegungen, Erinnerungsleistung, Maße der Längsregulation sowie die Ausführung einer Nebenaufgabe erfasst. Während sich für das Plakat zum Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit ein Effekt im Blickverhalten abzeichnete, unterschieden sich die Erinnerungsleistungen bei beiden Kampagnenthemen nicht zwischen Experimental- und Kontrollgruppe. Für das Kampagnenplakat zum Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit ergab sich kein relevanter Einfluss auf die Fahrgeschwindigkeit. Dagegen wurden im Vergleich zur Kontrollgruppe tendenziell weniger Nebenaufgaben bearbeitet, wenn die Fahrer am entsprechenden Plakat zur Ablenkung vorbeigefahren waren. Die Fahrsimulation ist folglich eine sinnvolle Ergänzung zu etablierten Untersuchungsmethoden bei der Evaluation von Verkehrssicherheitskampagnen. Mit der entwickelten Methodik können Wahrnehmung und Wirkung von Verkehrssicherheitsbotschaften in konkreten Fahrsituationen untersucht und verschiedene Kampagnenkonzepte bereits in frühen Entwicklungsphasen miteinander verglichen werden.
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Kenntner-Mabiala et al. (2015) konnten für einen Fahrsimulator mit Bewegungssystem zeigen, dass die von ihnen entwickelte Fahrverhaltensprobe geeignet ist, alkoholbedingte Leistungsbeeinträchtigungen des Fahrers nachzuweisen. Mit dem Ziel, diesen Nachweis auch für den Fahrsimulator der BASt zu erbringen, der zwar mit derselben Software betrieben wird, jedoch über kein Bewegungssystem verfügt, wurde die vorliegende Studie durchgeführt. Dabei absolvierten 24 Probanden (doppelblind, randomisiert) diese Fahrprobe mit einem Blutalkoholspiegel von 0‰, 0.5‰ und 0.8‰. Die Fahrtdauer betrug etwa 45 Minuten. Dabei wurden die Fahrer mit Verkehrsszenarien konfrontiert, die typisch sind für Fahrten auf Landstraßen, Autobahnen und im Innenstadtbereich. Die Leistungsbewertung erfolgte über Selbsteinschätzungen, durch geschulte Beobachter sowie über die Erfassung von Verhaltensmaßen der Längs- und Querregulation. Zusätzlich wurde die Leistung in fahrsicherheitsrelevanten Leistungsbereichen mit einem computerbasierten Testsystem erfasst, das auch im Rahmen der amtlichen Fahreignungsbegutachtung eingesetzt wird. Zusammenhänge zwischen beiden Erfassungsmethoden wurden geprüft. Es konnte gezeigt werden, dass die abgeleiteten Leistungsparameter ähnlich gut wie in der Vergleichsstudie zwischen den nüchtern und den unter Beeinträchtigung absolvierten Fahrten differenzieren. Dabei waren die relativen Veränderungen in den Leistungsparametern vergleichbar, in deren absoluter Höhe jedoch gewisse Unterschiede bestanden. Zusammenhänge zwischen der Leistung in der Fahrprobe und in der computerbasierten Testung konnten nicht nachgewiesen werden. Zusammenfassend konnte für diese Fahrprobe gezeigt werden, dass sie auch bei Durchführung in einem Fahrsimulator ohne Bewegungssystem geeignet ist, alkoholbedingte Leistungsbeeinträchtigungen nachzuweisen. Die dabei erzeugten Daten können somit als Referenzdaten in weiteren Studien herangezogen werden, in denen Beeinträchtigungen durch Alter, Medikamente oder Erkrankungen untersucht werden.
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Smartphones sind mittlerweile weiter verbreitet als herkömmliche Mobiltelefone. Ihre vielfältigen Funktionen werden auch beim Fahren genutzt. In zwei Simulatorstudien wurde untersucht, wie sich diese fahrfremden Tätigkeiten auf das sichere Fahren auswirken. Im Fahrsimulator der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) wurde untersucht, ob Fahrer in der Lage sind, die Beschäftigung mit einer fahrfremden Tätigkeit an die Anforderungen anzupassen, die aus unterschiedlichen Verkehrssituationen erwachsen. Hierzu wurde eine visuo-motorische Nebenaufgabe untersucht, ähnlich dem Eingeben einer Telefonnummer. In einer Bedingung musste diese Aufgabe unter Zeitdruck in vorgegebenen Streckenabschnitten bearbeitet werden (Blockbedingung), während die Fahrer in der anderen Bedingung die Möglichkeit hatten, diese Aufgabe nur dann zu bearbeiten, wenn die Verkehrssituation dies ihrer Meinung nach erlaubte (Selbstregulationsbedingung). Zusätzlich wurden Vergleichsdaten zum Fahren ohne Nebenaufgabe erhoben. In kritischen Verkehrssituationen traten in der Blockbedingung unter Ablenkung signifikant mehr Fahrfehler auf. Insbesondere die Spurhaltung war stark beeinträchtigt. Bei der Anzahl der Kollisionen ließen sich dagegen keine Unterschiede nachweisen. Abgelenkte Fahrer fuhren in kritischen Situationen allerdings auch oftmals langsamer (Kompensationsreaktion). Hatten die Fahrer die Möglichkeit zur Selbstregulation, machten sie kaum mehr Fahrfehler als nicht abgelenkte Fahrer. Sie bearbeiteten dabei in den kritischen Situationen weniger Aufgaben. Die Ergebnisse werden unter Berücksichtigung spezifischer Strategien bei der Selbstregulation sowie moderierender Faktoren diskutiert. Im Fahrsimulator des Würzburger Instituts für Verkehrswissenschaften (WIVW GmbH) wurden verschiedene Aufgaben untersucht, die an Smartphones ausgeführt werden können: Verfassen und Lesen von SMS, Eingeben von Telefonnummern sowie der Informationsabruf aus dem Internet. Eine Gruppe bearbeitete diese Aufgaben in einem freien Bedienkontext, d. h. direkt über Eingaben am Smartphone, das in einer Halterung am Armaturenbrett befestigt war. Die andere Gruppe bearbeitete diese Aufgaben in einer integrierten Bedienlösung. Diese ermöglichte die Steuerung über Sprachbefehle und umfasste eine Vorlesefunktion. Weiterhin war die Nutzung des Internets beschränkt. Die Auswirkungen auf das Blick- und Fahrverhalten wurden sowohl in einer standardisierten Folgefahrt (CarFollow-Anordnung) als auch in einem komplexen Prüfparcours untersucht, der vielfältige Szenarien mit unterschiedlichen Anforderungen beinhaltete, mit denen Fahrer typischerweise konfrontiert werden. Es zeigte sich zusammenfassend, dass die Leistung der Fahrer sowohl im Hinblick auf die Längs- und die Querregelung als auch in Bezug auf das Auftreten von Fahrfehlern besonders stark beeinträchtigt ist, wenn Aufgaben am Smartphone ausgeführt werden, die hohe visuell-motorische Anforderungen an den Fahrer stellen, wie beim Lesen und beim Eingeben von längeren Texten. Daher sind das Verfassen von Kurznachrichten und E-Mails sowie anspruchsvolle Internetaktivitäten, wie z. B. das Lesen auf Mobilseiten von Nachrichtenanbietern und Zeitungen während der Fahrt als eher kritisch zu betrachten. Insgesamt schneiden diese Aufgaben, werden sie mittels einer integrierten Bedienlösung ausgeführt, im Hinblick auf das verursachte Ausmaß der Beeinträchtigung besser ab. So ist die Ablenkung beim Verfassen von Textnachrichten mittels Spracherkennung und bei Nutzung der Vorlesefunktion für eingehende Textnachrichten deutlich reduziert. In der Folge kann die Spurhaltung besser aufrechterhalten werden und es treten weniger Fehler beim Fahren auf. Die Fahrer standen einer Kopplung ihres Smartphones an das fahrzeuginterne Informationssystem und den damit verbundenen Möglichkeiten und Einschränkungen positiv gegenüber. Trotz zum Teil feststellbarer Leistungsbeeinträchtigungen waren keine gravierenden Auswirkungen der Smartphonebenutzung auf die Fahrsicherheit feststellbar. Die Anzahl kritischer Situationen (u. a. Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer, Kollisionen) stieg aufgrund der Benutzung des Smartphones nicht bedeutsam an. Dies lässt sich unter anderem auf erhöhte Kompensationsbemühungen der Fahrer zurückführen, die sich in größeren Abständen oder geringeren Geschwindigkeiten während der Ausführung dieser Aufgaben zeigten. In besonders zeitkritischen Situationen verzichtete ein bedeutsamer Teil der Fahrer komplett auf die Bearbeitung der Aufgaben. So wurde auch in dieser Studie deutlich, dass die Interaktion mit Nebenaufgaben an die Anforderungen der jeweiligen Fahrsituationen angepasst wird.
251
Im Straßenverkehr stellen Fahrten unter Alkoholeinfluss nach wie vor ein ernstes Verkehrssicherheitsproblem dar. Internationale Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Nutzung von atemalkoholgesteuerten Wegfahrsperren (Alkohol-Interlocks, AII) in Kombination mit rehabilitativen Maßnahmen zu einer deutlichen Reduktion des Rückfälligkeitsrisikos von Trunkenheitsfahrern beiträgt. Da in Deutschland noch keine entfalteten Konzepte für entsprechende Maßnahmenansätze existieren, bestand ein wesentliches Projektziel in der Ausarbeitung eines umfassenden Programmkonzepts zur Etablierung eines bundesweit flächendeckenden Einsatzes von AII in Deutschland. Insbesondere sollte überprüft werden, ob die Anwendung eines Programms "Alkohol-Interlock in Kombination mit einer Rehabilitationsmaßnahme" für Trunkenheitsfahrer in Deutschland praktikabel ist und inwiefern ein solches Programm zur Erhöhung der Sicherheitswirksamkeit des bisherigen Maßnahmensystems beitragen könnte. Dazu wurden Kriterien für die Gruppe der Alkoholfahrer, die für ein AII-Programm in Frage kommen, definiert und eine Rehabilitationsmaßnahme erarbeitet, die auch die Erfahrungen mit der Trink-Fahr-Realität des einzelnen Trunkenheitsfahrers, wie sie sich im Datenspeicher der Wegfahrsperre widerspiegelt, thematisiert. Darüber hinaus wurden konkrete Anwendungsempfehlungen erarbeitet, die sich auf die Qualitätssicherung (u. a. bezüglich des Datenschutzes sowie dem Schutz vor Manipulationen), beteiligte Institutionen (Werkstätten, Service-Stellen, Träger von Rehabilitationsmaßnahmen), Ablaufprozesse und die Gruppe möglicher Teilnehmer beziehen. Insgesamt ist festzustellen, dass die Einführung von AII plus einer begleitenden Rehabilitationsmaßnahme das bisherige Maßnahmenspektrum des Deutschen Fahrerlaubnissystems sinnvoll ergänzen kann. Allerdings bedarf es für die Einführung eines AII-Programms in Deutschland einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage.
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Fahreignung neurologischer Patienten - Untersuchung am Beispiel der hepatischen Enzephalopathie
(2008)
Psychometrische Testverfahren oder eine fahrlehrerbegleitete Fahrprobe reichen oftmals nicht aus, um bei einer neurologischen Erkrankung ein Fehlverhalten im Straßenverkehr zu prognostizieren. Ein Ziel der vorliegenden Untersuchung war es daher, relevante Kriterien für die reale Fahrprobe bezüglich neuropsychologischer Funktionsstörungen im Rahmen von Testfahrten auf einem abgesperrten Gelände herauszuarbeiten und die Ergebnisse der Realfahrtleistung den Ergebnissen einer computerpsychometrischen Testbatterie zu vergleichen. Als Probandengruppe wurden Patienten mit hepatischer Enzephalopathie (HE) ausgewählt, da diese im frühen Krankheitsstadium die für viele neurologische Erkrankungen typischen Leistungsausfälle zeigen. Ab welchem Krankheitsstadium der HE mit neuropsychologischen Defiziten gerechnet werden muss, die eine Fahreignung ausschließen, ist bislang nicht geklärt und war daher Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Von den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung werden neben den testdiagnostischen Empfehlungen auch Empfehlungen zur Beurteilung der Fahreignung von Patienten mit einer hepatischen Encephalopathie abgeleitet. Die eingesetzten Testverfahren zeigen übereinstimmend, dass mit zunehmendem Krankheitsfortschritt stärkere Leistungsdefizite in verkehrssicherheitsrelevanten Parametern auftreten, die sich in den Eignungsbeurteilungen widerspiegeln. Ab dem Stadium der minimalen HE-Erkrankung neigen die Patienten zu einer drastischen Leistungsüberschätzung ihres Fahrvermögens, wobei sie die schlechtesten Ergebnisse in der Realfahrt erreichten. Sowohl die verkehrssicherheitsrelevanten Leistungen in den Fahraufgaben als auch das Eignungsurteil des Fahrlehrers zeigt einen deutlichen Leistungsabfall im Fahrvermögen im Vergleich zu den klinisch unauffällig HE-Erkrankten. Somit sollte zumindest ab dem Stadium einer minimalen HE eine Fahreignungsprüfung durchgeführt werden. In den computerpsychometrischen Testverfahren erreichten die minimal HE-Erkrankten mit den klinisch unauffällig HE-Erkrankten vergleichbar häufig den Eignungszuspruch, wohingegen die Fahrlehrereinschätzungen seltener zu einer positiven Eignungsbeurteilung führten. Dies könnte darauf deuten, dass das computerpsychometrische Testverfahren nicht sensitiv genug ist, um die Mangelleistungen von Patienten mit minimaler HE zu erfassen. Daher empfiehlt sich für diese Patienten die Durchführung einer praktischen Fahrprobe. Zusätzlich sollte die Selbsteinschätzung des eigenen Fahrvermögens überprüft werden, wobei im Zweifel der Eignungsbeurteilung eine unzureichende Selbsteinschätzung zum Abspruch der Fahreignung führen sollte. Da der Anteil der klinisch unauffälligen HE-Patienten, die sowohl durch den Fahrlehrer als auch aufgrund der Ergebnisse der Computerpsychometrie als ungeeignet klassifiziert wurde sehr gering ist, bleibt es fraglich, ob bereits in diesem Stadium grundsätzlich eine Fahreignungstestung erfolgen müsste. Zudem verfügen sie über eine äußerst kritische Selbstbeurteilung ihres Fahrvermögens - eine wesentliche Voraussetzung für kompensatorisches Fahrverhalten. So kann man annehmen, dass diese Patienten ihre Leistungsmängel selbst im Falle kleiner Leistungseinbussen oder bei Überbeanspruchung während längerer oder anstrengender Fahrten wahrnehmen und mit einem angepassten, verkehrssicheren Verhalten reagieren.