620 Ingenieurwissenschaften und zugeordnete Tätigkeiten
Kategorisierung von Straßen
(1985)
In den neuen "Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Straßennetzgestaltung (RAS-N)", deren Veröffentlichung 1985 vorgesehen ist, sind für sechs Funktionsstufen Kriterien angeführt, die erlauben, eine Straße nach ihrer Verkehrsbedeutung in eine Kategorie einzuordnen. Drei Funktionsbereiche werden unterschieden: Verbindung, Erschließung und Aufenthalt. Verbindung bedeutet, dass Personen und Güter ihre verschiedenen Ziele in angemessener Zeit erreichen können, Erschließung sorgt für Zugänglichkeit und Parkraum innerhalb bebauter Gebiete, die Funktion der Straße als Aufenthalt dient den Bedürfnissen der Fußgänger. Um die Ansprüche aus den drei Funktionen angemessen berücksichtigen zu können, werden Unterscheidungsmerkmale angegeben und Kategoriengruppen gebildet, die bestimmte Verkehrsqualitäten besitzen. Als Maß dafür dient die mittlere Reisegeschwindigkeit von Pkw mit Werktagsverkehr, Urlaubsverkehr und Sonntagsverkehr. Die vorgesehenen Geschwindigkeiten richten sich nach einer erträglichen Erreichbarkeit zentraler Ziele. Die neuen Richtlinien sind keine Patentrezepte für die Gestaltung von Straßenräumen. Eine sachgerechte Analyse im Einzelfall wird auch künftig notwendig bleiben. Die Kategorisierung von Straßen wird jedoch für eine Nutzungsabwägung hilfreich sein.
Ziel des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens war es, für bauliche Engstellen in Ortsdurchfahrten geeignete Lösungsansätze abzuleiten. Die verschiedenen erhobenen Entwurfslösungen an Engstellen wurden insbesondere bezüglich der verkehrlichen Aspekte (Verkehrsablauf, Verkehrssicherheit, straßenverkehrsrechtliche Einordnung) und der städtebaulichen Aspekte untersucht. Resümierend kann festgehalten werden, dass verkehrlich und gestalterisch gute Lösungen bewusste Entscheidungen auf Grundlage der örtlichen Gegebenheiten verlangen. So müssen Engstellen gut erkennbar, begreifbar und eindeutig ausgeführt sein. Im Rahmen des Vorhabens wurden Entwurfs- und Abwägungsgrundsätze aufgestellt und Ausstattungselemente beschrieben, die in die Weiterentwicklung des Regelwerks einfließen können. So sollte die Ausbildung von Engstellen mit Borden ohne Begegnungsverkehr (3,50 m Fahrbahnbreite) der Standardfall sein. Engstellen ohne Begegnungsverkehr sind bis zu 400 Kfz/h (Länge bis zu 50 m) ohne Signalisierung und bis zu 1.200 Kfz/h (Länge bis zu 300 m) mit Signalisierung problemlos zu betreiben. Ausbildungen ohne Begegnungsmöglichkeit sind eventuell bei Verkehrsmengen zwischen 400 und 800 Kfz/h ebenfalls möglich. Verkehrsmengen, die an diese Belastungsgrenzen heranreichen, können hohe Halteraten verzeichnen. In solchen Fällen sollte im Einzelfall entschieden werden, ob die betreffenden Engstellen ohne oder mit Begegnungsverkehr zu regeln sind. Bei Verkehrsbelastungen über 1.200 Kfz/h sind Lösungen mit Begegnungsverkehr zu wählen. Das Mindestmaß für Fahrbahnen mit Begegnungsverkehr liegt unter der Voraussetzung eines geringen Schwerverkehrsanteils bei 4,50 m.
In Deutschland sind die Belange der Verkehrssicherheit von Straßen in dem geltenden Technischen Regelwerk enthalten. Dennoch werden immer wieder Straßenbaumaßnahmen geplant und realisiert, bei denen die Möglichkeiten verkehrssicherer Gestaltung nach dem Stand der Technik nicht ausgeschöpft wurden. Das kann auch eine Folge der Abwägung von unterschiedlich gerichteten Belangen sein. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse finden zudem erst mit Zeitverzug Eingang in das Technische Regelwerk. Im Ausland wurden "Road Safety Audits" entwickelt, die Sicherheitsmängel bei Planung und Entwurf der Straßen vermeiden sollen. Sicherheitsaudits für Straßen sollten in Deutschland künftig in den Phasen Vorplanung, Vorentwurf, Ausführungsentwurf und Verkehrsfreigabe durchgeführt werden. Die Auditierung sollte jeweils vor den Sichtvermerken, Genehmigungen und Beschlüssen erfolgen. Die "Empfehlungen für ein Sicherheitsaudit für Straßen in Deutschland" (ESAS), die bereits bei zahlreichen Pilotaudits erprobt und fortentwickelt wurden, beinhalten die Abschnitte Ziel und Definition des Sicherheitsaudits, typische Sicherheitsdefizite, Auditphasen, Projektabgrenzung für das Sicherheitsaudit, Auditprozess, Auditdurchführung, Auditoren und Haftung. Im Anhang sind Angaben zu typischen Auffälligkeiten im Unfallgeschehen, Checklisten für Autobahnen, Landstraßen, Hauptverkehrsstraßen und Erschliessungsstraßen sowie Beispiele für Auditberichte enthalten. Die Checklisten sollen als Hilfsmittel bei der Auditierung dienen; sie können auch vom Planer künftiger Straßenverkehrsanlagen zur Eigenkontrolle verwendet werden. Anforderungen an die künftigen Auditoren betreffen einerseits ihre fachliche Qualifikation und andererseits ihre Unabhängigkeit. Das Sicherheitsaudit soll nun durch die Straßenbauverwaltungen der Länder und Kommunen angewendet werden. Dabei ist das Sicherheitsaudit als Bestandteil eines zukünftigen umfassenden Qualitätsmanagements für Straßen zu sehen.