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Der vorliegende Innovationsbericht beschreibt die Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte der TÜV | DEKRA arge tp 21 im Hinblick auf das Fahrerlaubnisprüfungssystem für den Zeitraum 2011 - 2014. Diese lagen (1) in der Aufbereitung wissenschaftlicher Grundlagen zur Vermittlung und Erfassung von Kompetenzen im Bereich der Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung bei Fahranfängern, (2) in der Evaluation und Weiterentwicklung der Theoretischen Fahrerlaubnisprüfung und (3) in Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Optimierung der Praktischen Fahrerlaubnisprüfung sowie (4) in der Beschreibung des fahrzeugtechnischen Wandels und seiner Bedeutung für die Fahrausbildung und Fahrerlaubnisprüfung. Zu (1): Kompetenzdefizite von Fahranfängern gegenüber erfahrenen Fahrern in der Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung sind durch eine Vielzahl empirischer Studien belegt. Die systematische Vermittlung und Aneignung entsprechender Fähigkeiten im Vorfeld der selbständigen Verkehrsteilnahme erscheint deshalb vielversprechend für die Verringerung fahranfängertypischer Unfallrisiken. Der Entwicklung diesbezüglicher Ausbildungs- und Prüfungskonzepte muss jedoch zunächst eine Beschreibung der zugrunde liegenden psychologischen Konstrukte vorausgehen. Im Berichtszeitraum wurden dazu die relevanten wahrnehmungs- und verkehrspsychologischen Grundlagen aufgearbeitet. Weiterhin wurden die international im Fahrerlaubniswesen bereits praktizierten innovativen PC-basierten Prüfungsansätze wie auch experimentelle Untersuchungen aus der "Hazard Perception"-Forschung analysiert. Schließlich wurden Lehr-Lernangebote für Fahranfänger recherchiert. Mit den im Bericht vorgelegten Ergebnissen wurde der theoretische Grundstein für die künftige Verankerung der Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung in der Fahranfängervorbereitung gelegt. Hieran wird nun die Erarbeitung innovativer Lernangebote und Prüfungsaufgaben für Fahranfänger anschließen. Zu (2): Die Arbeiten zur Theoretischen Fahrerlaubnisprüfung umfassten die Evaluation von Prüfungsaufgaben und Paralleltests sowie auch weiterführende empirische Untersuchungen zur Bearbeitung anlassbezogener Fragestellungen (u. a. Modellrechnungen zur Erarbeitung von empirisch gestützten Empfehlungen für eine optimierte Prüfungsbewertung). Weiterhin wurden 2014, d. h. zum Ende des Berichtszeitraums, erstmals Aufgaben mit dynamischen Situationsdarstellungen eingesetzt. Die vorbereitenden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten werden im Bericht überblicksartig dargestellt. Nicht zuletzt werden erste Ergebnisse der empirischen Erprobung innovativer Aufgabenformate diskutiert, bei denen neuartige Formen der Antworteingabe (Tastendruck, Pedal) und der Leistungsbewertung (Reaktionszeit) verwendet wurden. Die skizzierten Forschungsarbeiten lassen erkennen, dass seit einigen Jahren die Vorteile des Prüfmediums "Computer" erfolgreich genutzt werden. Sie zeigen jedoch auch, dass die PC-gestützte Prüfung weitere Potentiale " insbesondere im Bereich der Aufgabenentwicklung und Testkonstruktion " birgt, die es zukünftig auszuschöpfen gilt. Zu (3): Die Arbeiten zur Praktischen Fahrerlaubnisprüfung waren im Wesentlichen durch drei verbundene Projekte gekennzeichnet: Das BASt-Projekt "Optimierung der Praktischen Fahrerlaubnisprüfung" diente der Erarbeitung methodischer Grundlagen (es begann 2008 und endete im ersten Jahr des Berichtszeitraumes). Als zweites folgte eine von der TÜV | DEKRA arge tp 21 durchgeführte Machbarkeitsstudie (2011 bis 2012) zur Untersuchung der Praktikabilität einer elektronischen Prüfungsdokumentation ("e-Prüfprotokoll"). Das BASt-Projekt "Revision zu einer optimierten Praktischen Fahrerlaubnisprüfung" stellt schließlich das dritte Projekt dar (es begann im Jahr 2013 und wird über den Berichtszeitraum hinaus bis 2015 fortgeführt). Es dient dazu, die Inhalte, Verfahren und Abläufe der Prüfung (einschließlich Verfahrensweisen zu einer kontinuierlichen Evaluation) bis hin zur Einsatzreife weiterzuentwickeln und in ausgewählten Modellregionen zu erproben. Mit einer bundesweiten Implementierung der erarbeiteten Standards würde gewährleistet, dass die Entscheidung über die Zulassung zum motorisierten Straßenverkehr künftig auf einer differenzierten Fahrkompetenzeinschätzung basiert und festgestellte Kompetenzdefizite systematisch erfasst und zurückgemeldet werden " dies lässt eine verbesserte Sicherheitswirksamkeit der Praktischen Fahrerlaubnisprüfung erwarten. Zu (4): Fahrzeugtechnische Innovationen " seien es Fahrerassistenzsysteme, Antriebskonzepte ("e-Mobilität") oder das (teil-)automatisierte Fahren " kommen in immer kürzeren Abständen auf den Markt. Diese Entwicklungen sind mit veränderten Anforderungen an das Fahren verbunden und haben daher maßgeblichen Einfluss auf den Erwerb, die Überpruefung und den Erhalt von Fahrkompetenz. Im Bericht werden die daraus resultierenden zukünftigen Aufgabenstellungen für die Technischen Prüfstellen skizziert.
In Deutschland eignen sich Fahrerlaubnisbewerber ihre grundlegende Fahrkompetenz zur selbständigen Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr weitgehend durch das Absolvieren einer obligatorischen Fahrausbildung in einer Fahrschule an. Diese Ausbildung beruht zu einem Großteil auf Konzepten, die bereits in den 70er und 80er Jahren eingeführt und anschließend ergänzt wurden. Angesichts des Erkenntnisfortschritts in der Lehr-Lernforschung und in den Verkehrswissenschaften erscheint es nun angezeigt, nach Anregungen zur Optimierung der Fahrschulausbildung zu suchen. Darüber hinaus legt das deutlich erhöhte Unfallrisiko von Fahranfängern nahe, dass die Fahrschulausbildung allein nicht ausreicht, um Fahranfängern alle Kompetenzen zu vermitteln, die sie für die sichere Teilnahme am Strassenverkehr benötigen. Aus diesem Grund erscheint es zusätzlich erstrebenswert, die Ausbildung durch (möglichst kostengünstige) informelle Lehr-Lernformen zu ergänzen, die zum Aufbau eines umfassenderen Fahrkompetenzniveaus beitragen. Mit dem vorliegenden Projekt wurden die Inhalte, Methoden und Durchführungsformen der Fahrschulausbildung einer kritischen Betrachtung unterzogen und wissenschaftlich begründete Ansatzpunkte fuer ihre Weiterentwicklung erarbeitet. Die diesbezüglichen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten umfassten vor allem die Skizzierung eines künftigen Ausbildungscurriculums für den Theorieunterricht und die Fahrpraktische Ausbildung. Dabei wurden auch Schnittstellen zu informellen Lehr-Lernformen (v. a. Selbständiges Theorielernen) geschaffen, um Synergieeffekte zu produzieren. Die erarbeiteten Optimierungsansätze wurden beschrieben und lehr-lerntheoretisch begründet. Darüber hinaus wurden Implementationskonzepte und prototypische Ausbildungseinheiten einer optimierten Fahrschulausbildung entwickelt. Insgesamt gesehen, sind die Projektergebnisse als konzeptionelle Vorarbeiten für eine Optimierung der Ausbildung und eine verbesserte Ausschöpfung ihres Verkehrssicherheitspotenzials anzusehen.
Optimierung der Fahrerlaubnisprüfung : Ein Reformvorschlag für die theoretische Fahrerlaubnisprüfung
(2005)
Der vorliegende Bericht enthält konzeptionelle Vorschläge, wie es künftig unter Einbeziehung moderner Multimediatechnik bei der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung besser gelingen soll, Fahrerlaubnisbewerber ohne ausreichende Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu erkennen. Dafür wurden zunächst der einschlägige prüfungstheoretische Wissensstand aufgearbeitet und Gütekriterien für ein neues Prüfungssystem dargestellt. Weiterhin wurden in einer Reihe von europäischen Ländern Recherchen über Innovationen im Prüfungswesen durchgeführt; diesbezügliche Erfahrungen sind in das vorliegende Prüfungskonzept eingeflossen. Die gegenwärtige Praxis der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung erscheint aus heutiger Sicht unter inhaltlichen und methodischen Gesichtspunkten als unbefriedigend. Die Kritik am derzeitigen Prüfungssystem lässt sich auch durch die Verwendung von transponierten computergestützten Versionen der bisherigen Prüfbogen nicht beheben. Deshalb wurden im vorliegenden Prüfungskonzept die Systematik und die Merkmale eines grundsätzlich neuen computergestützten Prüfungssystems dargestellt. Weiterhin wurden die zu erwartenden Prüfungsabläufe sowie die rechtlichen, technischen und organisatorischen Bedingungen für die Einführung dieses Systems einschließlich eines begrenzten Vorlaufprojekts skizziert. Um die wissenschaftliche Reflexion der methodischen Qualität des Prüfungssystems zu sichern, wurden auch Vorschläge für die Evaluation der neuen theoretischen Fahrerlaubnisprüfung entwickelt. Die Einführung des vorgeschlagenen Prüfungskonzepts lässt neben weiteren Vorzügen drei wesentliche Verbesserungen im deutschen Prüfungssystem erwarten: Eine engere Verbindung des Ausbildungsund Prüfungssystems soll die Lernmotivation der Fahrerlaubnisbewerber steigern, eine bessere Visualisierung der Prüfungsaufgaben wird die Ähnlichkeit der Prüfungsanforderungen mit realen Verkehrsanforderungen verbessern, und es wird ermöglicht, nicht nur die Qualität der Prüfungsaufgaben an sich zu analysieren, sondern auch die Vorhersagekraft der Prüfungsergebnisse für die spätere Unfall- und Delinquenzbelastung der Fahranfänger im Straßen-verkehr. Der Bericht enthält neben Vorschlägen zur Optimierung der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung auch Anregungen zur ergänzenden Weiterentwicklung der praktischen Fahrerlaubnisprüfung.
Aus einer aktuellen BASt-Studie ("Legalbewährung nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis") geht hervor, dass eine Fahrerlaubnisentziehung bei mehrfach verkehrsauffälligen Fahrern nicht unbedingt zur Verhaltensänderung führt: Personen, denen der Führerschein wegen Überschreitens der Punktegrenze entzogen wurde, bergen ein doppelt so hohes Risiko, schuldhaft einen Unfall zu verursachen, wie Personen, deren Fahrerlaubnis wegen Alkohol- oder Drogenkonsums entzogen wurde. Eine Interventionsmaßnahme im Rahmen des Punktsystems stellt ein Hilfsangebot dar, das Fahrerlaubnisinhabern die Möglichkeit gibt, ihr riskantes Fahrverhalten mit professioneller Unterstützung langfristig zu verändern, um zukünftig regelkonform am Straßenverkehr teilzunehmen. Eine Interventionsmaßnahme kann damit einen wichtigen Beitrag zur Reduktion des Unfallrisikos von mehrfach verkehrsauffälligen Fahrern und damit zur Erhöhung der Verkehrssicherheit leisten. Für die bisherigen Aufbauseminare für Punkteauffällige (ASP) konnte kein Wirksamkeitsnachweis erbracht werden. Aus wissenschaftlicher Sicht wurde der den Aufbauseminaren zugrunde liegende Moderationsansatz kritisch hinterfragt. So geht aus einem Gutachten über die Qualität der Aufbauseminare hervor, dass Zweifel bestehen, dass das Ziel der Einstellungsänderung verkehrsauffälliger Fahrer mit dem zugrundeliegenden Ansatz erreicht werden kann. Vor diesem Hintergrund wurde die BASt im Rahmen der Reform des Verkehrszentralregisters vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) im Juni 2012 beauftragt, die Grundlagen für ein wissenschaftlich begründetes Konzept für eine neue, wirksame Interventionsmaßnahme (Fahreignungsseminar, FES) für Punkteauffällige vorzulegen. Die Grundlagen zum Fahreignungsseminar wurden in drei Forschungsprojekten erarbeitet. Diese werden im vorliegenden Bericht dargestellt. Teil 1: Optimierung der Interventionsmaßnahmen im Rahmen der Reform des Mehrfachtäter-Punktsystems. Teil 2: Konzeption einer edukativen Teilmaßnahme der Fahreignungsseminare für verkehrsauffällige Kraftfahrer. Teil 3: Entwicklung eines Rahmenlehrplans für den edukativen Teil des im Rahmen der Reform des Punktsystems geplanten Fahreignungsseminars.
Die Fahrausbildung fungiert als ein zentraler Bezugspunkt für alle anderen Maßnahmen der Fahranfängervorbereitung: Von ihr müssen die Impulse, die fachliche Orientierung und die Koordination für die Weiterentwicklung des Gesamtsystems der Fahranfängervorbereitung ausgehen. Die derzeitige Fahrausbildung kann diesem hohen Anspruch jedoch noch nicht gerecht werden. Ihr fehlen sowohl wichtige pädagogisch-psychologische Steuerungsinstrumente (z. B. Kompetenzrahmen inklusive Mindest-Ausbildungsinhalte, Ausbildungsplan, Evaluationskonzept) zur eigenen Qualitätssicherung als auch fachlich-strukturelle Voraussetzungen für die Realisierung von Aktivitäten zu ihrer Weiterentwicklung im Rahmen des Gesamtsystems der Fahranfängervorbereitung (z. B. eine Fachkommission).
Zur Behebung der genannten Defizite wurde im vorliegenden Projekt ein Konzept für die Optimierung der Fahrausbildung zum Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klasse B erarbeitet. Den Kern dieses Konzepts bilden ein Kompetenzrahmen und ein Ausbildungsplan. Im Kompetenzrahmen wurden sowohl die für den Erwerb von Fahr- und Verkehrskompetenz erforderlichen Kompetenzen als auch die zugehörigen Kompetenzstandards und Mindest-Ausbildungsinhalte nach aktuellen wissenschaftlichen Maßstäben festgelegt. Auf dieser Grundlage wurden dann im Ausbildungsplan die zum Erwerb der Kompetenzen zu vermittelnden Mindest-Ausbildungsinhalte den verschiedenen Lehr-Lernformen (Selbständiges Theorielernen, Theorieunterricht, Fahrpraktische Ausbildung) unter inhaltlichen, pädagogisch-psychologischen und fachdidaktischen Gesichtspunkten zugeordnet und mit Blick auf den Lehr-Lernprozess zeitlich angeordnet. Darüber hinaus wurden im Rahmen des vorliegenden Projekts inhaltliche, methodische und mediale Gestaltungsempfehlungen für das Selbständige Theorielernen und den Theorieunterricht bereitgestellt. Schließlich wurden ein belastbarer Implementationsplan und ein geeignetes Evaluationskonzept beschrieben, mit dem die Lern- und Sicherheitswirksamkeit der optimierten Fahrausbildung noch in der Implementationsphase weiter erhöht (Formative Evaluation) und danach summarisch überprüft (Summative Evaluation) werden kann.