Die Einsatzkriterien von Rückhaltesystemen nach den Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug- Rückhaltesysteme (RPS 2009) beruhen u. a. auf einer Einschätzung der Abkommenswahrscheinlichkeit. Bislang existieren jedoch keine konkreten Kriterien zur Bewertung der Abkommenswahrscheinlichkeit. Ziel dieses Forschungsvorhabens war es, den Einfluss bestimmter Infrastruktur- und Betriebscharakteristika auf das Abkommensunfallgeschehen an Autobahnen zu untersuchen.
Die aus der Literatur bekannten sowie weitere mutmaßliche Einflussgrößen bildeten die Grundlage für die Zusammenstellung eines knapp 2.000 km langen Streckenkollektivs. Anschließend wurden die Streckenmerkmale über eigene Befahrungen erhoben und mit Daten aus den Straßeninformationsbanken, der Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) auf Bundesfernstraßen sowie den Unfalldaten zusammengeführt.
Der Einfluss der aufbereiteten Infrastruktur- und Betriebscharakteristika auf die Häufigkeit potenzieller Abkommensunfälle wurde mithilfe multivariater Regressionsmodelle identifiziert und quantifiziert, die auch nichtlineare Einflüsse auf das Unfallgeschehen abbilden können. In deskriptiven Analysen wurde zudem der Anteil potenzieller Abkommensunfälle am Gesamtunfallgeschehen auf Autobahnen eingeordnet und die Unfallschwere analysiert.
Als Ergebnis sollte aus dem Forschungsvorhaben ein mit dem Betreuerkreis abgestimmtes, unabhängig getestetes und mit einzelnen Straßenbauverwaltungen diskutiertes Verfahren zur Identifikation von Streckenabschnitten mit erhöhter Abkommenswahrscheinlichkeit hervorgehen. In Form eines proaktiven Ansatzes sollte das Verfahren auch angewendet werden können, ohne dass auf dem Abschnitt erst Abkommensunfälle abgewartet werden müssen. Bei der testweisen Anwendung zeigte sich, dass das entwickelte Verfahren nur eingeschränkt zur Vorhersage von Unfallhäufungsstellen mit einem relevanten Anteil an Abkommensunfällen geeignet ist. Es wird angenommen, dass das Abkommens- Unfallgeschehen zu stark von nicht infrastrukturellen Faktoren (Fahrzeug, Mensch) abhängt. Analysen auf Basis der polizeilichen Unfalldaten werden für dieses Unfallkollektiv als zielführender eingeschätzt.
Kreisverkehre an Landstraßen
(2021)
Kreisverkehre außerhalb bebauter Gebiete weisen im Vergleich zu Knotenpunkten mit und ohne LSA eine hohe Verkehrssicherheit auf. Von dem Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehren abweichende Entwurfsvorgaben einzelner Bundesländer und ein hoher Anteil Fahrunfälle (insbesondere bei Dunkelheit), weisen jedoch auf ein Potential zur Erhöhung der Verkehrssicherheit durch bessere Erkennbarkeit der Kreisverkehre hin.
Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde das Unfallgeschehen in Deutschland und drei ausgewählten Bundesländern hinsichtlich der Unfallstruktur an außerörtlichen Kreisverkehren analysiert. Es zeigte sich, dass sich 60 % der Unfälle an außerörtlichen Kreisverkehren während Dämmerung und Dunkelheit ereignen und dass 40 % der Unfälle Alleinunfälle sind. Die Alleinunfälle wiesen dabei die höchste Unfallschwere auf und führen häufig zum Auffahren auf die Kreisinsel.
In einer Detailanalyse wurden für 109 Kreisverkehre Lage-, Höhen-, Beschilderungs- und Markierungspläne sowie Verkehrs- und Unfalldaten recherchiert. Unter Verwendung generalisierter linearer Modelle wurde der Einfluss verschiedener Ge¬staltungselemente auf das Unfallgeschehen untersucht. Dabei wurden u. a. folgende Einflussfaktoren identifiziert:
• Zufahrten mit Abkröpfung und Verschwenkung im Annäherungsbereich weisen geringere Unfallraten als Zufahrten mit gestreckter Linienführung auf.
• Zufahrten mit großem Ablenkungswinkel haben höhere Unfallraten als Zufahrten mit mittlerem Ablenkungswinkel.
• Zufahrten mit breitem Fahrbahnteiler in dreieckiger Form weisen geringere Unfallraten als Zufahrten mit schmalem Fahrbahnteiler mit gerader Bordführung auf.
Ergänzend wurden Fahrverhaltensanalysen und lichttechnische Untersuchungen an mehr als 30 Kreisverkehrszufahrten durchgeführt. Das beobachtete Geschwindigkeits- und Spurverhalten bestätigt die Erkenntnisse der Unfallanalyse im Hinblick auf die Linienführung im Annäherungsbereich und die Form des Fahrbahnteilers. Anhand der lichttechnischen Analysen (Leuchtdichtemessungen) konnte gezeigt werden, dass durch retroreflektierende Markierungsnägel auf den Bordsteinen der Fahrbahnteiler und der Kreisinsel die Erkennbarkeit von außerörtlichen Kreisverkehren bei Dunkelheit verbessert werden kann.