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Die gesetzliche Lärmvorsorge und auch die Lärmsanierung an Straßenverkehrswegen erfolgt in Deutschland auf Basis von berechneten Schallpegeln an schutzbedürftiger Bebauung und deren Vergleich mit Grenz- oder Auslösewerten. Die verbindlichen Rechenverfahren der Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90 bzw. seit 2021 RLS-19) legen für die Berechnung eine schallausbreitungsgünstige Wetterlage zugrunde. Jedoch hängen Immissionspegel und somit die Intensität der Lärmbelastung auch von den momentanen Wetterbedingungen im Ausbreitungsweg ab. Diese meteorologischen Ausbreitungsbedingungen sind somit situationsabhängig unterschiedlich und werden in diesen Rechenverfahren zugunsten einer oberen Abschätzung der Belastung der Betroffenen nicht berücksichtigt.
In einem Forschungsvorhaben der Bundesanstalt für Straßenwesen aus dem Jahr 2020 wurden die vorhandenen Methoden zur Berücksichtigung der Einflüsse des Wetters auf die Schallausbreitung in Rechenverfahren zusammengetragen und dargestellt. Darauf aufbauend wurde ein praktikables und einfaches Verfahren zur Beachtung des Einflusses der Meteorologie auf Basis der Ergebnisse von Langzeitmessungen an einem Messstandort (Sulzemoos) vorgeschlagen. Der Vorschlag nutzt als Grundlage das Berechnungsverfahren nach RLS-90 bzw. RLS-19 und ermöglicht eine auf die Wetterbedingungen angepasste Korrektur der Lärmprognose. Anstatt die meteorologischen Einflüsse direkt, im Sinne ihrer physikalischen Prozesse, im Modell zu beschreiben macht es sich die vorgeschlagene Methode zu Nutzen, dass unterschiedliche meteorologische Bedingungen zu unterschiedlich starker Dämpfung führen. Der in diesem Vorgängervorhaben unterbreitete Vorschlag sieht daher eine Parametrisierung der Koeffizienten des Boden- und Meteorologiedämpfungsterms der RLS mit Einführung einer Zahl von Dämpfungsklassen vor. Als Ausblick des Vorgängervorhabens wurde eine Verifizierung der Methode durch Messungen und Rechnungen an unterschiedlichen Standorten mit unterschiedlichen meteorologischen Verhältnissen sowie eine Vertiefung der Methode durch Einbeziehung von Situationen mit Abschirmungen durch Hindernisse empfohlen.
In dem vorliegenden Nachfolgevorhaben wurde die Umsetzung der Methode in der Praxis erprobt und die Datenbasis für die Parameter der Korrektur sowohl durch weitere Daten an anderen Standorten als auch durch Erweiterung des Anwendungsbereichs gefestigt. Dafür wurden auch auf Anregungen und Empfehlungen eines Expertenkreises im Rahmen eines Fachgesprächs exemplarische Anwendungsfälle recherchiert, anhand derer die Erprobung erfolgen sollte.
In vier ausgewählten Untersuchungsgebieten wurden messtechnische Erhebungen der Straßenverkehrsgeräusche, der Verkehrszahlen und der meteorologischen Parameter durchgeführt. Dabei wurde ein Gebiet zur Verifizierung der Korrekturmethode, zwei Untersuchungsgebiete zur Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Starkwindsituationen und ein Untersuchungsgebiet zur Einbeziehung der Abschirmwirkung unter verschiedenen meteorologischen Randbedingungen gewählt. In diesen vier Untersuchungsgebieten wurden zur Verifizierung der Korrekturmethode sowohl die Messungen klassiert nach meteorologischen Situationen ausgewertet als auch die rechnerische Korrekturmethode in einer praxisnahen Anwendung erprobt.
Bei den messtechnischen Auswertungen war der Umfang der im Sinne der Fragestellung auswertbaren Daten eingeschränkt. Zum einen konnten die Messungen im Abschirmgebiet aufgrund eines Gerätedefekts nicht im beabsichtigten Sinn ausgewertet werden, zum anderen ergaben sich bei den Windgebieten mit geringer Verkehrsmenge keine abgesicherte Möglichkeit der Klassierung der Messdaten in meteorologische Situationen, da die zur Normalisierung verwendeten Zählstellendaten der Verkehrsmenge in einem zu groben Zeitraster vorlagen.
Zur Klassifizierung der verwertbaren Messdaten wurden zwei Methoden zur Datenerhebung dargestellt. Für das vorliegende Vorhaben liegen Daten des ICON-D2-Modells des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vor. Für den allgemeinen Anwendungsfall muss auf frei zugängliche Daten zurückgegriffen werden. Da diese keine Angaben zur Stabilität enthalten, wurde eine alternative Methode zur Klassifizierung der Stabilität anhand der frei zugänglichen Daten vorgeschlagen.
Die derart nach meteorologischen Situationen klassifizierten Messdaten wurden den Ergebnissen der rechnerischen Korrekturmethode basierend auf dem bisherigen Vorschlag gegenübergestellt. Die Messergebnisse bestätigen im Wesentlichen die Anwendung der Dämpfungsklassen. Auf Basis der Messergebnisse und weiterer theoretischer Überlegungen wurden jedoch Anpassungen der Zuordnungstabellen der meteorologischen Situationen in Dämpfungsklassen von p2 (ausbreitungsbegünstigend) bis m4 (ausbreitungsungünstig) vorgenommen.
Unter anderem zeigte sich, dass für die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Starkwindsituationen, die eine weitere Pegelerhöhung im Mitwindbereich erwarten ließ, zwar die entsprechenden Situationen messtechnisch erfasst werden konnten, die hohen Windgeschwindigkeiten jedoch generell eine Überdeckung der Straßenverkehrsgeräusche durch windinduzierte Geräusche verursacht. Dementsprechend konnte keine zusätzliche Dämpfungsklasse, die eine besonders günstige Schallausbreitung der Straßenverkehrsgeräusche bei hohen Windgeschwindigkeiten in Mitwindrichtung berücksichtigt, begründet werden. Vielmehr wird eine Begrenzung der Dämpfungsklassen für hohe Windgeschwindigkeiten auf die auch bisher schallausbreitungsgünstigste Klasse p2 empfohlen. Weiterhin wurden u.a. für Querwindsituationen die Dämpfungsklassen aufgrund von theoretischen Überlegungen erweitert und bereinigt. Beispielsweise ergibt sich die im Vorgängervorhaben bei den Messergebnissen festgestellte Abhängigkeit der Dämpfungsklasse von der Windgeschwindigkeitsklasse bei Querwind nur durch Abweichungen der Windrichtungsverteilung von einer Gleichverteilung.
Die rechnerische Anwendung der Korrekturmethode wurde dann mit den anhand der Untersuchungsergebnisse angepassten Klassenzuordnung wiederholt. Die anhand der angepassten Korrekturmethode ermittelten Rechenergebnisse führen dementsprechend zu einer verbesserten Übereinstimmung mit den Messungen.
Abschließend wurde ein Textvorschlag für eine allgemeinverständliche Handlungsempfehlung erstellt.