Refine
Mineralische Restmassen aus Bautätigkeiten sowie Gesteinskörnungen aus industriellen Prozessen und der thermischen Verwertung von Siedlungsabfällen stellen deutschlandweit einen erheblichen Massenstrom dar. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist es geboten und durch den Gesetzgeber vorgegeben (vgl. KrWG von 2012), derartige Materialien möglichst hochwertig als Baustoffe wiederzuverwenden. Besonders geeignet hierfür ist der Erdbau, in dem kontinuierlich vergleichsweise große Massen an Baustoffen benötigt werden. Grundvoraussetzung einer Verwendung ist dabei, dass die Baustoffe sowohl aus umwelt- als auch bautechnischer Sicht geeignet sind und vertragssicher und regelwerkskonform eingesetzt werden können.
Bei mineralischen Sekundärbaustoffen, die bereits seit den Anfängen in den 1980er Jahren zunehmend an Bedeutung als Erdbaustoffe gewinnen, bestehen bei der erdbautechnischen Prüfung mineralischer Sekundärbaustoffe im Labor und im Feld im Zusammenhang mit einigen Prüfverfahren derzeit allerdings noch Schwierigkeiten, die im Hinblick auf ihre vertragssichere und anforderungsgerechte Anwendung dringend geklärt werden müssen.
Die Schwierigkeiten und Probleme, die im Zusammenhang mit der Klassifizierung sowie der Eignungs- und Kontrollprüfung von mineralischen Sekundärbaustoffen in der Praxis auftreten, wurden zu Beginn dieses Projektes zunächst identifiziert und erörtert. Hierzu wurde eine umfangreiche Literaturrecherche sowie eine Umfrage bei am Bau Beteiligten Firmen und Institutionen durchgeführt. Die Ergebnisse dieser beiden Arbeitspakete zeigen, dass die Versuchstechnik des Erdbaus zwar grundsätzlich für mineralische Sekundärbaustoffe geeignet ist. Dennoch können vor allem bei mineralischen Sekundärbaustoffen im Zusammenhang mit Bestimmung der Proctordichte im Proctorversuch sowie der indirekten Verdichtungskontrolle mittels Plattendruckversuchen unter Verwendung der Tabellenwerte der ZTV E-StB 17 Schwierigkeiten und Probleme auftreten, die gar zum Ausschluss von Sekundärbaustoffen über den Bauvertrag führen können.
Im weiteren Verlauf wurden an fünf natürlichen Baustoffen und acht mineralischen Sekundärbaustoffen umfangreiche klassifizierende Untersuchungen, Laborversuche zum Verdichtungsverhalten sowie zum Last-Verformungs-Verhalten unter eindimensionaler Kompression und dreiaxialer Scherbeanspruchung sowie Plattendruckversuche nach großtechnischer Verdichtung durchgeführt. Die klassifizierenden Untersuchungen haben gezeigt, dass zwischen natürlichen Baustoffen und Sekundärbaustoffen Unterschiede hinsichtlich ihrer granulometrischen Eigenschaften bestehen. Letztere bestehen allerdings auch zwischen verschiedenen natürlichen Baustoffen sowie zwischen unterschiedlichen mineralischen Sekundärbaustoffen. Da viele Prüfverfahren des Erdbaus auf Erfahrungen an natürlichen Baustoffen beruhen und sich mineralische Sekundärbaustoffe hinsichtlich ihrer Granulometrie häufig von natürlichen Baustoffen unterscheiden, kommt es vor allem bei mineralischen Sekundärbaustoffen zu den genannten Auffälligkeiten. Besitzen natürliche Baustoffe eine vergleichbare Granulometrie, treten die Auffälligkeiten jedoch in gleicher Weise auf.
Trotz bestehender Unterschiede in den Eigenschaften der Einzelkörner zeigen die Ergebnisse der Versuche zum Last-Verformungs-Verhalten unter eindimensionaler Kompression und drei-axialer Scherbeanspruchung sowie der Plattendruckversuche nach großtechnischer Verdichtung, dass natürliche Baustoffe und mineralische Sekundärbaustoffe mit ähnlicher Kornabstufung vergleichbare erdbautechnische Eigenschaften aufweisen. Die Schwierigkeiten und Probleme im Zusammenhang mit der Klassifzierung, der Eignungsprüfung sowie der indirekten Verdichtungskontrolle mittels Plattendruckversuchen unter Verwendung der Tabellenwerte der ZTV E-StB 17 stellen somit keine Minderung der erdbautechnischen Eignung von mineralischen Sekundärbaustoffen dar.
Abschließend wurden auf Basis der Versuchsergebnisse Vorschläge für die Weiterentwicklung des erdbautechnischen Regelwerkes erarbeitet. Allgemeingültige Richtwerte zur indirekten Verdichtungskontrolle mittels Plattendruckversuchen konnten dabei allerdings weder für bestimmte Materialgruppen noch für bestimmte Materialarten angegeben werden.