Unfallgeschehen auf Landstraßen : eine Auswertung der amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik
(2010)
Im vorliegenden Bericht wird das Unfallgeschehen auf Landstraßen auf der Basis der amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik analysiert. Neben der zeitlichen Entwicklung und der Struktur werden für die verschiedenen Verkehrsbeteiligungsarten dominierende Unfallkonstellationen aufgezeigt. Im Jahr 2007 ereigneten sich auf Landstraßen 86.662 Unfälle mit Personenschaden. Dabei wurden 123.107 Personen verletzt und 3.012 getötet. Mit 35 Getöteten je 1.000 Unfälle mit Personenschaden ist die Unfallschwere mehr als doppelt so hoch wie die durchschnittliche Unfallschwere auf allen Straßenklassen. Seit dem Jahr 2000 sind die Anzahl der Unfälle um 23% und der Getöteten um 37% gesunken. Der mit Abstand größte Anteil Getöteter entfällt mit 1.903 Getöteten auf die Insassen von Pkw. An zweiter Stelle folgen die Nutzer von Motorrädern mit 589 Getöteten. Nutzer von Motorrädern und Fußgänger werden " gemessen an ihrem geringen Anteil an allen Unfallbeteiligten " überdurchschnittlich häufig bei Unfällen auf Landstraßen getötet. Die für das Unfallgeschehen auf Landstraßen bedeutendste Gruppe der Pkw-Unfälle wird geprägt durch einen hohen Anteil von Fahrunfällen in Kombination mit einem Abkommen von der Fahrbahn. Sie sind besonders häufig auf eine nicht angepasste Geschwindigkeit (69% dieser Unfälle) oder Alkoholeinfluss (15%) zurückzuführen. Jeder zweite Pkw-Fahrunfall wurde von einem 18- bis 24-jährigen Fahrer verursacht. Bei den 7.586 Unfällen mit Personenschaden, die von einem Motorradfahrer verursacht wurden, handelt es sich ebenfalls überwiegend um Fahrunfälle mit Abkommen von der Fahrbahn. Bei dieser Unfallkonstellation wurden 165 Personen getötet. Eine nicht angepasste Geschwindigkeit war in 70% der Unfälle unfallursächlich. Die Unfälle ereigneten sich überwiegend in Kurven, auf trockener Fahrbahn und am Tag. Motorradfahrer weisen auf Landstraßen den höchsten Anteil an Alleinunfällen aus. Schwerpunkt der Unfälle, bei denen der Motorradfahrer nicht Hauptverursacher war, sind Kollisionen beim Einbiegen/Kreuzen. Unfälle mit Güterkraftfahrzeugen sind vergleichsweise selten Alleinunfälle. Sie finden häufig am Tag und während der Woche statt. Darüber hinaus sind junge Fahrer von 18 bis 24 Jahren unterdurchschnittlich vertreten. Die Ursachen Alkohol und Geschwindigkeit sind seltener Ursachen des Unfalls " Geschwindigkeit ist jedoch auch hier die häufigste Unfallursache. Bei den von Güterkraftfahrzeugen verursachten Unfällen treten Unfälle im Längsverkehr, bei denen es zu einem Zusammenstoß mit einem entgegenkommenden oder vorausfahrenden Fahrzeug kommt, am häufigsten auf. Ursachen sind die falsche Straßenbenutzung bzw. ein zu geringer Sicherheitsabstand. Fahrradunfälle ereignen sich überwiegend in den Sommermonaten sowie am Sonntag. Senioren ab 65 Jahre und Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren stellen die größte Gruppe der Hauptverursacher. Ein Drittel der Fahrradunfälle sind Fahrunfälle. In der Regel sind die Unfallfolgen dieser Unfälle eher gering. Unfälle beim Einbiegen/Kreuzen treten dagegen mit einer hohen Unfallschwere hervor (80 Getötete je 1.000 Unfälle). Das Nichtbeachten von Vorfahrtszeichen wird am häufigsten als Unfallursache genannt. Unfälle mit Fußgängern haben auf Landstraßen eine eher untergeordnete Bedeutung, die Folgen sind jedoch besonders schwer (99 Getötete je 1.000 Unfälle). Insgesamt wurden 185 Personen bei Unfällen unter Beteiligung von Fußgängern getötet " davon 176 Fußgänger. 133 Fußgänger verloren ihr Leben bei Unfällen in der Dunkelheit. Hat ein Fußgänger den Unfall verursacht, so war er in gut einem Viertel der Fälle alkoholisiert. Die größte Gruppe innerhalb der unfallverursachenden Fußgänger stellen Jugendliche unter 18 Jahren. Insgesamt hat sich die Straßenverkehrssicherheit auf Landstraßen deutlich verbessert. Dennoch bleiben Landstraßen " auch aufgrund der dort herrschenden Unfallschwere " ein Schwerpunkt für die Verkehrssicherheitsarbeit.
Auf Straßen mit - benutzungspflichtigen Radwegen, - nicht benutzungspflichtigen Radwegen, - Radfahrstreifen sowie - Schutzstreifen wurde das Unfallgeschehen sowie die Flächennutzung von fast 39.000 Radfahrern untersucht. Für jeden Anlagentyp wurde der Verkehrsablauf erfasst und Radfahrer befragt. Etwa 90 % der rechts fahrenden Radfahrer nutzen unabhängig von der Benutzungspflicht die Radwege beziehungsweise die Radfahrstreifen beziehungsweise Schutzstreifen selber. Der Anteil regelwidrig Linksfahrender liegt bei 20 % bei Radwegen und bei 10 % bei markierten Führungen. Auf Radwegen begegnen Radfahrer seltener Behinderungen durch andere Verkehrsteilnehmer als auf den Straßen mit Radfahrstreifen oder Schutzstreifen. Bei markierten Führungen gehen die meisten Behinderungen auf regelwidrig haltende Kfz zurück. Auf mehreren untersuchten Radfahrstreifen beziehungsweise Schutzstreifen kommen Radfahrer häufiger in kritische Situationen als auf Radwegen. Bei jedem Anlagentyp streuen die Unfalldichten und die Unfallraten in einem weiten Bereich. Die mittleren Unfallraten (Radfahrerunfälle bezogen auf die Radverkehrsstärke) der Straßen mit Radwegen liegen etwas höher als die der Straßen mit Radfahrstreifen und Schutzstreifen. Jeder Anlagentyp weist jedoch auch hoch unfallbelastete Abschnitte auf. Die hier untersuchten Straßen mit nicht benutzungspflichtigen Radwegen weisen nach Aufhebung der Benutzungspflicht " ebenso wie auch Straßen mit weiterhin benutzungspflichtigen Radwegen - eine niedrigere Unfalldichte als in den "Vorher"-Vergleichsjahren auf. Unabhängig von der Benutzungspflicht von Radwegen ereignen sich über 90 % der Unfälle in den Seitenbereichen. Die mittlere Unfallrate Rechtsfahrender ist bei anforderungsgerechten Radwegen niedriger als bei nicht anforderungsgerechten Radwegen und annähernd mit der Unfallrate anforderungsgerechter Radfahrstreifen vergleichbar. Ausreichenden Sichtbeziehungen zwischen der Radverkehrsanlage und Kraftfahrzeugen-Fahrstreifen sowie ausreichenden Sicherheitsräumen zu Kraftfahrzeugen-Parkständen kommt hohe Bedeutung für die Sicherheit zu. Nicht benutzungspflichtige Radwege werden vor allem wegen eines höheren subjektiven Sicherheitsempfindens oder aus Gewohnheit, aber auch aus Unkenntnis über die aufgehobene Benutzungspflicht genutzt. Typische Regelverstöße von Radfahrern sind nicht durch mangelndes Regelwissen bedingt. Stattdessen besteht sogar ein ausgeprägt deutliches Bewusstsein für Regelübertritte. Eine generelle Präferenz für einen Anlagentyp kann aufgrund der Untersuchungsergebnisse nicht getroffen werden. Ob bauliche Radwege als benutzungspflichtig ausgewiesen sind oder nicht, ist für die Unfallbelastung des Radverkehrs und für die Flächennutzung fast aller Radfahrer nicht ausschlaggebend. Die Beachtung der technischen Entwurfsempfehlungen hat maßgeblichen Einfluss auf eine niedrige Unfallbelastung. Jugendliche und erwachsene Radfahrer sollten breiter über typische Gefahrenstellen bei Unfällen mit Kraftfahrzeugen informiert werden.
Bedingt durch ihre Definition - mindestens 24-stündiger Klinikaufenthalt - umfasst die Kategorie der Schwerverletzten in der amtlichen Verkehrsunfallstatistik eine große Breite tatsächlicher Verletzungsschweregrade. Durch das hohe persönliche Leid sowie die bedeutsamen volkswirtschaftlichen Kosten sind innerhalb dieser Gruppe die Schwerstverletzten von besonderem Interesse. Es werden drei Studien der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) vorgestellt, in denen auf Grundlage verschiedener Datenquellen Verletzungsmuster und Verletzungsschwere in Zusammenhang mit Parametern des Unfallgeschehens gebracht wurden. Zusammengefasst zeigt sich, dass (a) die Zahl der Schwerstverletzten sich in den letzten Jahren nicht in gleichem Maße reduziert hat, wie die Zahlen Schwerverletzter und Getöteter; (b) sich über verschiedene Datenquellen (GIDAS, TraumaRegister DGU, Rettungsdienst, Polizei) ähnliche Verletzungsmuster in Abhängigkeit der Verkehrsteilnahme zeigen; (c) durch die Verbindung von medizinischen Daten des TraumaRegisters mit Daten der Polizei gute Voraussetzungen für eine umfangreiche Erfassung Schwerstverletzter in Deutschland geschaffen werden könnten.