Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Reihe M: Mensch und Sicherheit
Refine
Year of publication
Document Type
- Book (28)
- Conference Proceeding (1)
Keywords
- Verhalten (29) (remove)
Institute
- Sonstige (29) (remove)
292
Das Projekt „Einfluss gleichaltriger Bezugspersonen (peers) auf das Mobilitäts- und Fahrverhalten junger Fahrerinnen und Fahrer" untersucht, inwiefern riskantes Verhalten im Straßenverkehr durch Merkmale des Freundeskreises (Peergruppe) erklärt werden kann. Dieser Forschungsansatz ist als Ergebnis neuerer theoretischer und empirischer Entwicklungen entstanden, die zur Erklärung individuellen Verhaltens zunehmend auch solche Faktoren bemühen, die nicht auf der Ebene der einzelnen Person liegen, sondern die Normen (das Verhalten und die Einstellungen) im sozialen Nahraum integrieren. Ein zweiter Fokus dieser Studie lag auf der Identifikation verhaltensspezifischer und differenzieller Einflussfaktoren, weshalb drei unterschiedliche Arten des Risikoverhaltens junger Fahrerinnen und Fahrer adressiert worden sind, die für die Verkehrssicherheit alle hochgradig relevant sind: Fahren mit deutlich erhöhter Geschwindigkeit, Fahren nach dem Konsum von Alkohol und Handybenutzung während des Fahrens. Im Rahmen dieses Projekts wurden zunächst 311 Personen repräsentativ ausgewählt, die einen Pkw-Führerschein besitzen und zwischen 18 und 24 Jahren alt sein mussten. Diese haben jeweils drei gute Freunde bzw. Freundinnen genannt, die anschließend ebenfalls ausführlich befragt worden sind. Die Ergebnisse basieren also auf einem Stichprobenumfang von 1.244 Personen und belegen einen starken Einfluss der Peergruppe auf das Risikoverhalten junger Fahrerinnen und Fahrer. Die Ergebnisse der Analysen auf individueller Ebene zeigen, dass die wahrgenommene Häufigkeit des Risikoverhaltens im Freundeskreis einen deutlich stärkeren Effekt auf die selbstberichtete Prävalenz des Risikoverhaltens hat als die wahrgenommene Einstellung der Freunde zu diesem Risikoverhalten. Die Befunde der vorliegenden Studie verweisen in vielfältiger Hinsicht darauf, dass die Peergruppe mit Blick auf die Entwicklung verkehrssicherheitsstrategischer Kommunikationsmaßnahmen zu adressieren ist.
289
Entwicklung und Überprüfung eines Instruments zur kontinuierlichen Erfassung des Verkehrsklimas
(2019)
In der öffentlichen Wahrnehmung hat sich das Verkehrsklima in den vergangenen Jahren verschlechtert. Dennoch wurde bis zum jetzigen Zeitpunkt noch kein Versuch unternommen, das Konstrukt des Verkehrsklimas in der breiten Bevölkerung wissenschaftlich zu erheben. Um diese Lücke zu schließen, hat die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) infas mit dem Unterauftragnehmer IAPA Research beauftragt, ein Set von Instrumenten zu entwickeln, mit welchem in Zukunft das Verkehrsklima in Deutschland regelmäßig erhoben werden kann. Das „Verkehrsklima“ wird dabei als der Umgang der Verkehrsteilnehmer/ innen untereinander aufgefasst. Dabei wird es als subjektiv empfundene Größe interpretiert. Diese umfasst zusammengefasst die Wahrnehmung und Bewertung von Interaktionen von Verkehrsteilnehmern und grenzt sich von Begriffen wie „Verkehrssicherheitskultur“ und „Verkehrskultur“ ab. Bei der Entwicklung des Instrumentariums sollte zum einen geprüft werden, ob und wie dabei auf öffentliche Statistiken und sonstige Daten öffentlicher Behörden zurückgegriffen werden kann. Zum anderen sollte ein Fragebogen erstellt und getestet werden, mit dessen Hilfe die subjektive Erfahrung des Straßenverkehrs und damit das Verkehrsklima in der Bevölkerung gemessen werden kann. Die Evaluation öffentlicher Datenbestände ergab, dass diese nur eingeschränkt oder in der vorliegenden Form gar nicht zur Ermittlung des Verkehrsklimas geeignet sind. Dies hängt damit zusammen, dass sich die gesetzlichen oder sonstige Rahmenbedingungen verändert haben können oder unvorhergesehene Ereignisse die Messgenauigkeit beeinflussen, so dass die Bewertung eines Trends nicht möglich ist. Ein anderer Grund ist, dass die Daten öffentlicher Behörden teilweise nicht für das gesamte Bundesgebiet, sondern nur an speziellen Kontroll- bzw. Messpunkten erhoben werden, so dass keine Rückschlüsse auf das Bundesgebiet gezogen werden können. Zudem wurde ein Fragebogen entwickelt, mit welchem das wahrgenommene Verkehrsklima in der Bevölkerung erhoben werden kann. Diese Fragen wurden in einer bevölkerungsrepräsentativen Studie getestet. Ein reduziertes Fragebogeninstrument und ein darauf aufbauender Index können nun dazu benutzt werden, regelmäßig die Einschätzung des Verkehrsklimas in der Bevölkerung zu erheben. Es wird vorgeschlagen, dies alle drei Jahre mit einem Stichprobenumfang von 3.000 Befragten durchzuführen. Diese Größenordnung erlaubt sowohl die belastbare Messung von Veränderungen im Zeitverlauf als auch die Betrachtung von Teilgruppen der Bevölkerung wie etwa nach dem Alter, Regionen oder anderen Merkmalen. Objektive Daten wie etwa Geschwindigkeits-, Abstandsmessungen oder andere derartige Indikatoren sind in diesem Konzept nach intensiver Prüfung und Abwägung nicht enthalten. Ausschlaggebend für diese Entscheidung war der Befund, dass zurzeit nur sehr punktuelle Messungen und keine gut interpretierbaren Zeitreihen verfügbar sind. Sollen diese ergänzend zu den Befragungsdaten zu einer zuverlässigen Beurteilung der Verkehrsklimaentwicklung beitragen, müssen hier noch geeignete Ansätze konzipiert oder bestehende Verfahren fortentwickelt werden. Empfohlen wird daher, objektive Daten erst dann als Kontextmerkmale zur Interpretation des Verkehrsklimas hinzuzuziehen, wenn diese zuverlässig operationalisiert und im Zeitvergleich vorliegen.
253
Smartphones sind mittlerweile weiter verbreitet als herkömmliche Mobiltelefone. Ihre vielfältigen Funktionen werden auch beim Fahren genutzt. In zwei Simulatorstudien wurde untersucht, wie sich diese fahrfremden Tätigkeiten auf das sichere Fahren auswirken. Im Fahrsimulator der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) wurde untersucht, ob Fahrer in der Lage sind, die Beschäftigung mit einer fahrfremden Tätigkeit an die Anforderungen anzupassen, die aus unterschiedlichen Verkehrssituationen erwachsen. Hierzu wurde eine visuo-motorische Nebenaufgabe untersucht, ähnlich dem Eingeben einer Telefonnummer. In einer Bedingung musste diese Aufgabe unter Zeitdruck in vorgegebenen Streckenabschnitten bearbeitet werden (Blockbedingung), während die Fahrer in der anderen Bedingung die Möglichkeit hatten, diese Aufgabe nur dann zu bearbeiten, wenn die Verkehrssituation dies ihrer Meinung nach erlaubte (Selbstregulationsbedingung). Zusätzlich wurden Vergleichsdaten zum Fahren ohne Nebenaufgabe erhoben. In kritischen Verkehrssituationen traten in der Blockbedingung unter Ablenkung signifikant mehr Fahrfehler auf. Insbesondere die Spurhaltung war stark beeinträchtigt. Bei der Anzahl der Kollisionen ließen sich dagegen keine Unterschiede nachweisen. Abgelenkte Fahrer fuhren in kritischen Situationen allerdings auch oftmals langsamer (Kompensationsreaktion). Hatten die Fahrer die Möglichkeit zur Selbstregulation, machten sie kaum mehr Fahrfehler als nicht abgelenkte Fahrer. Sie bearbeiteten dabei in den kritischen Situationen weniger Aufgaben. Die Ergebnisse werden unter Berücksichtigung spezifischer Strategien bei der Selbstregulation sowie moderierender Faktoren diskutiert. Im Fahrsimulator des Würzburger Instituts für Verkehrswissenschaften (WIVW GmbH) wurden verschiedene Aufgaben untersucht, die an Smartphones ausgeführt werden können: Verfassen und Lesen von SMS, Eingeben von Telefonnummern sowie der Informationsabruf aus dem Internet. Eine Gruppe bearbeitete diese Aufgaben in einem freien Bedienkontext, d. h. direkt über Eingaben am Smartphone, das in einer Halterung am Armaturenbrett befestigt war. Die andere Gruppe bearbeitete diese Aufgaben in einer integrierten Bedienlösung. Diese ermöglichte die Steuerung über Sprachbefehle und umfasste eine Vorlesefunktion. Weiterhin war die Nutzung des Internets beschränkt. Die Auswirkungen auf das Blick- und Fahrverhalten wurden sowohl in einer standardisierten Folgefahrt (CarFollow-Anordnung) als auch in einem komplexen Prüfparcours untersucht, der vielfältige Szenarien mit unterschiedlichen Anforderungen beinhaltete, mit denen Fahrer typischerweise konfrontiert werden. Es zeigte sich zusammenfassend, dass die Leistung der Fahrer sowohl im Hinblick auf die Längs- und die Querregelung als auch in Bezug auf das Auftreten von Fahrfehlern besonders stark beeinträchtigt ist, wenn Aufgaben am Smartphone ausgeführt werden, die hohe visuell-motorische Anforderungen an den Fahrer stellen, wie beim Lesen und beim Eingeben von längeren Texten. Daher sind das Verfassen von Kurznachrichten und E-Mails sowie anspruchsvolle Internetaktivitäten, wie z. B. das Lesen auf Mobilseiten von Nachrichtenanbietern und Zeitungen während der Fahrt als eher kritisch zu betrachten. Insgesamt schneiden diese Aufgaben, werden sie mittels einer integrierten Bedienlösung ausgeführt, im Hinblick auf das verursachte Ausmaß der Beeinträchtigung besser ab. So ist die Ablenkung beim Verfassen von Textnachrichten mittels Spracherkennung und bei Nutzung der Vorlesefunktion für eingehende Textnachrichten deutlich reduziert. In der Folge kann die Spurhaltung besser aufrechterhalten werden und es treten weniger Fehler beim Fahren auf. Die Fahrer standen einer Kopplung ihres Smartphones an das fahrzeuginterne Informationssystem und den damit verbundenen Möglichkeiten und Einschränkungen positiv gegenüber. Trotz zum Teil feststellbarer Leistungsbeeinträchtigungen waren keine gravierenden Auswirkungen der Smartphonebenutzung auf die Fahrsicherheit feststellbar. Die Anzahl kritischer Situationen (u. a. Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer, Kollisionen) stieg aufgrund der Benutzung des Smartphones nicht bedeutsam an. Dies lässt sich unter anderem auf erhöhte Kompensationsbemühungen der Fahrer zurückführen, die sich in größeren Abständen oder geringeren Geschwindigkeiten während der Ausführung dieser Aufgaben zeigten. In besonders zeitkritischen Situationen verzichtete ein bedeutsamer Teil der Fahrer komplett auf die Bearbeitung der Aufgaben. So wurde auch in dieser Studie deutlich, dass die Interaktion mit Nebenaufgaben an die Anforderungen der jeweiligen Fahrsituationen angepasst wird.
256
Bereits im Jahr 2002 wurden anhand einer regionalen Studie der BASt erste Rückschlüsse auf einen für die Verkehrssicherheit bedeutsamen Zusammenhang zwischen gesundheitlichen Aspekten und dem Mobilitäts- und Risikoverhalten älterer Verkehrsteilnehmer erkennbar. Mit der hier vorgelegten repräsentativen Studie, welche die Forschungsfrage nach eben diesem möglichen existenten Zusammenhang zwischen gesundheitlichen Aspekten und dem Mobilitäts- sowie Risikoverhalten älterer Verkehrsteilnehmer anhand empirischer Erkenntnisse untersucht, erfolgt ein Lückenschluss. Zur Gewinnung aktueller repräsentativer mobilitäts- und gesundheitsbezogener Eckdaten der Zielgruppe bediente man sich des Instruments der Telefonbefragung von n = 2.000 Personen im Alter ab 50 Jahren und n = 1.000 Personen zwischen 16 und 49 Jahren. Die Planung der Untersuchung erfolgte auf Grundlage einer umfassenden Literaturrecherche sowie bereits vorliegender Erhebungsinstrumente und Befunde aus abgeschlossenen Forschungsprojekten der BASt, beispielsweise der im Auftrag der BASt bearbeiteten Studie "Ältere Menschen im künftigen Sicherheitssystem Straße/Fahrzeug/Mensch (AEMEÃS)"; auf Grundlage dieser Konzeption wurden die gewonnenen Daten zur Mobilität sowie zum Verkehrsverhalten mit den Ergebnissen der Befragungen aus den Projekten "Lebenssituation, Einstellung und Verhalten älterer Autofahrer und Autofahrerinnen" von 1986 sowie "Ältere Menschen im künftigen Sicherheitssystem Straße/Fahrzeug/Mensch (AEMEÃS)" von 1998 verknüpft. Diese Vergleiche zeigen, dass der Besitz einer Fahrerlaubnis wie auch eines Pkws unter den Älteren für beide Geschlechter zunehmend selbstverständlich geworden ist; gleichzeitig fahren immer mehr Ältere 7.500 km oder weniger pro Jahr. Die Analysen zur Erkenntnisgewinnung im Rahmen der vorliegenden Studie "Verkehrsbezogene Eckdaten und verkehrssicherheitsrelevante Gesundheitsdaten älterer Verkehrsteilnehmer (AGE-V3)" erfolgten zum einen durch eine Beschreibung des Mobilitätsverhaltens (ZEM), der verkehrssicherheitsrelevanten Gesundheitsdaten (IfADo) sowie der Unterschiede, die sich auf Grundlage der Gesundheitsdaten im Mobilitätsverhalten zeigen (ZEM). Zum anderen erhielt man auf der Grundlage des Vergleichs jüngerer (16 bis 49 Jahre) und älterer Verkehrsteilnehmer (ab 50 Jahre) Anregungen für die Entwicklung von Verkehrssicherheitsmaßnahmen, stets vor dem Hintergrund der Passung auf die Bedürfnisse älterer Verkehrsteilnehmer. Die Untersuchungen zum Gesundheitszustand sowie zur Medikamenteneinnahme erfolgten unter Berücksichtigung und auf Grundlage der Wirkstoff-Risikoklassifikation für Medikamente aus dem EU-Forschungsprojekt "Driving under the Influence of Drugs, Alcohol and Medicines" (DRUID). Auf der Ebene der Befragungsergebnisse lässt sich festhalten, dass die älteren Befragten wesentlich häufiger verkehrssicherheitsrelevante Medikamente einnehmen und entsprechende Erkrankungen aufweisen. Insgesamt erfolgt durchaus eine Kompensation im Sinne einer Nutzung von Alternativen zum Auto. Insbesondere (ältere) Männer fahren jedoch häufiger nach Einnahme dieser Präparate oder bei Vorliegen einer entsprechenden Erkrankung noch Auto. In den vorgenommenen Modelltests stellte sich die Handlungskompetenzerwartung bezogen auf einzelne Verkehrssituationen " allerdings nur in Kombination mit der Fahrpraxis " als besser geeigneter Prädiktor des Unfallrisikos im Vergleich zu Multimorbidität und Polymedikation heraus. Aus den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung wurden erste Hinweise auf die Entwicklung zielgruppenadäquater Empfehlungen abgeleitet, welche den Bedürfnissen und Schwierigkeiten älterer Verkehrsteilnehmer Rechnung tragen und der zukünftigen Gestaltung der Verkehrssicherheit, Verkehrsplanung und verkehrspolitischen Entscheidungsprozessen zur Orientierung dienen können. Eine wesentliche Empfehlung betrifft hierbei die Sensibilisierung (älterer) Männer für die Auswirkungen eingenommener Medikamente auf die Verkehrstüchtigkeit, um eine verbesserte Selbstkontrolle überhaupt erst zu ermöglichen. Darüber hinaus erscheint es von höchster Bedeutung, die von den Älteren laut der Befragungsergebnisse häufiger in Anspruch genommene hausärztliche Behandlung in dem Sinne produktiv zu nutzen, als der Hausarzt als "Berater" bezüglich der eigenen Mobilität bzw. Verkehrssicherheit fungieren sollte. Hierbei ergibt sich die Notwendigkeit adäquater Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für die Hausärzte. Eine weitere Empfehlung betrifft die Kompensation altersbedingter Leistungseinbußen durch gezielte und regelmäßige Trainingsmaßnahmen bspw. des Arbeitsgedächtnisses sowie weiterer für die Fahraufgabe relevanter Kompetenzen.
254
Mit zunehmendem Alter kommt es zu Veränderungen sensorischer, motorischer und kognitiver Funktionen, die durch Erkrankungen und die Einnahme von Medikamenten verstärkt werden können. Diese Veränderungen können sich auf das Autofahren auswirken und zu Fehlverhalten und Unfällen führen, die zum Teil im Verkehrszentralregister (VZR) erfasst werden. Um Funktionseinschränkungen zu begegnen und weiterhin fahren zu können, aktivieren Ältere häufig Kompensationsmechanismen, wie das Beschränken auf bekannte Strecken. Solche Kompensationsmechanismen könnten bewirken, dass manche ältere Fahrer nur einmal VZR-auffällig werden. Andere Gründe für die unterschiedliche Frequenz der Auffälligkeit können Unterschiede in fahrrelevanten Kompetenzen, Persönlichkeitsmerkmalen und Selbstbildern sein. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, wie sich ältere VZR-Auffällige, die nur einmal registriert wurden, von Mehrfach-Auffälligen im Hinblick auf Persönlichkeitsmerkmale, kognitive Funktionen und Fahrverhalten unterscheiden. Darüber hinaus wurde überprüft, ob und ggf. welche Kompensationsstrategien die Einfach-Auffälligen aktuell im Vergleich zu früher (mit ca. 45 Jahren) anwenden. Hierzu wurden zwei Gruppen von älteren Autofahrern (72+, 199 Einfach- und 200 Mehrfach-Auffällige, fast ausschließlich Männer) hinsichtlich Fahrgewohnheiten, Persönlichkeitsmerkmalen, Einstellungen und v.a. Kompensationsmechanismen beim Autofahren telefonisch befragt. Eine Teilstichprobe (N = 96) wurde darüber hinaus einer verkehrspsychologischen Testung mit psychometrischen Leistungstests und Persönlichkeits- und Einstellungsskalen sowie einer Fahrverhaltensprobe unterzogen. Die Fahrverhaltensprobe wurde auf einer anspruchsvollen Teststrecke in Dortmund durchgeführt; das Fahrverhalten wurde von geschulten Fahrlehrern mit Hilfe der TRIP-Protokolle beurteilt. Zu den Kompensationsstrategien gaben die meisten Befragten an, kritische Situationen wie Autofahrten bei Müdigkeit und Dunkelheit zu vermeiden. Am häufigsten wurden das vorsichtigere Fahren und das Einhalten eines größeren Sicherheitsabstandes im Vergleich zu früher genannt. In der verkehrspsychologischen Testung zeigten sich bei den Befragten keine Hinweise für Demenz oder Depression, und ihre Intelligenz war allgemein hoch oder im Normbereich. Bei der Fahrprobe zeigten ca. 18% der Teilnehmer eine zweifelhafte generelle Fahrqualität. Bei der Qualität der Verkehrswahrnehmung und -einsicht wurde die Leistung bei 30% der Teilnehmer als zweifelhaft und bei 7,3% als unzureichend bewertet. Der Vergleich der Einfach- und Mehrfach-Auffälligen offenbarte insgesamt nur wenige Unterschiede: Mehrfach-Auffällige fahren mehr Kilometer und häufiger täglich Auto als Einfach-Auffällige. Bei den Kompensationsmechanismen zeigte sich insgesamt kein signifikanter Unterschied zwischen Einfach- und Mehrfach-Auffälligen. Die Einfach-Auffälligen vermeiden heute im Vergleich zu früher signifikant mehr kritische Situationen als die Mehrfach-Auffälligen, was auf altersbedingte Kompensation hindeutet. Allerdings war der numerische Unterschied gering und nur in wenigen der Situationen signifikant. Insbesondere vermeiden Einfach-Auffällige im Vergleich zu Mehrfach-Auffälligen das Fahren in Dunkelheit heute mehr als früher. Bei den Persönlichkeitsmerkmalen und Einstellungen zum Autofahren zeigten sich keine Gruppenunterschiede. Ein klarer Unterschied ergab sich hingegen im Selbstbild: Mehrfach-Auffällige schätzen ihre Fahrkompetenz häufiger als "besser als jüngere Fahrer" ein. Bei der verkehrspsychologischen Testung zeigten sich Unterschiede im Subtest Ablenkbarkeit des TAP-M, bei dem zentrale Reize und irrelevante Ablenkreize präsentiert werden: Mehrfach-Auffällige reagierten hier deutlich langsamer auf die relevanten zentralen Reize als Einfach-Auffällige. Bei der Fahrverhaltensprobe zeigten sich keine Gruppen-Unterschiede. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie liefern keine klaren Anhaltspunkte dafür, dass Mehrfach-Auffällige größere sensorische, kognitive oder motorische Defizite aufweisen oder eine andere Persönlichkeits- und Einstellungsstruktur haben als Einfach-Auffällige. Auch hinsichtlich ihrer Kompensationsstrategien und Fahrkompetenz zeigten sich keine konsistenten Unterschiede zwischen den Gruppen. Daher sind somit weder verstärkte Kontrollen noch zusätzliche Auflagen für Mehrfach-Auffällige zu rechtfertigen. Bei der Interpretation der Daten ist außerdem zu berücksichtigen, dass die Trennschärfe der beiden Gruppen vermutlich nicht sehr hoch ist. In zukünftigen Studien sollten daher (vorzugsweise mehrfach) VZR-Auffällige mit unauffälligen Senioren verglichen werden. Darüber hinaus ist grundsätzlich zu empfehlen, Trainingsmaßnahmen für ältere Fahrer zu entwickeln, mit denen ihre Fahrkompetenz und damit die Verkehrssicherheit erhöht werden können.
246
Auf Initiative des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wird die Kampagne "Runter vom Gas!" seit Dezember 2011 mit verändertem Konzept und neuen Kommunikationsinhalten fortgeführt. Die neuen Plakatmotive und andere Medien sprechen nunmehr neben dem Hauptthema der nicht angepassten Fahrgeschwindigkeiten ein breites Spektrum weiterer problematischer Verhaltensweisen im Straßenverkehr an. Im Rahmen des Evaluationsprojekts wurde zum einen die Medienresonanz auf die aktuelle Kampagnenfortsetzung untersucht. Die Auswertung thematischer Berichte ergab ein mit früheren Wellen vergleichbares Medienecho, wobei sich die Medien mit Bewertungen zurückhielten. Die größere thematische Breite der Kampagne wurde dagegen recht intensiv in den Berichten wiedergegeben. Die Medienresonanz fällt damit insgesamt verhalten-positiv aus, erreicht aber nicht ganz das Niveau früherer Kampagnenwellen, bei denen insbesondere die Furchtappell-Motive viel Berichterstattung angeregt hatten. Zudem wurden in einer repräsentativen Umfrage die Bekanntheit der Kampagne und das Problembewusstsein der Bevölkerung untersucht. Die Befunde zeigen, dass eine Aktualisierung der Bekanntheit von "Runter vom Gas!" in der Bevölkerungsbreite gelungen ist. Auch erhalten die neuen Motive positive Bewertungen. Andererseits erweist sich die neue Argumentation über soziale Verantwortung für Mitmenschen als schwieriger verständlich und scheint gerade bei der Risikogruppe der jungen Fahrer nicht optimal "anzukommen". Aus den Befunden der beiden Studien wird eine Reihe von Handlungsempfehlungen abgeleitet, insbesondere eine gestalterische Weiterentwicklung hin zu mehr Aktivierung oder Betroffenheit, eine stärkere Nutzung von Online-Kanälen, ein Ausbau der erfolgreichen Sonderaktionen ("Below the line") sowie eine Ausdifferenzierung der Kampagnenarchitektur hin zu eigenständig konzipierten Sub-Kampagnen für spezifische Risikogruppen und -themen.
237
Die vorliegende Literaturdurchsicht gibt einen Überblick über (inter-)nationale Befunde zum Zusammenhang zwischen dem Verkehrsunfallrisiko und dem ökonomischen, sozialen und kulturellen Hintergrund der Verkehrsteilnehmer. Dabei werden schwer erreichbare oder sozial schwache Personen als Zielgruppen fokussiert. Personen können entweder organisatorisch schwer erreichbar sein (Identifikation; Ansprechbarkeit), oder die Verkehrssicherheitsangebote erreichen ihr Zielpublikum nicht (Akzeptanz; kognitive Ebene) bzw. werden nicht verhaltensrelevant (Compliance; Verhaltensebene). Sozial Schwache werden auf ökonomischen, sozialen und kulturellen Dimensionen von besser Gestellten unterschieden. Parallelen in der Zielgruppenansprache und Ansatzpunkte für Kooperationsmöglichkeiten werden explizit bei Akteuren der Gesundheitsförderung gesehen. Deren Strategie der Verknüpfung verhaltenspräventiver mit verhältnispräventiven Maßnahmen in einem Setting-Ansatz wird vorgestellt. Das Setting Stadtteil/ Quartier erscheint für Interventionen besonders Erfolg versprechend. Zur Verkehrssicherheitsarbeit anschlussfähige Programme der Gesundheitsförderung werden vorgestellt. Der Bericht zeigt die Anknüpfungspunkte der Verkehrssicherheitsarbeit für eine Kooperation im Programm "Soziale Stadt" auf. Ein solches Vorgehen eröffnet für die Verkehrssicherheitsarbeit neue Potenziale zur Ansprache schwer erreichbarer oder sozial schwacher Zielgruppen. Als konkrete Beispiele für eine verhaltens- und verhältnispräventive Verkehrssicherheitsarbeit im Setting Schule wird auf Ansätze der personalen Kommunikation im Setting beruflicher Schulen sowie ein sich gegenüber dem lokalen Umfeld öffnendes Mobilitätsmanagement von Schulen verwiesen. Ein Pilotprojekt zur Kooperation mit anderen Partnern in einem Setting-Ansatz wird ebenso empfohlen wie die Dokumentation vorhandener Maßnahmeansätze für schwer erreichbare Zielgruppen in einer Online-Datenbank oder die Nutzung des Internets zur Zielgruppenansprache.
227
Entwicklung eines methodischen Rahmenkonzepts für Verhaltensbeobachtung im fließenden Verkehr
(2012)
Vielfach soll durch Verkehrsbeobachtung die Entwicklung des Verkehrsverhaltens im Zeitverlauf aufgezeigt und/oder die Wirksamkeit von Verkehrssicherheitsmaßnahmen bewertet werden. Charakteristisch dabei ist, dass bislang für jedes Vorhaben ein eigenes Studiendesign entwickelt wird, obwohl sich die jeweiligen Forschungsfragen trotz ihrer inhaltlichen Vielfalt aus methodischer Sicht auf einige wenige Grundmuster von Aufgabenstellungen reduzieren lassen. Im vorliegenden Forschungsvorhaben geht es deshalb darum, für Erhebungen, bei denen das Verhalten von Verkehrsteilnehmern im fließenden Verkehr beobachtet wird, ein möglichst allgemein anwendbares Design zu entwickeln. Ziel des vorliegenden Projektes ist es somit auch, das Spektrum der Methodik von Verhaltensbeobachtungen im fließenden Verkehr darzustellen sowie auf Probleme und Randbedingungen aufmerksam zu machen. Damit soll all denjenigen eine Hilfestellung gegeben werden, die beabsichtigen, solche Studien durchzuführen. In Kapitel 2 des Berichts werden zunächst einige nationale und internationale Projektbeispiele für Verhaltensbeobachtungen im fließenden Verkehr vorgestellt, auf deren Basis dann das hier in Rede stehende methodische Rahmenkonzept entwickelt wird. Kapitel 3 enthält eine Einordnung der Erhebungsmethode Verhaltensbeobachtung in den konzeptuellen Rahmen der Statistik und empirischen Sozialforschung. Im 4. Kapitel werden statistische Kennzahlen des Verkehrsverhaltens, die aus Beobachtungen gewonnen werden können, systematisiert und zusammengestellt. Kapitel 5 beschäftigt sich mit für Verhaltensbeobachtungen adäquaten Stichprobendesigns, in Kapitel 6 sind die zugehörigen Formeln für die Hochrechnung und Genauigkeitsbeurteilung (Konfidenzintervalle) der Ergebnisse aufgeführt. Kapitel 7 enthält einige methodische Hinweise zu Möglichkeiten und Grenzen der Ziehung einer Zufallsstichprobe für Verhaltensbeobachtungen, in Kapitel 8 wird der Prozess einer Verhaltensbeobachtung unter erhebungspraktischen Gesichtspunkten - basierend auf dem entwickelten Rahmenkonzept - beleuchtet. Vor der Zusammenfassung und den Empfehlungen (Kap. 10) wird in Kapitel 9 noch ein Vergleich des hier entwickelten methodischen Rahmenkonzepts mit der Vorgehensweise bei den aktuellen Erhebungen der BASt zum Schutzverhalten angestellt. In den Schlussbericht sind auch die Ergebnisse eines Workshops eingeflossen, der im Rahmen dieses Projekts am 18.01.2010 in Bergisch Gladbach durchgeführt wurde.
223
Die Verkehrssicherheitskampagne "Runter vom Gas!" wurde im Jahr 2009 mit neuen Inhalten und verschiedenen Aktionen fortgesetzt. Dabei stand neben den jungen Fahrern auch erstmals die Risikogruppe der Motorradfahrer im Fokus. Aufgabe des Forschungsprojekts war es, die Resonanz und Akzeptanz der Kampagne bei Massenmedien und der Bevölkerung empirisch zu untersuchen. Dabei galt es, die im Jahr 2008 begonnene Begleitforschung zur Kampagne fortzuschreiben. Entsprechend wurde (1) die Berichterstattung über die Kampagne systematisch ausgewertet (Medienresonanzanalyse). Zudem wurden (2) zwei Repräsentativumfragen - eine Welle im Juni 2009 und eine weitere im Februar 2010 - durchgeführt. Sie dienten der Bemessung der Kampagnenwirkung in der Bevölkerung im Zeitverlauf. Zusätzlich sollten (3) qualitative Untersuchungen Detailinformationen zu relevanten Wahrnehmungs- und Einstellungsmustern von Motorradfahrern zu Tage fördern. Insgesamt zielte das Evaluationsprojekt darauf ab, die weitere Entwicklung von "Runter vom Gas!" hinsichtlich der Publikums- und Medienresonanz im zweiten Kampagnenjahr nachzuzeichnen und aus den verschiedenen empirischen Teilstudien Empfehlungen abzuleiten, wie die Kommunikationsarbeit zur Senkung der Unfallopferzahlen fortgesetzt werden sollte. (1) Die Medienresonanzanalyse ergab, dass "Runter vom Gas!" in 2009 ein erhebliches Maß an Berichterstattung ausgelöst hat. Zwischen Januar und Dezember 2009 erschienen 249 Beiträge über die Kampagne in Tageszeitungen, Wochenzeitungen/Publikumszeitschriften, Online-Nachrichtensites sowie Special Interest-Zeitschriften und Online-Portale für Motorradfahrer. Dabei waren die Beurteilungen der Kampagne durch die Journalisten nahezu ausschließlich positiv und die Kampagnenmotive wurden den Artikeln häufig als Fotos beigefügt. Insofern hat die Medienberichterstattung die kommunikative Sichtbarkeit und Reichweite der Kampagne auch in 2009 beachtlich gesteigert. (2) Die Ergebnisse der Umfragestudien zeigen, dass "Runter vom Gas!" im Jahr 2009 seine Bekanntheit in der Bevölkerung ausbauen konnte, und zwar hinsichtlich der Verankerung des Kampagnenmottos: Mittlerweile können 24 Prozent der Bundesbürger das Motto der Kampagne ohne Vorabinformation erinnern. Der Anteil der Bevölkerung, der überhaupt Kenntnis von der Kampagne hat, bleibt dagegen stabil gegenüber 2008 bei etwa zwei Dritteln aller Bürger ab 16 Jahren. Die Kampagne erreicht ferner ein hohes Maß an Akzeptanz und Zustimmung, sie gilt als glaubwürdig und professionell. Die intendierte Schock-Wirkung erreicht sie im Spontan-Urteil der Befragten in zufriedenstellendem Maße, wobei hier durchaus Unterschiede zwischen den Motivwellen und den verschiedenen Teilpopulationen bestehen. Trotz dieser seit 2008 nachhaltigen Erfolge bleiben die auf das Thema Fahrgeschwindigkeit bezogenen Einstellungen der Bevölkerung weitgehend unverändert. Große Herausforderungen stellen weiterhin die Hauptrisikogruppen der jungen Fahrer und der Motorradfahrer dar; insbesondere die jungen männlichen Autofahrer sprechen auf die Furchtappell-Strategie nicht so stark an wie etwa junge Fahrerinnen. Die Publikumsresonanz von "Runter vom Gas!" ist insgesamt positiv und erfreulich, sollte aber in Zukunft mit Blick auf die Verhaltensabsichten im Straßenverkehr weiter ausgebaut werden. (3) Die Detailuntersuchungen zu Motorradfahrern ermittelten typische Einstellungsmuster der Risikogruppe. Eine Kultivierung des Fahrspaßes durch hohes Tempo, ein hohes Maß an Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und in die Schutzkleidung sowie eine Schuldzuweisung an die "unvorsichtigen Autofahrer" wurden als Muster identifiziert, die für die künftige Kampagnenstrategie gegenüber dieser Zielgruppe relevant sind. Zudem zeigte eine Betrachtung der Online-Kommunikation im Umfeld der kampagneneigenen Video-Reihe "Fiereks Werkstatt", dass auf diesem Wege die Motorradfahrer sehr gut erreicht werden können. Zusammenfassend kann auch die Fortsetzung der Kampagne "Runter vom Gas!" als Kommunikationserfolg gewertet werden. Aus den Befunden der einzelnen Teilstudien wird eine Reihe von Empfehlungen abgeleitet. (A) Die erreichten Erfolge von "Runter vom Gas!" sollten unbedingt weitergeführt werden. (B) Konzeptionell sollte überdacht werden, ob die Furchtappelle um weitere inhaltliche Elemente (Hinweise zur konkreten Bewältigung von Faktoren, die schnelles Fahren begünstigen) ergänzt werden sollten. Weiterhin werden (C) strategische Partnerschaften etwa mit der Automobilindustrie empfohlen, um die Reichweite von "Runter vom Gas" zu erhöhen. Im Bereich der Kampagnenmedien wird (D) ein Ausbau der Online-Komponenten empfohlen; (E) die Medienarbeit sollte wie in 2009 durch häufige Events fortgesetzt und ebenfalls in Richtung Online-Angebote verstärkt werden. Schließlich wird (F) empfohlen, die wissenschaftliche Begleitung der Kampagnenfortführung weiterhin bereits im Planungsstadium anzusiedeln.
214
Evaluation der Freiwilligen Fortbildungsseminare für Fahranfänger (FSF) : Wirksamkeitsuntersuchung
(2011)
Fahranfänger sind besonders gefährdet, im Straßenverkehr an einem Unfall beteiligt zu sein. Um die Gefährdung der Personengruppe zu reduzieren, wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, zu denen auch eine Erweiterung der Fahrausbildung gehört, die eine aktive Erfahrungsbildung von Fahranfängern im Straßenverkehr unterstützt und die Ausbildung besonderer sicherheitsrelevanter Kompetenzen fördert. Durch die Verordnung über die freiwillige Fortbildung von Inhabern der Fahrerlaubnis auf Probe vom 16.05.2003 wurde die Rechtsgrundlage für die Erprobung einer zweiten Ausbildungsphase der Fahrerausbildung geschaffen. So werden seit dem Jahr 2003 von Fahrschulen Freiwillige Fortbildungsseminare für Fahranfänger (FSF) angeboten. Die Seminare können frühestens sechs Monate nach dem Führerscheinerwerb der Klasse B besucht werden und führen zu einer Verkürzung der regulären oder verlängerten Probezeit um maximal ein Jahr. Der vorliegende Bericht enthält die Ergebnisse der summativen Evaluation, die, entsprechend der gesetzlichen Vorgaben zur Überprüfung der Sicherheitswirksamkeit von FSF, im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) vom Zentrum für Evaluation und Methoden (ZEM), Universität Bonn, durchgeführt wurde. Ziel von FSF ist, die Unfallraten junger Fahrer durch eine Beeinflussung der Verkehrssicherheitseinstellungen zu verringern. Als Kriterium für die Überprüfung der Maßnahmenwirksamkeit wurden daher die durch FSF-Teilnahme erzielten Einstellungsveränderungen verwendet. Dazu wurden Teilnehmer von FSF mit einer parallelisierten Stichprobe von Nicht-Teilnehmern hinsichtlich ihrer fahrsicherheitsrelevanten Einstellungen und Kompetenzen über einen Beobachtungszeitraum von sechs bis zwölf Monaten miteinander verglichen. Die relevanten Indikatoren wurden mittels eines Fragebogens maximal viermal erfasst. Zur Prüfung der Wirksamkeit wurden folgende Vergleichsbetrachtungen angestellt: (1) Unterschiede zwischen Experimental- und Kontrollgruppe zu jedem der Messzeitpunkte. (2) Veränderung der Einstellungen in der Experimental- und Kontrollgruppe über die Messzeitpunkte hinweg. (3) Die kombinierte Betrachtung der Unterschiede zwischen den Gruppen und zwischen den Messzeitpunkten erlaubte eine Aussage darüber, ob die FSF-Teilnehmer über die Messzeitpunkte hinweg und relativ zur Kontrollgruppe günstigere Einstellungsausprägungen im Sinne der Verkehrssicherheit auch bei insgesamt abnehmenden Werten erzielen. Eine Wirksamkeit von FSF konnte für die Mehrzahl der Indikatoren nicht nachgewiesen werden. Für die Risikobereitschaft, die kritische Selbsteinschätzung des Fahrkönnens, das Gefahrenbewusstsein und die Einschätzung der Verkehrssicherheit beim Fahren waren positive Effekte nachweisbar, diese waren jedoch entweder äusserst gering, zeitlich nur von kurzer Dauer oder konnten in der Kontrollgruppe im gleichen Ausmaß nachgewiesen werden. Einzig das Gefahrenbewusstsein war bei FSF-Teilnehmern auch beim dritten Befragungszeitpunkt deutlich höher ausgeprägt als bei Nicht-Teilnehmern. Eine umfassende Wirksamkeit von FSF konnte damit nicht nachgewiesen werden. Offen bleibt, ob das Programm generell keinen Einfluss auf sicherheitsrelevante Einstellungen und Kompetenzen hat, oder ob die Seminare nicht ihrer Konzeption gemäß durchgeführt werden und daher der positive Einfluss nicht zu erreichen und nachzuweisen ist.