Sonstige
Die Qualität und Gleichmäßigkeit der ungebundenen Schichten beeinflusst die Dauerhaftigkeit des gesamten Oberbaus einer Straße deutlich. Eine mangelnde Tragfähigkeit dieser Schichten und die daraus entstehenden Verformungen aufgrund von zyklischer Beanspruchung führen allmählich zu Schäden an der Straßenoberfläche. Die Tragfähigkeit ungebundener Schichten wird bisher ausschließlich punktuell durch statische oder dynamische Plattendruckversuche ermittelt und kann somit nicht als maßgebend für die gesamte untersuchte Schicht angenommen werden. Das Ziel dieses Forschungsprojektes war es, Ideen für ein innovatives Messsystem zur möglichst flächendeckenden und zerstörungsfreien Erfassung der Gebrauchseigenschaften ungebundener Schichten im Straßenbau zu erarbeiten, um damit eine nachhaltige Steigerung der Nutzungsdauer einer Straßenbefestigung zu erreichen. Eine interdisziplinäre Literaturreche, die Auswertung und die theoretische Übertragung auf den ungebundenen Straßenbau führten zu zwei technisch sinnvollen Messmethoden, mit denen genaue Angaben über die tatsächliche Struktur und die relevanten Materialeigenschaften für die ungebundene Schicht erlangt und somit die ganzheitliche Qualität der ungebundenen Schicht beschrieben werden können. Beide Prüfmethoden, harmonische Deflektometrie und Reflexionsmessung, sind vergleichsweise einfach durchzuführende dynamische Messverfahren, bei denen die Messungen an sich jedoch stationär aber zerstörungsfrei stattfinden. Durch wiederholte Messungen in definierten Abständen können die Gebrauchseigenschaften ansatzweise flächendeckend abgeleitet werden. Um eine annährend flächendeckende Aussage zu bekommen, ließen sich beide Messmethoden theoretisch mit Georardarmessungen verknüpfen. Nach bisherigen Erfahrungen können moderne Georadarsysteme zur Überprüfung der Schichtdicken und bedingt zur Überprüfung der Gleichmäßigkeit der Eigenschaften der zu prüfenden Schicht (Dichte) angewendet werden.
Im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen BASt wurden 7 Erprobungsstrecken nachuntersucht, bei denen viskositätsabsenkende Bindemittel im Vergleich zum Normbitumen 50/70 oder polymermodifiziertes Bitumen PmB 45A verwendet wurden. Die Erprobungsstrecken, die über die Bundesrepublik verteilt sind, sind den Bauklassen SV bis III zuzuordnen und liegen zwischen 3 und 6 Jahren unter Verkehr. Vor Ort und an Bohrkernproben aus der Deckschicht sind Untersuchungen zum Gebrauchsverhalten zur Beurteilung des Langzeitverhaltens (Widerstand gegen Verformungen, Nachverdichtung , Hohlraumgehalt, Bindemitteleigenschaften und -alterung, Verhalten bei tiefen Temperaturen, Haftung, chemische Zusammensetzung) durchgeführt worden. Mit den Produkten SmB 35 (Bitumen 50/70 + 3% Sasobit), Sübit VR 45 (Bitumen 50/70 + 3% Licomot), Sasobit (als Zugabe an der Asphaltmischanlage), Romontanwachs Asphaltan B und Aspha-min wurden positive Erfahren gewonnen. Sie sind im Vergleich zu den in den Referenzstrecken verwendeten Bindemitteln 50/70 bzw. PmB 45A gleichwertig. Das Produkt Sübit VR 35 kann wegen singulär aufgetretener Mängel (Risse in der Rollspur) noch nicht abschließend beurteilt werden und bedarf weiterführender Untersuchungen. Es werden Empfehlungen gegeben, welche Anforderungen viskositätsabsenkende Bindemittel erfüllen sollten und in welcher Weise Produkte, die bisher nicht erfasst worden sind, hinsichtlich Erprobungsstrecken und Untersuchungsumfang zu behandeln sind.
Die Wiederverwendung von Ausbauasphalten im gebundenen Straßenoberbau erfolgt in Deutschland seit etwa vier Jahrzehnten. Die in Zukunft anfallenden Ausbauasphalte werden zunehmend bereits mit Asphaltgranulat hergestellt worden sein, sodass mit zunehmenden Alterungsgraden der Bindemittel zu rechnen ist. Entscheidend ist zukünftig, die qualitative Einbindung der Ausbauasphalte in die Wiederverwendungskonzepte zu verbessern. Hierzu sind insbesondere die Aktivierbarkeit und die Homogenisierbarkeit der Bindemittel im Asphaltgranulat mit dem frischen Bindemittel genauer zu beachten. Ob und wieweit eine solche Homogenisierung bei Zugabe von Rejuvenatoren (Verjüngungsmittel) gegeben ist, oder sich vielleicht noch verbessern lässt, ist zu hinterfragen. Zudem ist grundsätzlich die rheologische Wirkung der Rejuvenatoren in Abhängigkeit vom Alterungsgrad der Bindemittel im Asphaltgranulat von Bedeutung. Im Rahmen des Forschungsprojektes wird eine materialbeschreibende Marktanalyse durchgeführt, mit der die Stoffeigenschaften der angebotenen Rejuvenatoren vergleichend betrachtet werden. Neben der Wirksamkeit wird auch die Dauerhaftigkeit der "Verjüngung" durch simulierte Alterungsprozesse (Laboralterung) ermittelt. Nach der umfassenden Charakterisierung der Art und Dauer der Wirkung der Rejuvenatoren wurde in Abhängigkeit von diesen Ergebnissen eine Auswahl für weitergehende Asphaltuntersuchungen getroffen. Mit drei Produkten erfolgt eine umfassende Untersuchung der Auswirkungen auf die performance-orientierten Asphalteigenschaften. Hierzu wurden Laboruntersuchungen und im Anschluss daran Erprobungen im Rahmen einer Straßenbaumaßnahme durchgeführt, wissenschaftlich begleitet und dokumentiert. Der Einfluss der Rejuvenatoren ist unterschiedlich: Einige Rejuvenatoren wirken tatsächlich rheologisch "verjüngend", andere "fluxend". Die dritte Wirkungsvariante zeigt eine Veränderung des rheologischen Verhältnisses aus elastischen und viskosen Verformungsanteil hin zu noch höheren elastischen Anteilen. Dies ist nach bisherigen Erkenntnissen keine gewünschte Wirkungsweise.
Im derzeitigen Regelwerk der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen können mit Bitumenemulsion gebundene Tragschichten nur unzureichend auf Basis empirischer Erfahrungswerte bei der Dimensionierung eines Oberbaus berücksichtigt werden. Hierzu fehlen Erfahrungen über die Höhe der dimensionierungsrelevanten Materialkenndaten und deren beeinflussende Parameter. Die Auswertung der begleitenden Untersuchungen einer großflächigen Baumaßnahme mit einer bitumendominaten Tragschicht in Kaltbauweise (BAB 30) belegt eine zwar gleichmäßige, aber wenig tragfähige Materialqualität. Mit dem Ziel der Optimierung der dimensionierungsrelevanten Kennwerte einer bitumendominaten Tragschicht in Kaltbauweise wurden zunächst Art und Gehalt der Bitumenemulsion und des Asphaltgranulates variiert. Zur Festlegung der Gemischzusammensetzungen wurden die volumetrischen Kenndaten sowie die zeitliche Entwicklung der Steifigkeiten im Spaltzugversuch ermittelt. Die ermittelten Steifigkeiten zeigen, dass statische Spaltzugfestigkeiten von 1,1 bis über 1,5 MPa nach 28 Tagen Probenlagerung erreicht werden können. Die zum Vergleich herangezogene statistische Auswertung von baubegleitenden Untersuchungen der BAB 30 belegt einen deutlichen Unterschied. Hier lagen die mittleren Spaltzugfestigkeiten nach 28 Tagen nur bei 0,5 bis 0,7 MPa. Die Bruchdehnungen der in diesem Forschungsprojekt untersuchten Gemische von über 2,5 ‰ dokumentieren zudem einen eindeutigen emulsions-dominaten Mischgutcharakter. Auch die statischen E-Moduln sind mit bis zu 5000 MPa als hoch für eine Bitumenemulsion gebundene Asphalttragschicht einzustufen. Mit den ausgewählten Gemischen wurden anschließend Probeplatten mit dem Walzsektor-Verdichtungsgerät hergestellt. Hierzu wurden die Verdichtungsbedingungen leicht modifiziert. An den aus den Probeplatten herausgebohrten Bohrkernen wurden mittels dynamischem Spaltzug-Schwellversuch die Steifigkeiten bei Prüftemperaturen von -10 bis 20 -°C, sowie bei den Prüffrequenzen von 0,1, 1, 5 und 10 Hz bestimmt. Darüber hinaus wurde, ebenfalls im Spaltzug-Schwellversuch, das Ermüdungsverhalten bei 20 -°C ermittelt. Die Ergebnisse der dynamischen Spaltzug-Schwellversuche zeigen, dass die Steifigkeiten der mit Bitumenemulsion gebundenen Asphalttragschichten nicht das Niveau einer Heißasphalttragschicht erreichen. Fast über den gesamten Temperatur- und Frequenzbereich sind deutlich niedrigere Steifigkeiten ermittelt worden. Tendenziell erreichen die Gemischvarianten mit dem weicheren Asphaltgranulat zumindest bei niedrigeren Prüftemperaturen und/oder niedrigeren Prüffrequenzen höhere Steifigkeiten im Vergleich zu den Gemischen mit dem härteren Bindemittel im Asphaltgranulat. Die aus den Laborversuchen abgeleiteten Ermüdungskurven zeigen im Vergleich zum Referenzasphalt eine ähnliche Situation. Auch hier ist ein signifikant schlechteres Verhalten im Vergleich zum Niveau einer Heißasphalttragschicht erkennbar. Ebenso zeigt die Mehrzahl der Gemischvarianten mit dem weicheren Bindemittel im Asphaltgranulat im Vergleich zu den Varianten mit dem härteren Asphaltgranulat ein etwas besseres Ermüdungsverhalten. Die Dimensionierungsberechnungen haben ergeben, dass die Einbindung einer Kaltasphalttragschicht in den hohen Belastungsklassen nur sehr bedingt möglich ist. Hier lassen sich lediglich unter Berücksichtigung einer konventionellen Asphalttragschicht als unterste Asphaltschicht brauchbare Lösungen errechnen. Bei Belastungsklassen Bk3,2 und niedriger konnten wirtschaftlich und bautechnisch sehr sinnvolle Lösungen dargestellt werden. Hier bietet sich offensichtlich ein sehr interessantes Anwendungsgebiet für Kaltasphalttragschichten an. Allerdings haben nur wenige der untersuchten Gemischvarianten zu einer wirtschaftlichen Oberbaudicke geführt. Die Varianten mit dem weicheren Asphaltgranulat (AG1), und hier besonders die Varianten mit hohem Asphaltgranulatanteil lieferten die wirtschaftlichsten Oberbaukonzepte. Zukünftige Forschungsprojekte mit Kaltasphaltbauweisen sollten die mechanische Wirksamkeit des Emulsionswassers in zeitlicher Betrachtung berücksichtigen. Hierzu konnte gezeigt werden, dass auch weit über 28 Tage hinaus noch eine deutliche positive Veränderung der mechanischen Eigenschaften an mit Bitumenemulsion gebundener Asphalttragschichten zu erwarten ist.