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Machbarkeitsstudie zum Fahrradsimulator mit besonderer Berücksichtigung von Senioren als Radfahrer

  • In der vorliegenden Machbarkeitsstudie werden die ersten experimentellen Erfahrungen mit dem Fahrradsimulator der BASt berichtet. Für die Untersuchung kam ein statischer Fahrradsimulator, der ebenfalls wie die Simulatorsoftware SILAB vom Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften (WIVW) entwickelt worden ist, zum Einsatz. Da Senioren aufgrund ihrer steigenden Mobilität bei zugleich erhöhter Vulnerabilität als Fahrradfahrer in der Verkehrssicherheitsforschung eine wichtige Zielgruppe darstellen, wurden sowohl Fahrradfahrer ab einem Alter von 65 Jahren (Experimentalgruppe: EG), als auch – aufgrund der bis dato kaum vorhandenen Erfahrungen mit dem Fahrradsimulator – vergleichend Probanden im Alter von 25–50 Jahren (Kontrollgruppe: KG), in die Studie miteinbezogen. Ziel der Studie ist es, grundsätzliches Wissen über die Voraussetzungen, Möglichkeiten und Grenzen zum Einsatz von Fahrradsimulatoren für Verhaltensbeobachtungen zu gewinnen und darzustellen. Neben der eigentlichen Testfahrt, die in einem komplexeren Stadtszenario stattfand, wurden auch die drei vorausgehenden Übungsfahrten zur Eingewöhnung an den Fahrradsimulator evaluiert. Zur Datengewinnung kamen neben der Verhaltensbeobachtung (Versuchsleitersicht/Fremdurteil) und der Fahrdatenaufzeichnung (Geschwindigkeitsmessung) mehrere Fragebögen (Probandensicht/Selbsturteil) zum Einsatz. Die Stichprobe umfasst in der EG 35 ältere Radfahrer (Altersspanne: 65–89 Jahre; MW = 72,43 Jahre/65,7 % männlich; 34,3 % weiblich) und in der KG 31 Radfahrer einer mittleren Altersgruppe (Altersspanne: 25–50 Jahre; MW = 38,42 Jahre/48,4 % männlich; 51,6 % weiblich). Elf Probanden aus der EG sind den älteren Senioren mit einem Alter von mindestens 75 Jahren zuzurechnen. Die Auswertungen des Vorher-Fragebogens mit Fragen zum realen Fahrverhalten ergaben alterstypische Unterschiede zwischen den beiden Untersu¬chungsgruppen: Die älteren Radfahrer bezeichneten sich im Vergleich zu den Probanden der KG als langsamere und vorsichtigere Fahrradfahrer, die risikoreichere Fahrbedingungen meiden. Allerdings gaben die älteren Probanden häufiger an, regelmäßig längere Radtouren über 20 km zu unternehmen. Der Anteil der Probanden mit Vorerfahrungen im Pkw-Fahrsimulator war in der EG niedriger als in der KG. Die Abbruchrate (= Drop-out-Rate) unterscheidet sich zwischen den beiden Untersuchungsgruppen erheblich. Etwa die Hälfte der Senioren (n = 18) brach die Studie vorzeitig ab; bei den älteren Senioren (≥ 75 Jahre) beträgt die Drop-out-Rate sogar 72,7 % (n = 8). Dagegen haben nur 2 Probanden (6,5 %) der KG ihre Teilnahme vorzeitig beenden müssen. Die Hälfte der älteren Probanden brach bereits während der ersten, kurzen Übungsfahrt ab; v. a. aufgrund von Problemen mit dem Handling des Fahrradsimulators. Abbrüche, die erst während der Testfahrt vorgenommen wurden, fanden aufgrund von Unverträglichkeit (Simulatorkrankheit) statt. Beim Vergleich der übrigen Studien-Completer (EG: n = 17; KG: n = 29) zeigt sich, dass die Fahrperformanz der Probanden der EG im Vergleich zu denen der KG im Fremdurteil (aber nicht im Selbsturteil) insgesamt schlechter bewertet wurde. Viele Senioren wiesen ein unsicheres Fahrverhalten auf (auch aufgrund von Problemen mit dem Handling des Fahrradsimulators) und sind im Durchschnitt deutlich langsamer gefahren als die Probanden der KG. Die Gesamtanzahl der Fahrfehler war dagegen in beiden Completer-Gruppen relativ hoch, was zumindest in Teilen auf die noch optimierbare Fahrdynamik zurückgeführt wird. Rein deskriptiv überwogen in der EG Fahrfehler wie das unabsichtliche Verlassen der Fahrbahn, falsches Abbiegen sowie das Auslassen des Handzeichens. Bei den Probanden der KG konnten demgegenüber mehr Kollisionen und mehr Vorfahrtsfehler beobachtet werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Probanden der KG aufgrund ihrer höheren Fahrgeschwindigkeit mehr kritischen Verkehrsszenen ausgesetzt waren als die Probanden der EG. Schließlich ist positiv zu erwähnen, dass die Studie erste Hinweise für eine gelungene Immersion (= ‚Eintauchen in die virtuelle Welt‘) liefern kann. Für zukünftige Studien werden zwei Ansatzpunkte als besonders aussichtsreich gesehen, um die hohe Drop-out-Rate bei den Senioren zu reduzieren. Zum einen könnte ein umfangreicheres Eingewöhnungstraining mit einem langsameren und systematischeren Aufbau des Schwierigkeitsgrades den Bedürfnissen der Senioren besser gerecht werden. Hierbei wird empfohlen, sich zunächst auf die Gruppe der jüngeren Senioren (65–74 Jahre) zu konzentrieren. Zum anderen könnte eine weitere Optimierung der Fahrdynamik hinsichtlich der Lenkung, Bremsung und Geschwindigkeit die Drop-out-Rate durch einen geringeren Adaptionsbedarf verringern. Erste Lösungsansätze hierzu können bereits aufgezeigt werden. Für zukünftige experimentelle Verkehrssicherheitsstudien ist es erforderlich, dass zunächst eine systematische Validierung durch Vergleiche mit Realfahrten erfolgt.
  • This feasibility study reports on the first experimental experiences with the BASt bicycle simulator. A static bicycle simulator was used for the study, which was developed by the Würzburg Institute for Traffic Sciences (Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften, WIVW), as well as the SILAB simulator software. Older cyclists represent an important target group in road safety research due to their increasing mobility and, at the same time, increased vulnerability. For this reason both cyclists aged 65 and over (experimental group: EG) and, by way of comparison, middle-aged test subjects aged 25–50 (control group: CG) were included in the study. The aim of the study is to gain and present basic knowledge about the prerequisites, possibilities and limitations for the use of the bicycle simulator for behavioural observations. In addition to the actual test ride taking place in a quite complex urban scenario, the three preceding practice rides used to help participants become familiar with the bicycle simulator were also evaluated. For data collection, several questionnaires (subject’s view/self-assessment) were used in addition to behavioural observation (observer’s view/external assessment) and recording of cycling (speed measurement). The sample comprised 35 older cyclists in the EG (age range: 65–89 years; M = 72.43 years/65.7% male; 34.3% female) and 31 middle-aged cyclists in the CG (age range: 25–50 years; M = 38.42 years/48.4% male; 51.6% female). Eleven subjects from the EG are 75 years of age and older. The evaluation of the pre-questionnaire containing questions on real cycling behaviour reveal age-typical differences between the two study groups: compared to the middle-aged, the older cyclists described themselves as slower and more cautious cyclists who avoid riskier cycling conditions. However, the older subjects more often stated that they regularly undertook longer cycling trips over 20 km. The proportion of subjects with prior experience in the car driving simulator was lower in the EG than in the CG. The drop-out rate differs considerably between the two study groups. About half of the older subjects (n = 18) broke off the study prematurely; among the oldest subjects (≥ 75 years), the drop-out rate even amounted to 72.7% (n = 8). In contrast, only 2 middle-aged subjects (6.5%) had to drop out of the study prematurely. Half of the older subjects already dropped out during the first, short practice ride; mainly due to problems with handling the bicycle simulator. Drop-outs as late as during the test ride were due to intolerance (simulator sickness). The comparison of the left study completers (EG: n = 17; CG: n = 29) shows that the cycling performance of the EC subjects was rated worse in the external assessment (but not in the self-assessment) than that of those in the CG. Many older subjects showed an unsafe cycling behaviour (also due to problems with the handling of the bicycle simulator) and on average rode significantly slower than the subjects of the CG. The total number of cycling errors, on the other hand, was relatively high in both completer groups, which is attributed at least in part to the cycling dynamics that can still be optimized. Cycling errors such as unintentionally drifting out of the lane, making wrong turning, and omitting the hand signal predominated in the EG. In contrast, more collisions and more right-of-way errors were observed in the subjects of the CG. Thereby it should be taken into account that the subjects of the CG were exposed to more critical traffic scenes than the subjects of the EG due to their higher cycling speed. Finally, on a positive note, the study can provide initial indications of successful ‘immersion in the virtual world’. For future studies, two approaches are expected to reduce the high drop-out rate among the older subjects. On the one hand, a more comprehensive familiarisation training with a slower and more systematic build-up of the level of difficulty could better meet the needs of the older subjects. It is recommended to first concentrate on the group of older subjects between 65 to 74 years. On the other hand, further optimisation of the simulated cycling dynamics with regard to steering, braking and speed could reduce the drop-out rate by minimising the need for adaptation. The first approaches to solving this problem can already be demonstrated. For future experimental road safety studies, it is necessary to first carry out a systematic validation study through comparison with real cycling behaviour.

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Metadaten
Verfasserangaben:Martina Suing
URN:urn:nbn:de:hbz:opus-bast-29566
DOI:https://doi.org/10.60850/bericht-m347
ISBN:978-3-95606-791-4
ISSN:0943-9315
übersetzter Titel (Englisch):Bicycle simulator study with older adults: feasibility study
Schriftenreihe (Bandnummer):Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Reihe M: Mensch und Sicherheit (347)
Verlag:Fachverlag NW in der Carl Ed. Schünemann KG
Verlagsort:Bremen
Dokumentart:Buch (Monographie)
Sprache:Deutsch
Datum der Veröffentlichung (online):03.07.2024
Datum der Erstveröffentlichung:14.08.2024
Veröffentlichende Institution:Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)
Datum der Freischaltung:14.08.2024
Freies Schlagwort / Tag:Fahrrad; Simulator; Verkehrssicherheit
Bicycle; Simulator; traffic safety
Seitenzahl:96
Bemerkung:
Projekt-Nr.:    43.19002
Projekttitel:   Machbarkeitsstudie zum Fahrradsimulator mit besonderer Berücksichtigung von
Senioren als Radfahrer

Fachbetreuung:   Martina Suing
Referat:   Grundlagen des Verkehrs- und Mobilitätsverhaltens
DDC-Klassifikation:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 62 Ingenieurwissenschaften / 620 Ingenieurwissenschaften und zugeordnete Tätigkeiten
Lizenz (Deutsch):License LogoBASt / Link zum Urhebergesetz

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