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Einfluss von Notbremssystemen auf die Entwicklung von Lkw-Auffahrunfällen auf Bundesautobahnen

The impact of Advanced Emergency Braking Systems on the development of rear-end collisions of trucks on German motorways

  • Auf deutschen Bundesautobahnen kommt es immer wieder zu schweren Auffahrunfällen, die von Güterkraftfahrzeugen oder Bussen verursacht werden. Moderne Notbremsassistenzsysteme (AEBS), wie sie schon seit vielen Jahren in Personenkraftwagen verbaut werden, haben das Potenzial, eine große Anzahl dieser Unfälle vollständig zu vermeiden oder die Unfallfolgen abzumildern. Daher hat die Europäische Kommission mit dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 347/2012 in einem zweistufigen Verfahren die pflichtmäßige Ausstattung von Güterkraftfahrzeugen (GKfz) und Bussen mit einem Notbremssystem vorgeschrieben. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Auswirkungen des Inkrafttretens der Verordnung hinsichtlich des Unfallgeschehen auf Bundesautobahnen zu untersuchen bzw. den Maßnahmeneffekt der Einführung von Notbremssystemen zu ermitteln. Die Grundlage der Auswertungen bilden die Einzeldaten der amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik für die Jahre 2009 bis 2018 und ergänzende fahrzeugtechnische Angaben des Kraftfahrtbundesamtes. Letztere Angaben liegen nur für in Deutschland zugelassene Fahrzeuge vor, wodurch sich der Untersuchungsbereich auf eben diese Fahrzeuge beschränkte. Die Verordnung gilt für die Fahrzeugklassen M2, M3, N2 und N3, beinhaltet jedoch einige Ausnahmen. Für die Auswertung wurden die Fahrzeugklassen, für die das AEBS verpflichtend ist, daher mithilfe der Verkehrsbeteiligungsart in den Unfalldaten abgegrenzt. Auf diese Weise wurden neun Verkehrsbeteiligungsarten den Güterkraftfahrzeugen zugeordnet und eine Verkehrsbeteiligungsart den Bussen. Notbremsassistenzsysteme dienen vornehmlich der Vermeidung von Auffahrunfällen, sodass zunächst ausgehend von Unfalltyp und Unfallart das Unfallszenario Auffahrunfall abgegrenzt wurde. Ergänzend wurden zwei weitere Unfallszenarien gebildet, nämlich die Spurverlassen-Unfälle und die anderen Unfälle. Untersucht wurden Unfälle mit Personenschaden und schwerwiegende Unfälle mit Sachschaden im engeren Sinne, die von Güterkraftfahrzeugen und Bussen auf Bundesautobahnen verursacht wurden. Innerhalb der Gruppe der als GKfz bzw. Busse abgegrenzten Fahrzeuge nahm die Anzahl der Unfälle im Zeitraum von 2009 bis 2018 um 6,5 % leicht zu. Die Unfallzahlen entwickelten sich jedoch besser, je jünger die Fahrzeuge waren. Fahrzeuge mit einem Alter von weniger als fünf Jahren wiesen rückläufige Unfallzahlen auf. Während die Anzahl der Spurverlassen-Unfälle und der anderen Unfälle konstant bis leicht rückläufig war, stieg die Gesamtzahl der Auffahrunfälle mit einem Zuwachs von 21 % deutlich an. Der Bestand von Lkw und Zugmaschinen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 8 t nahm in den Jahren 2012 bis 2018 zu, wobei insbesondere der Bestand älterer Fahrzeuge angewachsen ist. Die Unfallrate blieb hingegen nahezu konstant, während die Unfallbelastung im gleichen Zeitraum um 11,7 % gesunken ist. Der Gesamteffekt der Maßnahme, welcher angibt, wie stark sich die Unfallzahlen von Güterkraftfahrzeugen und Bussen vom Vor- zum Analysezeitraum durch Notbremssysteme insgesamt reduziert haben, wurde mithilfe von Odds Ratios ermittelt. Neben der Untersuchungsgruppe wurden drei Vergleichsgruppen definiert, sodass der Gesamteffekt aus den einzelnen Veränderungen aller vier Gruppen vom Vor- zum Analysezeitraum bestimmt werden konnte. Die Vergleichsgruppen wurden so definiert, dass sie von der Maßnahme nicht betroffen waren. Der Gesamteffekt (Maßnahmeneffekt) beläuft sich auf 37 % und ist signifikant. Aufgrund der sehr trennscharfen Eingrenzung der Untersuchungsgruppe auf Fahrzeuge, die sicher mit AEBS ausgestattet sind, und auf Auffahrunfälle, auf deren Vermeidung AEBS bestimmungsgemäß abzielt, ist ein Effekt von 37 % in Bezug auf seine Größenordnung durchaus zu erwarten. Die Wirkung der ersten Stufe der EU-Verordnung mit noch verhältnismäßig geringen Anforderungen wird mit dem ermittelten Gesamteffekt vermutlich etwas überschätzt, da sich unter den Fahrzeugen mit AEBS auch solche befinden, die bereits vorzeitig das geforderte Leistungsvermögen der zweiten Stufe der EU-Verordnung erfüllen, und auch solche, die in Bezug auf ihr Leistungsvermögen freiwillig noch weiter darüber hinausgehen.4 Außerdem wurde untersucht, ob neben den Unfallzahlen auch eine Veränderung der Verletzungsschwere verzeichnet werden kann. Es konnte ein deutlicher Rückgang der Zahl der Schwerverletzten vom Vor- zum Analysezeitraum beim Vergleich von Untersuchungsgruppe und der ersten Vergleichsgruppe festgestellt werden. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass durch die verpflichtende Ausstattung von Güterkraftfahrzeugen und Bussen mit einem Notbremssystem nicht nur die Unfallzahlen deutlich reduziert, sondern auch die Unfallschwere der verbleibenden Unfälle abgemildert wurde. Ungeachtet dessen zeigt die Analyse auch, dass trotz AEBS nach wie vor eine große Zahl nicht vermiedener Auffahrunfälle zu verzeichnen ist und hier somit weitere Schritte zur Verbesserung der Verkehrssicherheit von schweren Güterkraftfahrzeugen und Bussen erforderlich sind.
  • Severe rear-end collisions caused by coaches and heavy goods vehicles (HGV) are an issue on German motorways. Modern Advanced Emergency Braking Systems (AEBS) for trucks that have already been used in passenger cars for a longer period offer the potential to reduce the number or mitigate the consequences of these serious accidents. Therefore, the European Commission passed Regulation (EU) No 347/2012 that by defining two successive approval levels obliges manufacturers to equip their trucks and busses with AEBS. The aim of this work is to investigate the impact of the regulation regarding the accident occurrence and thus to determine the effect of AEBS equipment in terms of reducing the number and severity of accidents. The work is based on the individual data of the German National Road Accident Statistics for the period of 2009 to 2018 and information of the Federal Motor Transport Authority regarding vehicle technology for vehicles which have been registered in Germany. The scope of the investigation includes all types of vehicles that are affected by the regulation. The relevant vehicle classes have been identified and delimited on the basis of the modes of transport contained in the Germany National Road Accident Statistics. As a result, one class for coaches and nine types of HGV were considered in the subsequent analysis. Primarily, AEBS is used to avoid rear-end collisions. Therefore, an accident scenario with rear-end collisions has been defined as well as two additional scenarios for lane departure accidents and other accidents. The investigation scope covers accidents with severe material damage in the narrow sense or personal injury that were caused by coaches or HGV on German motorways. Within the period under review (2009-2018) the number of accidents caused by coaches or HGV for the three defined scenarios slightly increased by 6.5%. The number of accidents caused by vehicles that were younger than five years decreased in the same period of time. Furthermore, a clear growth of rear-end collisions (+21%) was recorded while the number of accidents for the other two scenarios remained nearly constant. The stock of HGV with a maximum authorised mass of over 8 t has been increasing since 2012 with a particular increase in the amount of older vehicles. In contrast, the mileage-related accident rate remained on a nearly constant level while the accident rate relating to the vehicle stock decreased by 11.7% between 2012 and 2018. Odds ratios have been used to determine the total effect of AEBS on the development of accidents. The total effect indicates the changes in numbers of accidents of HGV and coaches affected by AEBS from the comparison period before the introduction of Regulation No 347/2012 to the analysis period after the introduction. Four groups were defined – one analysis group and three control groups that are not affected by the AEBS. The total effect of 37% (significant) has been determined from the individual changes within each group from the comparison period to the analysis period. Due to the very selective definition of the analysis group by only including vehicles that are definitely equipped with AEBS and by focusing on pure rear-end accidents which AEBS should address by design, a total effect of 37 % is in an expected range. However, the effect of the first approval level of the EU directive with relatively low performance requirements is assumed to be overestimated because among the vehicles with AEBS there are vehicles that already fulfill the performance requirements of approval level 2 and beyond.5 Besides, it was investigated if a reduction of the accident severity could be observed. The comparison of the analysis group and the first control group from the comparison period to the analysis period suggested a reduction of severe injuries. As a whole, the findings indicate that the compulsory equipment of coaches and HGV with AEBS is not only leading to a significant decrease in the number of rear-end collisions but also to a decrease of injury severity. a, the findings also show that even with the obligation of AEBS still a high number of accidents can be observed that are not avoided. This means that further action to improve traffic safety of heavy goods vehicles and buses have to be taken.

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Metadaten
Verfasserangaben:Leon StraßgütlORCiDGND, Daniel SanderORCiD
URN:urn:nbn:de:hbz:opus-bast-25183
ISBN:978-3-95606-580-4
Schriftenreihe (Bandnummer):Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Reihe F: Fahrzeugtechnik (F 139)
Verlag:Fachverlag NW in der Carl Ed. Schünemann KG
Verlagsort:Bremen
Dokumentart:Buch (Monographie)
Sprache:Deutsch
Datum der Veröffentlichung (online):24.06.2021
Datum der Erstveröffentlichung:24.06.2021
Veröffentlichende Institution:Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)
Urhebende Körperschaft:Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)
Datum der Freischaltung:24.06.2021
Freies Schlagwort / Tag:Autobahn; LKW; Notbremsassistenzsysteme (AEBS); Unfall
Accident; Highway; Modern Advanced Emergency Braking Systems (AEBS); Truck
Seitenzahl:44
Bemerkung:
Bericht zum Forschungsprojekt 5115008
Einfluss von Notbremssystemen auf die Entwicklung
von Lkw-Auffahrunfällen auf Bundesautobahnen
Referate
Unfallanalyse, Unfallstatistik
Aktive Fahrzeugsicherheit und Fahrerassistenzsysteme
Institute:Abteilung Fahrzeugtechnik
DDC-Klassifikation:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 62 Ingenieurwissenschaften / 620 Ingenieurwissenschaften und zugeordnete Tätigkeiten
Lizenz (Deutsch):License LogoBASt / Link zum Urhebergesetz

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