Zur experimentellen Bestimmung der Wärmedehnzahl von Beton im Straßenbau
- Rechnerische Analysen im Zuge der Dimensionierung und Substanzbewertung gewinnen im Betonstraßenbau zunehmend an Bedeutung. Eine hinreichende Kenntnis über das im nationalen Betonstraßenbau spezifische thermische Ausdehnungsverhalten des Baustoffs Beton ist für eine adäquate Berücksichtigung bei der Modellbildung essenziell. Den aktuellen Ansätzen liegen ingenieurtechnische Annahmen zugrunde, die auf allgemeinen Richtwerten aus den 1960er Jahren basieren. Eine systematische und gezielte Verknüpfung mit aktuelleren Erkenntnissen sowie auf den nationalen Betonstraßenbau ausgerichtete labortechnische Untersuchungen fehlen. Derzeit existieren national und europäisch jedoch keine standardisierten oder genormten Verfahren zur experimentellen Bestimmung der Wärmedehnzahl von Beton. Diese Arbeit verfolgt zusammenfassend folgende konkrete Zielstellungen: a) Erstellung einer geschlossenen Abhandlung zur Thematik der Wärmedehnzahl von Betonen mit spezifischer Ausrichtung auf den nationalen Straßenbau und die Verwendung des Kennwertes für rechnerische Analysen b) Schaffung von Grundlagen für die Aufnahme eines Prüfverfahrens zur Bestimmung der Wärmedehnzahl in die TP B-StB [1] c) Überprüfung vorhandener Literaturwerte hinsichtlich der spezifischen Verwendbarkeit im Betonstraßenbau d) Bewertung des aktuellen Dimensionierungsansatzes in den RDO Beton [2] In Kontext der Verwendung von Wärmedehnzahlen für rechnerische Analysen im Betonstraßenbau ergibt sich eine sehr hohe Bedeutung in Bezug auf zwei Komplexe, die für die Dauerhaftigkeit von Fahrbahndecken aus Beton entscheidend sind. Zum einen beeinflusst die Wärmedehnzahl maßgeblich das Längs- und Querdehnungsverhalten der Decke. Zum anderen stellt sie einen maßgebenden Parameter für die rechnerische Dimensionierung [2] dar. Darüber hinaus hängt der maßgebende Anteil der mechanischen Beanspruchung von Fugenfüllsystemen bei Decken in Plattenbauweise insbesondere auch von der Wärme-dehnzahl des Betons ab. Zur Bewertung der Genauigkeit experimentell bestimmter Wärmedehnzahlen wurden in [3] Sensitivitätsanalysen mit den rechnerischen Verfahren zur Dimensionierung und Subs-tanzbewertung durchgeführt. Im Ergebnis sollte bei der Bestimmung von Wärmedehnzahlen zur Nutzung als Eingangsdaten in die Berechnungen eine relativ hohe Genauigkeit von ± 0,3 ∙ 10-6/K angestrebt werden. Es wurden zwei Prüfansätze zur experimentellen Bestimmung der Wärmedehnzahl entwickelt, angewendet und kritisch analysiert. Zur Messung der thermisch bedingten Längen¬änderung werden ein Setzungsdehnungsmesser mit digitaler Messuhr (Prüfansatz 1) sowie induktive Wegaufnehmer (Prüfansatz 2) verwendet. Es zeigt sich, dass insbesondere unter Verwendung von induktiven Wegaufnehmern eine sehr gute Reproduzierbarkeit der Mess¬ergebnisse erzielt werden kann. Um die Richtigkeit der Prüfergebnisse beurteilen zu können, wurden Bezugswerte an Referenzmaterialien anhand von Dilatometermessungen an verschiedenen Instituten ermittelt. Für den hier betrachteten Temperaturbereich zwischen 0 °C und 40 °C ergeben sich mittlere Wärmedehnzahlen für eine Edelstahl- bzw. Aluminium-Legierung in Höhe von 15,40 · 10-6/K bzw. 21,69 · 10-6/K. In Vergleichsuntersuchungen wurde eine sehr gute Annäherung der Prüfergebnisse bei Verwendung von Prüfansatz 1 (PA1) sowie von Prüfansatz 2 (PA2) mit einer Aluminium-Legierung als Kalibriermaterial an die Bezugswerte erzielt. Die Abweichungen liegen zwischen 0,07 bis 0,21 · 10-6/K. Eine erste allgemeine Einschätzung zur Genauigkeit der Prüfergebnisse zeigt, dass bei Verwendung von PA2 die geforderte Genauigkeit des Prüfergebnisses von ± 0,3 · 10-6/K bei einem Konfidenzniveau von 95 % auch bei sehr kleinen Stichproben erfüllt wird. Bei PA1 kann bei größeren Stichproben dieser Genauigkeitsanforderung entsprochen werden. Vor dem Hintergrund einer höheren Praktikabilität wird der PA1 für die umfassenden Bestandsuntersuchungen herangezogen. Den Bestandsuntersuchungen lag eine Stichprobe von 58 Bestandsstrecken aus dem BAB-Netz zugrunde. Die Probekörper wurden auf den maßgebenden lufttrockenen Zustand konditioniert. Es ergaben sich Wärmedehnzahlen der Straßenbetone für die einzelnen untersuchten Schichten zwischen 7,4 – 12,2 ∙ 10-6/K, wobei – wie zu erwarten – die niedri-gen Dehnungswerte bei kalkreichen Gesteinskörnungen und die höheren Werte bei Kiesen mit einem hohen Anteil an Quarzgestein festgestellt wurden. Der aktuell für den Regelfall in der rechnerischen Dimensionierung vorgesehene Richtwert für die Wärmedehnzahl von 11,5 ∙ 10-6/K wird in 7,5 % der untersuchten Betone überschritten. Die verfügbaren Literaturwerte können in Form der angegeben Mittelwerte nur als Orientierung herangezogen werden. Für die im Straßenbau zum Einsatz kommenden Kiese, welche hinsichtlich der Gesteinsart heterogen zusammengesetzt sind, liegen keine Literaturwerte vor. Orientierungsmessungen zum Einfluss der Betonfeuchte auf die Wärmedehnzahl zeigen, dass bei wassergesättigten Proben im Vergleich zu lufttrockenen die Wärmedehnzahl durchschnittlich um 2,7 ∙ 10-6/K geringer ausfällt. Bei der Bestimmung der Wärmedehnzahl an wassergesättigten Probekörpern sollte das Prüfergebnis nach aktuellem Wissensstand um 25 % erhöht werden. Aufbauend auf dieser Arbeit sollte zur Überführung eines Prüfverfahrens in die TP B-StB zunächst eine Arbeitsanleitung für einen Prüfansatz oder mehrere Prüfansätze erarbeitet und anschließend ein Ringversuch zur Bestimmung der Präzisionskenndaten durchgeführt werden. Zur Qualitätssicherung wird es als zwingend erforderlich angesehen, durch eine zentrale Stelle Referenzprismen aus Metall mit zugehörigem Bezugswert für die Wärme¬dehnzahl zur Verfügung zu stellen. Perspektivisch sollten die Bestandsuntersuchungen systematisch fortgesetzt werden, um zum einen ein verbessertes Verständnis zur zeitlichen Entwicklung der Wärmdehnzahlen von Straßenbetonen in situ zu erlangen und zum anderen die Datenbasis insbesondere von Betonen mit hohem thermischen Dehnungsvermögen zu erhöhen. Darüber hinaus sollten vor dem Hintergrund des hohen Einflusses aus dem Feuchtegehalt des Betons die realen Feuchteverteilungen über die Deckenhöhe sowie innerhalb einer Fahrbahnplatte (Platten¬mitte, Plattenrand) eruiert werden, um Rückschlüsse auf die feuchtebedingten Streuungen der Wärmedehnzahl im Bauteil ziehen zu können. Bei der vorliegenden Veröffentlichung handelt es sich um eine von der „Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften der Universität Stuttgart“ genehmigte Dissertation zum Erwerb des Doktorgrades. Die mündliche Prüfung fand am 12.04.2024 statt. Gutach¬ter waren Herr Prof. Dr.-Ing. Harald Garrecht und Herr Prof. Dr.-Ing. Rolf Breitenbücher.
- Computational analyses in the course of dimensioning and substance assessment are becoming increasingly important in the field of concrete pavement construction. Adequate knowledge of the thermal specific thermal expansion behaviour of concrete is essential for sufficient consideration in modeling. The current approaches are based on engineering assumptions that are based on general guide values from the 1960s. There is a lack of systematic and targeted linking with more recent findings and laboratory studies geared towards national concrete pavement construction. However, there are currently no natio¬nal or European standardized or normed procedures for the experimental determination of the coefficient of thermal expansion (CTE) of concrete. In summary, this work pursues the following concrete objectives: a) Preparation of a closed treatise on the subject of the CTE of concretes with a spe¬cific focus on national road construction and the use of the characteristic value for computational analyses b) Creation of a basis for the inclusion of a test method for determining the CTE in the TP B-StB [1] c) Review of existing literature values with regard to specific usability in concrete road construction d) Evaluation of the current dimensioning approach in the RDO Beton [2] In the context of the use of the CTE for computational analyses in concrete road construc¬tion, there is a very high significance with regard to two complexes that are decisive for the durability of concrete pavements. On the one hand, the thermal expansion coefficient significantly influences the longitudinal and transverse expansion behaviour of the pavement. On the other hand, it is a decisive parameter for calculative dimensioning [2]. In addition, the decisive part of the mechanical stress of joint filling systems in Jointed Plain Concrete Pavements in particular on the CTE of the concrete. To evaluate the accuracy of experimentally determined coefficients of thermal expansion, sensitivity analyses were carried out in [3] using the mathematical methods for dimensioning and substance assessment. As a result, a relatively high accuracy of ± 0.3 ∙ 10-6/K should be aimed for when determining coefficients of thermal expansion for use as input data in the calculations. Two test approaches for the experimental determination of the CTE were developed, applied and critically analyzed. A settlement extensometer with a digital dial gauge (test approach 1) and inductive displacement transducers (test approach 2) are used to mea¬sure the thermally induced change in length. It is shown that a very good reproducibility of the measurement results can be achieved, especially when using inductive displacement transducers. In order to be able to assess the accuracy of the test results, reference values were determined for reference materials using dilatometer measurements at various institutes. For the temperature range considered here between 0 °C and 40 °C, the mean thermal expansion coefficients for a stainless steel and aluminum alloy are 15.40 ∙ 10-6/K and 21.69 ∙ 10-6/K respectively. In comparative tests, a very good approximation of the test results to the reference values was achieved when using test approach 1 (PA1) and test approach 2 (PA2) with an aluminum alloy as calibration material. The deviations are between 0.07 and 0.21 ∙ 10-6/K. An initial general assessment of the accuracy of the test results shows that the required accuracy of the test result of ± 0.3 ∙ 10-6/K at a confidence level of 95 % is met even with very small samples when using PA2. With PA1, this accuracy requirement can be met with larger samples. Against the background of greater practicability, PA1 is used for the comprehensive investigations in situ. The in situ investigations were based on a random sample of 58 existing sections from the German motorway network. The test specimens were conditioned to the relevant air-dry state. CTEs were found to be between 7.4 – 12.2 ∙ 10-6/K for the individual layers examined, whereby – as expected – the low expansion values were found for aggregates rich in lime and the higher values for gravel with a high proportion of quartz rock. The current guideline value of the CTE of 11.5 ∙ 10-6/K for the standard case in dimensioning is exceeded in 7.5 % of the concretes tested. The available literature values can only be used as a guide in the form of the specified mean values. No literature values are available for the gravel used in road construction, which has a heterogeneous composition in terms of rock type. First measurements on the influence of concrete moisture on the thermal expansion behaviour show that the CTE is on average 2.7 ∙ 10-6/K lower for water-saturated samples compared to air-dry samples. When determining the CTE of water-saturated specimens, the test result should be increased by 25 % according to the current state of knowledge. Based on this work, instructions for a test approach or several test approaches should first be developed in order to transfer a test procedure to the TP B-StB and then a round robin test should be carried out to determine the precision characteristics. For quality assurance purposes, it is considered imperative that a central body provide metal reference prisms with an associated reference value for the CTE. Perspectively, the in situ investigations should be systematically continued in order to gain a better understanding of the temporal development of the CTE of road concretes and to increase the database of concretes with high thermal expansion capacity. In addition, against the background of the high influence of the moisture content of the concrete, the real moisture distributions over the slab height and within a road slab (slab center, slab edge) should be determined in order to be able to draw conclusions about the moisture-related scattering of the CTE in the pavement. This publication is a dissertation approved by the «Faculty of Civil and Environmental Engineering of the University of Stuttgart» for the award of a doctoral degree. The oral examination took place on 12.04.2024. The examiners were Prof. Dr Harald Garrecht and Prof. Dr Rolf Breitenbücher.
Author: | Alexandra Spilker |
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URN: | urn:nbn:de:hbz:opus-bast-31724 |
DOI: | https://doi.org/10.18419/opus-14381 |
ISBN: | 978-3-95606-858-4 |
ISSN: | 0943-9323 |
Title Additional (English): | On the experimental determination of the coefficient of thermal expansion of concrete in road construction |
Series (Serial Number): | Berichte der Bundesanstalt für Straßen- und Verkehrswesen, Reihe S: Straßenbau (218) |
Publisher: | Fachverlag NW in der Carl Ed. Schünemann KG |
Place of publication: | Bremen |
Document Type: | Book |
Language: | German |
Date of Publication (online): | 2025/07/08 |
Date of first publication: | 2025/07/08 |
Publishing institution: | Bundesanstalt für Straßen- und Verkehrswesen (BASt) |
Release Date: | 2025/07/08 |
Tag: | Gesteinskörnungseinfluss; Thermische Längenänderung; Wärmedehnzahl Aggregate Composition Influence; Coefficient of Thermal Expansion; Thermal Strain |
Number of pages: | 133 |
Comment: | Bericht zum Forschungsprojekt 3715000 Zur experimentellen Bestimmung der Wärmedehnzahl von Beton im Kontext der Verwendung als Eingangsparameter für rechnerische Analysen im Betonstraßenbau Referat: Betonbauweisen Zugleich: Dissertation an der Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften der Universität Stuttgart (»Zur experimentellen Bestimmung der Wärmedehnzahl von Beton im Straßenbau«) Berichter: Herr Prof. Dr.-Ing. Harald Garrecht Mitberichter: Herr Prof. Dr.-Ing. Rolf Breitenbücher |
Institutes: | Abteilung Straßenbautechnik |
Dewey Decimal Classification: | 6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 62 Ingenieurwissenschaften / 620 Ingenieurwissenschaften und zugeordnete Tätigkeiten |
Licence (German): | ![]() |