Entwicklung der Grundlagen für ein Baumkataster an Bundesfernstraßen im BISStra
Development of a foundation for a tree register on federal highways for BISStra
- Bäume und Alleen wurden bereits in den zurückliegenden Jahrhunderten entlang von Verkehrswegen gepflanzt, dienten der Orientierung, boten Schutz vor der Witterung und waren auch als Holzlieferant geschätzt (Ministerium für Klimaschutz, Land Nordrhein-Westfalen 2016a). Heute sind die oft alten Baumbestände entlang der Straßen ein wertvolles Naturgut, denn Alleen und Baumreihen sind Lebensraum, Brutstätte und Nahrungsquelle für zahlreiche, oft geschützte Tiere und nehmen insbesondere in landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten wichtige Biotopverbundfunktionen wahr (Bütler 2020; Oettel 2021). Alleen sind prägende Landschaftselemente und ein Kulturgut, das es zu schützen und zu erhalten gilt. Als bedeutende Komponenten der Verkehrsinfrastruktur müssen Bundesfernstraßen sicher und leistungsfähig sein. Abkommensunfälle in baumbestandenen Straßenabschnitten ohne Schutzeinrichtung sind beim Aufprall auf Baum durch eine besondere Unfallschwere mit hohem Verletzungsrisiko gekennzeichnet (Bakaba und Kühn 2009). Um den kontroversen Nutzungs- und Schutzansprüchen der unterschiedlichen Interessengruppen entgegenzuwirken und den Alleenschutz mit der Straßenverkehrssicherheit zu vereinbaren, wurde 2016 die fraktionsübergreifende Parlamentsgruppe „Kulturgut Alleen“ gegründet (Göppel und Centgraf 2016). Für das Alleenmanagement und zur Erfolgskontrolle von Maßnahmen zum Schutz, Erhalt und zur Förderung von Alleen wird von der Parlamentsgruppe das Erstellen eines bundesweiten Alleenkatasters gefordert. Mit dem vorliegenden Forschungsprojekt trägt das BMDV der Forderung aus der Politik Rechnung, ein bundesweit einheitliches Baumkataster zu realisieren und regelmäßig zu aktualisieren. Die Datengrundlagen für das bundesweite Baum- und Alleenkataster an Bundesfernstraßen werden unter Berücksichtigung umwelt- als auch verkehrstechnischer Aspekte definiert und mit Datenlieferanten und Interessengruppen abgestimmt. Aus den gewonnenen Erkenntnissen wird ein Datenmodell entwickelt, welches als neue Fachschale im BISStra integriert wird. Die Entwicklung des bundeseinheitlichen Baumkatasters wird als Querschnittsprojekt betrachtet, in welchem durch die Vernetzung von Informationen die Effizienz / Wirtschaftlichkeit verbessert und der Wissensstand erhöht wird. Das zu erstellende Baumkataster wird aus einer übergeordneten Sicht betrachtet. Bei der Identifikation der Grundlagen werden die Bereiche Verkehrssicherheit, Landschaftselement / Kulturgut, Schutzstatus und Schutzwürdigkeit, Umwelt, Natur und Ökologie mit vergleichbarer Intensität analysiert. Eine bundesweit einheitliche Definition von Alleen und Baumreihen existiert bisher nicht (Peters et al. 2022). Um die einheitliche Verwendung des Begriffs sicherzustellen, werden die Begriffe „Allee“ und „Baumreihe“ im Kontext des bundesweiten Baumkatasters definiert. Aus Sicht der Straßenverkehrssicherheit werden Bäume an Straßen primär als Hindernisse wahrgenommen, die zu einem erhöhten Unfallrisiko mit schweren Unfallfolgen führen (Schreck-von Below 2021). Zur Vermeidung von Baumunfällen und zur Minderung der Unfallschwere, haben die Bundesländer verschiedene verkehrstechnische Maßnahmen ergriffen (Bakaba und Lippold 2021). Die Autoren zeigen mit Wirkungsanalysen, dass sich neben Fahrzeugrückhaltesystemen auch Überholverbote und Beschränkungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten in Verbindung mit Geschwindigkeitskontrollen als geeignete Maßnahmen erwiesen haben. Früher analog geführte Baumkataster liegen heute digital vor und sind eine unabdingbare Hilfe bei der Baumkontrolle und -pflege. Neben Sicherstellung und Erhalt eines gesunden Zustands der Bäume, ist der Verkehrssicherungspflicht und der Gefahrenabwehr Rechnung zu tragen. Bis auf Baden-Württemberg führen alle Flächenbundesländer ein digitales Baumkataster oder bauen ein solches auf. Daten zu Straßenbäumen der Stadtstaaten Berlin, Hamburg, Bremen werden von der Autobahn GmbH geführt. Basierend auf der Literaturrecherche und in Abstimmung mit den Stakeholdern (Bundesländer, Autobahn GmbH, Fernstraßen-Bundesamt, Bundesanstalt für Straßenwesen) wurde ein logisches Datenmodell erstellt und die Lieferbarkeit der Attribute (kurz-, mittel-, oder langfristig) ermittelt. Die vier Aufgabenbereiche Verkehrssicherheit, Schutzstatus, Umwelt / Natur und Landschaftselement / Kulturgut wurden auf fachlich zusammengehörende Komponenten verteilt. Mit der Umsetzung in ein datenbankspezifisches Datenmodell wurde die ASB-Konformität sichergestellt. Neben der Schreibweise zur Modellgestaltung und Definition von Tabellen wurden Mechanismen zum Umgang mit Datenlücken und Inhomogenitäten berücksichtigt. Aus dem Datenmodell wurden SQL-Skripte für die Integration ins BISStra erstellt. Mit Testdaten aus den Bundesländern RP, NRW und MV wurde die Datenübernahme länderspezifischer Baumkatasterdaten in das bundesweit einheitliche Datenmodell geprüft. Inhomogene Daten und Datenlücken wurden identifiziert und mit den vorgesehenen Mechanismen erfolgreich bearbeitet. Alle Testdaten konnten in das Modell überführt werden. Die gegenwärtig verfügbaren Daten in der BISStra-Fachschale Baumkataster ermöglichen bereits die Durchführung zahlreicher Analysen und Monitoringaufgaben. Beispiele aus den Bereichen Umwelt / Natur sind die geographische Verteilung der Baumarten, inklusive Alter und Zustand sowie die Auswirkung von Trockenheit oder Streusalz auf die Baumgesundheit. Die vorgeschlagene Alleedefinition ermöglicht erstmals ein bundesweites Monitoring zum Bestand und zur Entwicklung der Alleen, inklusive der Identifikation von Lücken und der Ermittlung des Ausdünnungsgrad der Alleen. Mit den Baumstandorten, den Abständen der Bäume zueinander und zum Fahrbahnrand, sowie dem Stammdurchmesser stehen wichtige Eingangsgrößen für die netzweite Sicherheitsbewertung im Sinne der EU-Direktive RL 2019/1936 zur Verfügung. Die netzweite Sicherheitsbewertung für Bundesfernstraßen erfordert die Kenntnis aller ortsfesten nicht verformbaren Hindernisse im Straßenseitenraum, die nicht durch Fahrzeugrückhaltesysteme geschützt sind. Neben Bäumen sind dies Ingenieurbauwerke (Brücken, Tunnelportale) und Objekte der Straßeninfrastruktur (Signalmaste, Notrufsäulen, u.a.). Alle genannten Hindernisse sind digital in unterschiedlichen Fachsystemen verfügbar und könnten über Schnittstellen in ein Gefahrenkataster überführt werden. Inhalte, Schnittstellen und Anwendungen für ein Gefahrenkataster werden in einer Ideenskizze beschrieben. Folgerungen aus den Untersuchungsergebnissen, Vorschläge für die Nutzung der Forschungsresultate in der Praxis sowie Ideen für neue Forschungsthemen, mit welchen die Daten das Baumkatasters in Wert gesetzt werden, finden sich in der Schlussbetrachtung. Namentlich mit Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) könnten im umfangreichen Datenbestand des Baumkatasters Muster und Charakteristiken für umwelt- und naturrelevante Fragestellungen identifiziert werden. KI könnte auch dazu dienen die Baumkontrolle effizienter und wirtschaftlicher zu gestalten. Solche Forschungsprojekte könnten im europäischen Kontext lanciert werden.
- Trees and tree-lined avenues have been planted along traffic routes for centuries, serving as landmarks, providing protection from the weather, and being valued as a source of wood (Ministerium für Klimaschutz, Land Nordrhein-Westfalen 2016a). Today, trees, often very old, standing along roads are valuable natural assets. Trees and avenues (here defined as rows of trees) are important habitats, breeding grounds, and food sources for numerous, often protected, species. Trees play an important role in biotope connectivity, especially in areas intensively used for agriculture (Bütler 2020; Oettel 2021). Trees and avenues are also defining landscape elements and a cultural heritage that should be protected and preserved. On the other hand, federal highways are important components of the transport infrastructure, and must be safe and efficient. Accidents involving vehicles veering off the road and colliding with roadside trees without protective barriers are often causing severe injuries (Bakaba and Kühn 2009). To address the conflicting demands of different interest groups and reconcile flora protection with road safety, the cross-party parliamentary group "Kulturgut Alleen" was established in 2016 (Göppel and Centgraf 2016). The parliamentary group calls for the creation of a nationwide avenue register for avenue management and to monitor the success of measures for the protection, preservation, and promotion of avenues. The present research project addresses the demand to implement and maintain a uniform national avenue and tree database. The data foundation for this database has been defined by considering both environ-mental and traffic-related aspects, and is coordinated with data suppliers and interest groups. A data model has been developed from the insights gained. This data model will be integrated as a new specialist layer in the Federal Highway Information System (BISStra). The development of the national avenue and tree database is a cross-sectional project, improving efficiency and increasing knowledge through synthesis of information from several sources. The database will be considered from an overarching perspective, where elements include traffic safety, landscape elements, cultural heritage, protection status and worthiness, environment, nature and ecology. A nationwide uniform definition of avenues and tree rows does not currently exist but would be helpful for management of avenues and for analyses of accidents involving trees. To ensure the uniform use of terms, the terms "avenue" and "tree row" are defined in the context of the nationwide tree register. From a road safety perspective, trees and other vegetation along roads are primarily seen as obstacles that increase the risk of severe accidents (Schreck-von Below 2021). To prevent accidents involving roadside trees, and reduce their severity, the federal states have implemented various traffic engineering measures (Bakaba and Lippold 2021). Analyses have shown that in addition to vehicle safety systems like collision warning systems and automatic braking systems, traffic regulations such as overtaking bans and speed limit restrictions enforced by traffic controls have proven effective. Earlier and existing tree registers are now widely available in digital form and are an indispensable tool for tree inspection and maintenance. In addition to ensuring and maintaining the healthy condition of trees, road safety obligations and hazard prevention must be considered. All federal states, except Baden-Württemberg, currently maintain or are developing digital tree registers. Data on roadside trees in the city-states of Berlin, Hamburg, and Bremen are managed by Autobahn GmbH. Based on literature research, and in consultation with stakeholders (Bundesländer, Autobahn GmbH, Fernstraßen-Bundesamt, Bundesanstalt für Straßenwesen), a data model was created, and identification of data attributes (short-, medium-, or long-term) was conducted. The four areas; traffic safety, protection status, environment/nature, and landscape elements/cultural heritage were distributed among related components. The implementation into a database-specific data model ensured ASB (Anweisung Straßeninfor-mationsdatenbank) compliance. A model design and definition of database tables as well as methods for handling data gaps and inconsistencies were addressed. Based on the model, several Structured Query Language (SQL) scripts were created for integration into BISStra. Test data from the federal states of Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, and Mecklenburg-Vorpommern were used to test the integration of state-specific tree register data into the national uniform data model. Inhomogeneous data and data gaps were identified and successfully processed using the planned mechanisms. All test data were transferred into the model. The currently available data in the BISStra tree register module already enable numerous analyses and monitoring tasks. Examples from the environment/nature sector include the geographical distribution of tree species, including age and condition of individual trees, as well as the impact of drought or road salt on tree health. The proposed definition of “avenue” allows for nationwide monitoring of the status and development of avenues, including identifying gaps (i.e., stretches of missing trees) and determining the time evolution (e.g., thinning rate) of avenues. The location of trees, their trunk diameter, distances between adjacent trees as well as distance between trees and the road are all important input parameters for a network-wide safety assessment in accordance with EU Directive RL 2019/1936. A network-wide safety assessment for federal highways requires knowledge about all fixed, non-deformable obstacles along the roadside that are not protected by vehicle safety systems. In addition to trees, these include engineering structures (e.g., bridges, tunnel portals) and road infrastructure objects (road signage elements, emergency call pillars, edge barriers etc.). Information about such obstacles are already digitally registered and available from specialized databases. This information could be integrated into a centralized hazard register through application programming interfaces (APIs). The data content, interfaces, and potential applications for such a hazard register are outlined in this report. Conclusions from the research results, suggestions for the practical use of the research findings, and ideas for new research topics that could utilize the tree register data are also found in the summary section of this report. In particular, methods utilizing artificial intelligence (AI) could potentially identify patterns and characteristics in the extensive tree register data relevant to environmental and nature-related questions. AI could also make tree inspections more efficient and economical. Such research projects could be launched in a European wide context.
| Author: | Udo Schröder, Helmut Recher, Daniel Knecht, Stein Haaland |
|---|---|
| DOI: | https://doi.org/10.60850/fv-v8 |
| Document Type: | Book |
| Language: | German |
| Date of Publication (online): | 2025/10/22 |
| Date of first publication: | 2025/10/22 |
| Publishing institution: | Bundesanstalt für Straßen- und Verkehrswesen (BASt) |
| Release Date: | 2025/10/22 |
| Tag: | Baum; Datenbank; Datenverarbeitung; Deutschland; Expertensystem; Fernverkehrsstraße; Forschungsbericht; Geografisches Informationssystem; Hindernis; Interview; Inventar; Kulturerbe; Landschaftspflege; Naturschutz; Numerisches Modell; Sicherheit; Straßenseitenfläche Cultural heritage; Data processing; Database; Digital model; Expert system; Geographical information system; Germany; Interview; Inventory; Landscape management; Main road; Nature protection; Obstacle; Research report; Roadside; Safety; Tree |
| Comment: | Projekt-Nr.: 03.0622 Projekttitel: Entwicklung der Grundlagen für ein Baumkataster an Bundesfernstraßen im BISStra Fachbetreuung: Dominik Schmitt Referat: Straßenentwurf, Verkehrsablauf, Verkehrsregelung |
| Institutes: | Abteilung Straßenverkehrstechnik |
| Dewey Decimal Classification: | 6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 62 Ingenieurwissenschaften / 620 Ingenieurwissenschaften und zugeordnete Tätigkeiten |
| Licence (German): | BASt / Link zum Urhebergesetz |



